Vorschau: Euroleague-Qualifikation Maroussi Athen vs. Aris Thessaloniki

Dienstag geht die Euroleague-Qualifikation los. Bezwingt ALBA Berlin den französischen Club LeMans Sarthe Basket geht es in der zweiten Runde gegen den Sieger des Duells Maroussi Athen vs. Aris Thessaloniki. robbe, Autor des Euroleague-Blogs in-the-game.org hat einen Vorbericht für gruebelei.de geschrieben.

Überblick

Mit Maroussi Athen und Aris Thessaloniki treffen in der Euroleague-Qualifikation zwei griechische Basketballklubs aufeinander, die aktuell in der nationalen Liga zusammen mit Panellinios Athen die zweite Reihe hinter den alles dominierenden Rivalen Panathinaikos und Olympiakos bilden. Dennoch könnten die beiden Kontrahenten unterschiedlicher kaum sein.

Maroussi trägt seine Ligaspiele in der gerade mal 1.700 Besucher fassenden Maroussi Indoor Hall aus, und dreistellige Zuschauerzahlen sind hier keine Seltenheit. Für europäische Spiele zieht man in die viel zu große, über 18.000 Zuschauer fassende olympische Sportarena [OAKA] um. Verantwortlich für den niedrigen Schritt ist das beispiellose Sportangebot Athens, inklusive der erdrückenden Dominanz der beiden Großklubs. Zudem ist Maroussi ein Verein, der erst in diesem Jahrzehnt so richtig im europäischen Basketball angekommen ist, durch den überraschenden Gewinn des Saporta-Cups 2001. Anschließend folgte nach einem kompletten Umbruch eine äußerst erfolgreiche Zeit unter der Führung der griechischen Spieler- und Trainerlegende Panagiotis Giannakis, mit zwei Cupfinal-Teilnahmen und dem zweiten Platz in der griechischen Meisterschaft 2003/2004. In der Saison 07/08 war Maroussi lediglich einen erfolgreichen Branko Milisavljevic-Buzzerbeater von der großen Sensation entfernt, dem Halbfinalsieg über Olympiakos. Gängige Namen, die in dieser Dekade für Maroussi aufliefen, sind: Jimmy Oliver, Michael Koch, Roderick Blakney, Andre Hutson, der heutige Berliner Center Blagota Sekulic, Pat Burke, Dickey Simpkins, Travon Bryant, Ermin Jazvin, und last but not least der griechische Star-Spielmacher Vassilis Spanoulis, der bei Maroussi unter Giannakis den Durchbruch schaffte.

Maroussi ist einer der wenigen Klubs, die die Ausländerquoten in den vergangenen Saisons selten bis auf den letzten Platz ausgereizt haben, sondern mehrheitlich auf einheimische Spieler setzen. Teilweise greift der Low-Budget-Klub Maroussi dabei auf Leihgeschäfte mit den Großklubs zurück, so war im letzten Jahr das von Olympiakos ausgeliehene Center-Duo Loukas Mavrokefalidis/Andreas Glyniadakis ein wichtiger Faktor im Spiel der gelb-schwarzen, und in 2009/2010 trägt Michalis Pelekanos, ebenfalls in Piräus unter Vertrag, das Maroussi-Jersey. Eine Win-Win-Situation, schließlich bietet Maroussi den Akteuren ausreichend Spielzeit, um sich zu entwickeln.

Aris Thessaloniki – das ist das große Duo des griechischen Basketballs, Giannakis/Galis, das sind sieben Meisterschaften in Folge von 1985 bis 1991, das ist Fankultur. Zehn griechische Meisterschaften insgesamt, dazu acht Pokaltitel, je ein Korac-Cup [1997] und FIBA-Europe-Cup [2003], sowie drei aufeinander folgende Teilnahmen [1987-1989] am Final Four des Europapokals der Landesmeister.

