robbe nimmt die vier europäischen Spitzenteams für euch auseinander, die sich am Wochenende (Halbfinals an diesem Freitag, Finale am Sonntag) im Euroleague Final Four in Barcelona gegenüberstehen:
VORGESCHICHTE
Neues Spiel, neues Glück?
Die Saison 2010/11 war von Beginn an nicht wie jede andere. Der neue Court – 6,75m-Linie, rechteckige Zone – bot Diskussionsstoff. Es folgte eine Hauptrunde mit zahlreichen Überraschungen, weil die großen Klubs in der Offense nicht die Effizienz der Vorjahre brachten und vor allem mit dem Distanzwurf Probleme hatten. Die Sicherheit kam langsam im Laufe der Saison, so dass die Dreierquote in den Viertelfinals (37,9%) ihren vorläufigen Höhepunkt fand. Spätestens in den wichtigen Spielen des Top16 war definitiv Schluss mit lustig. Mit Olympiakos, Panathinaikos, Real Madrid, Barcelona, Caja Laboral, Valencia, Montepaschi und Maccabi standen weitestgehend die Favoriten im Viertelfinale. Unrühmliche Ausnahme war CSKA Moskau, das katastrophal startete, Ex-Partizan-Macher Vujosevic unter mächtigem Druck der Fans in die Wüste schickte und schlussendlich in der Vorrunde scheiterte.
Die Zuschauerzahlen können sich sehen lassen. Gepowert durch neue, attraktive, besser gelegene Hallen in Ljubljana und Istanbul strömten 24,6 Prozent mehr Zuschauer in die Arenen als in der Vorsaison.
DIE VIERTELFINALS
In den Viertelfinals wurde fantastischer Basketball gespielt. Ein Basketballfest mit taktischen Kniffen, wahnsinniger Intensität und überraschenden individuellen Leistungen.
Olympiakos gegen Montepaschi begann mit einem Schlachtfest: Siena spielte, als hätte man den Spielern Schlaftabletten verabreicht. Am Ende hieß es 89 zu 41. Die Toskaner revanchierten sich mit drei deutlichen Siegen in Serie. Drei Bilder bleiben im Kopf: 1) Wie Malik Hairston die Flügel der Roten ein ums andere Mal beim Offensivrebound überpowert; 2) Wie Marko Jaric in Spiel 3 im Pick and Roll Sprungwurf auf Sprungwurf über die ausgestreckten Arme von Nesterovic & Bourousis schießt; 3) Wie Spanoulis in den wichtigen Phasen den Ball hoffnungslos überdribbelt; Sowieso war es ein Scheitern des großen Guard-Trios Spanoulis, Teodosic, Papaloukas. Papaloukas spielte immer dann stark wenn er wirklich als Spielmacher agieren durfte, war aber zu oft Abseits des Balles unterwegs. Spanoulis/Teodosic klickte einfach nicht. Vielsagender Fakt: Stand der Serbe mit Spanoulis gemeinsam auf dem Parkett, schoss er 25,3 Prozent aus dem Feld, darunter 21,9 Prozent aus der Distanz. Letzte Saison hatten Papaloukas/Teodosic noch gemeinsam die Liga durcheinandergewirbelt, Letzterer wurde MVP. Wenn Obradovic addition by substraction erreicht hat, indem er den Ball zurück die Hände seines besten Spielers – Diamantidis – brachte, dann ist dies hier wohl ein Fall von substraction by addition.
Caja Laboral gegen Maccabi war von Anfang an die Serie mit dem höchsten Tempo, dem besten Flow und den spektakulärsten Offensivleistungen. In Spiel 1 retteten sich die Basken noch mit einer selbst für ihre Verhältnisse bombastischen Wurfleistung (13/26 Dreier) über die Ziellinie, in Spiel 2 warfen sie nicht schlechter (10/20), wurden aber im Lowpost von Big Sofo verprügelt. Am Ende drückte Pargo Logan den Gamewinner ins Gesicht. In Tel Aviv gab es trotz der Verletzung von Doron Perkins kurzen Prozess. In Spiel 4 machten die Gelben 99 Punkte in 67 Possessions. Wisst Ihr wie viele Possessions ein durchschnittliches NBA-Spiel hat? 92. Wie viele Punkte macht man mit 92 Possessions bei gleicher Effizienz? 136.