Aris richtet die Heimspiele im 5.500 Besucher fassenden Alexandrio Melathron aus, einem echten Kessel, der bei wichtigen Spielen eine beeindruckende Kulisse darstellt. Erfahrungsgemäß kommen gegen attraktive Gegner in der Liga mehr Zuschauer als unter der Woche im Europapokal, jedoch wird die Hütte angesichts der Chance, wieder in der Euroleague zu spielen, in der Qualifikationsrunde rappelvoll sein.

Der Traditionsklub wurde in den letzten vier Spielzeiten von Andrea Mazzon trainiert, mit der Ausnahme der Saison 2007/2008, die Mazzon bei Fortitudo Bologna verbrachte, während in Thessaloniki im Sommer 2007 der Ex-Frankfurter Gordon Herbert übernahm, bevor dieser ein Jahr später nach einer komplett verkorksten Saison unsanft vor die Tür befördert wurde. Mazzon machte es nur wenig besser, verpasste ursprünglich die Euroleague-Qualifikation [Aris bekam später eine Wildcard] durch die Niederlage in der Serie um Platz drei [Gegen Maroussi!] in den griechischen Playoffs, und scheiterte im EuroCup bereits in Runde eins.

Spielerkader

Schon ein kurzer Blick auf den Spielerkader verrät, dass Maroussi vor dieser Saison erneut drastische finanzielle Einschränkungen hat in Kauf nehmen müssen. So ist der Starter auf der Zwei ein gewisser Jamon Gordon, der in der letzten Saison zwischenzeitlich bei den Köln 99ers unter Vertrag stand, bevor er die Spielzeit bei KK Split zu ende spielte. Gordon soll vor allem scoren, während der Mann neben ihm, der Amerikaner Billy Keys, das Spiel ordnet. Keys ist einer der Schlüsselspieler bei den Nordathenern, ein erfahrener, sehr guter Pick and Roll-Spieler, der seit Sommer 2008 bei Maroussi unter Vertrag steht. Als Rollenspieler fungiert auf der Zwei der Grieche Georgios Diamantopoulos. Auf der Drei kommt auf den ehemaligen griechischen Nationalspieler Michalis Pelekanos, früher Real Madrid und aktuell ausgeliehen von Olympiakos Piräus, eine Schlüsselrolle zu. Pelekanos ist ein hervorragender Eins-gegen-Eins-Verteidiger, allerdings wird er auch in der Offense mehr tun müssen, als er in den vergangenen Jahren gezeigt hat. Sein Backup ist Pat Calathes, der ältere Bruder von Nationalspieler und Panathinaikos-Neuzugang Nick Calathes. Die großen Positionen sind wenig herausragend, aber durchweg solide besetzt. Kosta Kaimakoglou stand im griechischen 12-Mann-Kader in Polen und verrichtete verlässliche Arbeit. Der 1983 geborene Power Forward ist ein spielintelligenter, wurfstarker Faceup-Forward, der hin und wieder auch auf der Drei aushelfen kann. Zweiter Power Forward ist der physische Dimitris Mavroeidis, der vor allem im Pick and Roll punktet. Auf der Centerposition baut Maroussi auf den Amerikaner Jared Homan, vergangene Saison noch Rollenspieler in limitierter Spielzeit für Cibona Zagreb, Levon Kendall, 2008/2009 noch hinterer Bankspieler bei Panionios Athen, sowie als Ergänzung den allseits bekannten, mittlerweile 37-jährigen Stephen Arigbabu.

PG Billy Keys PG Fanis Koumbouras
PG/SG Marios Batis
SG Jamon Lucas Gordon SG Giorgios Diamantopoulos
SF Michalis Pelekanos SF/PF Pat Calathes

PF Kosta Kaimakoglou PF Dimitris Mavroeidis
C/PF Jared Homan C Levon Kendall C Stephen Arigbabu (GER)

Insgesamt hat der Spielerkader über die Sommerpause deutlich an Qualität verloren. Das Team, das Aris in der Playoff-Serie um die Euroleague-Qualifikation bezwang, ist um einige Schlüsselspieler ärmer und hat diese nicht annähernd gleichwertig ersetzen können, namentlich die beiden Center Glyniadakis und Mavrokefalidis, sowie der erfahrene, scorende Swingman Jared Stevenson, der von nun an für Hemofarm Vrsac aufläuft. Ein Low-Budget-Kader, der in der Euroleague wohl chancenlos wäre.

Ganz anders Aris: Der Klub sorgte diesen Sommer für erstaunte Gesichter, als er nicht nur Panathinaikos-Shooting Guard Nikos Chatzivrettas verpflichtete, sondern noch zwei weitere Europameister von 2005, Big Man Dimos Dekoudis sowie den Forward und damaligen Kapitän der griechischen Nationalmannschaft, Michalis Kakiouzis, der als Nachverpflichtung Ira Newble ersetzt, welcher den medizinischen Test nicht bestand.

Während Kakiouzis merklich gealtert, langsamer geworden ist und dem Team hauptsächlich noch durch seinen Distanzwurf und seine herausragende Spielintelligenz helfen kann, ist von Chatzivrettas durchaus mehr zu erwarten. Der hatte sich in den vergangenen Jahren hinter all den Topstars bei Panathinaikos als Rollenspieler bewiesen, noch nicht vergessen sind allerdings die Tage, als er im Dress von Iraklis Thessaloniki in der Saison 2001/2002 Liga-Topscorer wurde. Viel wird sich bei Aris darum drehen, ob Chatzivrettas wieder an die Scoring-Leistungen alter Tage anknüpfen kann. In den Vorbereitungsspielen sah es durchaus danach aus. Dimos Dikoudis hat den Karrierehöhepunkt bereits hinter sich, kann aber noch 10/5 bis 11/6 über eine komplette Saison beisteuern. Auf der Eins scheint Andre Mazzon die Score-First-Typen zu bevorzugen: Keydren Clark [besitzt einen bulgarischen Pass] und Quinton Day passen beide in diese Kategorie, wenig ausgeprägte Point-Guard-Skills, dafür gute Scorer-Qualitäten, Tendenz insbesondere bei Day hin zum undersized Shooting Guard. Letzteres gilt vor allem für Clark, dessen Spezialität der Acht-Meter-Dreier ist. Auf der Drei startet dagegen der amerikanische Swingman und NBDL-NBA-Pendler Jeremy Richardson, der bei seiner ersten Europa-Station verlässlich im zweistelligen Bereich scoren soll. Auf Groß agiert zudem der britische Holzfäller Andrew Betts als Rollenspieler, ebenso Comboforward Nikos Barlos, der primär auf der Vier zum Einsatz kommen wird. Ein erwähnenswerter Ergänzungsspieler im Kader ist der erst 16-jährige Linos Chrysikopoulos, „the next big thing“ im griechischen Basketball und jüngstes Aris-Projekt, nachdem sein Vorgänger, der 18-jährige Kostas Papanikolaou, diesen Sommer für die stattliche Ablöse von einer Million Euro nach Piräus verkauft wurde. Chrysikopoulos wird wegen seiner herausragenden Allround-Skills in der Offense, sowie aufgrund seiner Fähigkeit, multiple Positionen verteidigen zu können, schon mit Dimitris Diamantidis verglichen, jedoch hat sich Mazzon in den letzten Jahren nicht gerade als Nachwuchsförderer hervorgetan, weswegen die Aussicht auf Spielzeit für den Youngster gering ist.