Zweifellos war Barcelona gegen Panathinaikos die meistbeachtete der vier Serien. Panathinaikos hatte das Viertelfinal-Heimrecht mit einer Heimniederlage gegen Lietuvos Rytas verspielt, während Barca Top16 mit 6:0 abschloss, darunter zwei Siege über Maccabi. Obradovic brannte von Beginn an ein Feuerwerk an der Seitenlinie ab, richtete giftige Kommentare an die Unparteiischen, die sein Gegenüber Pascual nach Spiel 2 nur halbherzig konterte. Barcelona gewann Spiel 1 trotz einer phänomenalen Leistung von Diamantidis mit 83:82, bevor die Griechen Spiel 2 mit 75:71 stahlen. Obradovic ließ konsequent von Rubio & Sada weg- und zu Navarro hin rotieren, womit beide Aufbauspieler – Werfen ist nicht wirklich ihre Stärke – nichts anzufangen wussten. In Spiel 3 & 4 näherte sich die Panathinaikos-Defense der Perfektion. Obradovic spielte häufig Box- oder Diamond and One-Defense (mit Calathes gegen Navarro), die sich bei jedem Versuch des Drives am oberen Zonenrand blitzschnell in eine Matchup-Zone verwandelte. Obradovic, Diamantidis und Calathes ernteten nicht zu Unrecht die Lorbeeren, aber vor allem die Defensivarbeit der Power Forwards Tsartsaris und Fotsis war so unfassbar gut, dass sie besondere Erwähnung verdient.
Real Madrid gegen Valencia blieb bis Spiel 5 die vergessene Serie. Ettore Messina hatte ein urchschnittliches Team zum Playoff-Heimrecht geführt, bevor er der Basketballwelt mit seinem Rücktritt die Schuhe auszog. Zu wenig Geduld, überzogenes Anspruchsdenken des Klubs prangerte er an. Sei ehemaliger Co- und neuer Interimscoach Molin änderte nicht viel, re-installierte allerdings Felipe Reyes als klare Nummer 1 auf der 4, wo ihm der erst 19-Jährige Nikola Mirotic unter Messina den Rang abgelaufen hatte. Real gewann eine langsame, physische, aber nicht hochklassige Serie durch solide Defensivarbeit und überwältigende Dominanz beim Rebound.
DAS FINAL FOUR
Aus dem Favoriten-Quartett Barca-Panathinaikos-Olympiakos-CSKA schaffte es nur ein Team ins Final Four. Ein Turnier der Außenseiter ist es dennoch nicht.
Siena und Tel Aviv gehören zu jenen Teams, die zwar im Regelfall keine Unsummen ausgeben können, die aber ein Monopol auf heimisches und in heimischen Arenen spielendes Basketballtalent besitzen. Die Israelis angelten sich vor der Saison, als Nachverpflichtung für den lebensgefährlich kranken Mikhail Torrance, Jeremy Pargo von Galil/Gilboa, Volltreffer. In der Vorsaison hatten sie Doron Perkins verpflichtet, BSL-MVP von Maccabi Haifa, noch ein Volltreffer. Zwei Jahre davor Terence Morris von Hapoel Jerusalem, schon wieder ein Volltreffer. Dazu kaufen sie erwiesene Fachkräfte, die in finanzschwächeren Teams, gewöhnlich in kleineren Ligen, den Durchbruch schafften: D’Or Fischer hatte sich in der belgischen Liga dumm und dämlich gereboundet, Chuck Eidson war EuroCup-Sieger und MVP mit Rytas, Alan Anderson hatte eine spektakuläre Saison für Cibona Zagreb hingelegt, Stephane Lasme in der Euroleague Angst und Schrecken unter den Körben verbreitet.
Siena funktioniert ähnlich. Terrell McIntyre, Romain Sato, Rimantas Kaukenas, Shaun Stonerook und David Moss hatten sich in der Serie A (bzw. B) bewiesen bevor Pianigiani und Minucci zugriffen. Bo McCalebb war bei Partizan der Durchbruch gelungen, Milovan Rakovic hatte in St.Petersburg für Aufsehen gesorgt. Man verrichtet solide Arbeit. Siena, Caja Laboral oder Tel Aviv, das ist der vorletzte Schritt auf der Karriereleiter.
Real Madrid hat Geld, wird aber keinen nachhaltigen Erfolg haben solange das Management nicht in der Lage ist Spieler entweder mit viel Know-How selber zu evaluieren oder diese Aufgabe alleine dem Coach zu überlassen. Dem jungen Kern um Llull, Suarez, Mirotic und Tomic steht eine erfolgreiche Zukunft bevor, doch bleibt zu befürchten dass der Name eines Spielers – nicht dessen Leistung – in diesem Klub weiterhin eine übergeordnete Rolle spielen wird.
Panathinaikos legt die Transferpolitik alleine in die Hände des Trainerteams und fährt gut damit. Die einzige Aufsehen erregende Verpflichtung der letzten Jahre ? Sarunas Jasikevicius. Nicholas, Fotsis, Pekovic, Nicholas, Sato, Maric, Vougioukas, Kaimakoglou – keiner dieser Namen war zum jeweiligen Zeitpunkt der große Hammer. Heute werden 59% aller Panathinaikos-Minuten von Griechen gespielt, dritthöchster Wert der Liga. Es ist nicht die ganz große Startruppe, aber eine hart arbeitende Einheit.
Vielen Dank an robbe für Teil 1! Morgen früh geht es weiter mit Teil 2 (Team-by-Team-Beurteilung, Chancen und Siegertipp)