Desweiteren trainiert aktuell der Shooting Guard/Small Forward Corey Belser mit dem Team, er wird auch im offiziellen Kader der Euroleague für die Qualifikationsspiele geführt. Insgeheim spekuliert Aris aber noch auf die Rückkehr seines ehemaligen Stars Jeremiah Massey, der aktuell – von Ettore Messina ausgemustert – in der zweiten Mannschaft von Real Madrid mittrainieren muss und daran wenig Gefallen findet.

PG/SG Keydren Clark (BUL) PG/SG Quinton Day
PG Nikos Argyropoulos
SG/SF Nikos Charzivrettas [SG Corey Belser] SG/PG Spyros Mourtos
SF/SG Jeremy Richardson SF/PF Linos Chrysikopoulos

PF/SF Michalis Kakiouzis PF Nikos Barlos
C Dimos Dikoudis C Andrew Betts C Gaios Skordilis

Ein Fragezeichen steht bei Aris sicherlich hinter der Zusammenstellung der Positionen Eins bis Drei, wo Mazzons Entscheidung, die beiden Score-First-Spielmacher nicht mit guten Ballhandlern, sondern mit puren Flügelspielern zu umgeben, Probleme mit sich bringen könnte. Desweiteren fehlt dem Team ein physischer, explosiver Power Forward, der vor allem die Bretter abräumt.

Fazit

Auszuschließen ist auch ein Maroussi-Triumph nicht, allerdings besitzt Aris den wesentlich teureren und daher qualitativ besseren Kader, während Maroussi einige Schlüsselspieler der vergangenen Saison nicht adäquat ersetzen konnte. Somit ist Aris klarer Favorit.

Anmerkungen: A) Kommt ALBA gegen Le Mans eine Runde weiter, wird das ohne Frage eine besondere Partie für Blagota Sekulic. Der stand nämlich bei beiden Klubs schon unter Vertrag. B) Die Qualifikationspartien werden live im griechischen Fernsehen [ERT] ausgestrahlt.

4 Gedanken zu „Vorschau: Euroleague-Qualifikation Maroussi Athen vs. Aris Thessaloniki

  1. Das hat schon eine herbe Note, dass Maroussi sich den EL-Quali-Platz in der letzten Saison gegen Aris redlich erkämpft hat, nur um jetzt durch die wildcard für Aris gegen diese erneut antreten zu müssen, und das unter ungleichen Bedingungen wie noch in den Playoffs. Hart an der Wettbewerbsverzerrung, wie ich finde. Das muss doch beim Verein und den Anhängern von Maroussie für eine Menge Unmut gesorgt haben, oder?

    Als Außenstehender würde man sich allerdings auch freuen, wenn die fanatischen Aris-Anhänger ihre Show endlich auch wieder in der EL aufführen könnten.

    • @rubmasta: „Das muss doch beim Verein und den Anhängern von Maroussi für eine Menge Unmut gesorgt haben, oder?“

      Sie haben leider kaum Fans, und was den Verein betrifft, deren Offizielle wussten lange überhaupt nicht, ob man es schaffen würde die Euroleague zu schultern. Da sind nachher sogar noch öffentliche Gelder geflossen, damit das klappen konnte. Ich glaube die sind froh überhaupt in der Quali dabei zu sein.

      Stimme Dir aber komplett zu. Bitterer Beigeschmack in jedem Fall.

  2. Sollte es tatsächlich zu einem Duell ALBA vs Aris kommen, bin ich gespannt wie Berlin sich in diesem Hexenkessel behaupten kann. Gänsehaut pur, sowas haben die wenigsten berliner Spieler bisher erlebt.

    • Naja… Sekulic kennt’s. Bajramovic, Dojcin und Wright haben mal Adrialeague und teilweise in Griechenland gespielt und dürften vergleichbare Stimmung auch kennen. Zwiener stand schon im Ulebcup 2005/06 gegen Aris im Kader. Mac hat Nerven wie Drahtseile… bleiben der vielfache Nationalspieler Hamann, Chubb mit seiner nun dritten Saison auf europäischen Parkett und Julius.

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