It ain’t over…

Juni 2020, fast fünf Jahre nach meinem letzten Blogpost sitze ich auf dem Balkon, den viele gerade Home Office nennen, und freue mich über ein tolles erstes Finalspiel der Albatrosse gegen Ludwigsburg gestern. Die Spielfreude, die wir gestern aber auch gegen Oldenburg erlebten, ist begeisternd. Mit Leib und Seele, selten war ein Claim so zutreffend.

Vielleicht hat es sich schon vor Corona angedeutet, der 107:70-Heimsieg gegen Bamberg, die knappe Niederlage gegen Barcelona, das gewonnene Pokalfinale gegen Oldenburg. Doch der März und Hallen voller jubelnder Menschen sind ganz weit weg und wohl auch in eher ferner Zukunft. Nur wenige hätten geglaubt, dass wir diese Mannschaft nach der dann doch recht plötzlichen Unterbrechung wiedersehen. Doch die BBL und dem Vernehmen nach ganz maßgeblich der FC Bayern haben als erste Liga weltweit die Fortsetzung der Saison möglich gemacht. Es war im März noch nicht vorbei und die von Aito geformte Alba-Mannschaft fand kein jähes Ende durch Kontaktbeschränkungen.

Es war viel Basketball in den letzten Wochen mit vielen Geschichten und ganz unterschiedlichen Mannschaften. Wir haben die spielfreudigen neuen Ulmer gesehen, ein letztes Aufbäumen Vechtas ohne ihre Stars in den letzten Spielen unter Calles. München, deren fehlendes Feuer und Hilflosigkeit als Team magentasport perfekt in der Nahaufnahme der Spielergesichter einfing. Ein drittklassiges (hat-tip to Körni) Bamberg auf dem Weg in den nächsten Neustart. Das Turnierformat zeigte Stärken, Schwächen und Eigenheiten unter dem Brennglas.

So auch bei Oldenburg, die ja durchaus zu begeistern wussten. Ein über Jahre gewachsenes doch auch alt gewordenes Team um die großartigen Rickey Paulding und Rashid Mahalbasic. Alba hatte im Pokal schon deutlich gewonnen und Mahalbasic im Post-Game-Interview in seiner unnachahmlichen Art trocken analysiert, dass Alba besser war. Jetzt im Halbfinale überrollte Alba Oldenburg mit 51 Punkten Vorsprung in 80 Minuten. Es war eine Demonstration der Stärke, Basketball mit hoher Spielfreude, ein Offensivfeuerwerk, bei dem jeder seinen Anteil hatte und Kenny Ogbe Topscorer des zweiten Halbfinales war, während der Topscorer des Hinspiels, Peyton Siva, ihn und das Team von der Seitenlinie anfeuerte.

Während Alba Oldenburg offensiv überrannt haben, hat die Mannschaft gestern nun Ludwigsburg defensiv an die Kette gelegt. Ludwigsburg, das ist die andere, begeisternde Geschichte des Turniers. Dass ich Coach Patricks Stil oft kritisiert habe, ist den Lesern dieses Blogs hinlänglich bekannt. Aber dass er hier – mal wieder – ein Team entwickelt hat, das verdammt gut zusammenspielt, in dem der Ball so bewegt wird, dass ein 16jähriger freie Würfe bekommt (und macht), das nötigt Respekt ab. Ebenso wie bei Alba spürt der Zuschauer, dass dieses Team viel erreichen kann. Das Anfeuern von der Bank erfüllt die coronabedingt leere Halle. Mit beeindruckendem Einsatz hat Ludwigsburg Bayern und Ulm bezwungen. Gestern gegen Alba lief wenig zusammen. Alba hat ein anderes Level an Intensität herausgeholt und Ludwigsburg war beeindruckt, vielleicht ist das der Unterschied, den die Erfahrung aus einer guten Euroleague-Saison macht.

Es ist diese Variabilität der richtigen Antworten und die Fähigkeit, doch immer noch eine Schippe draufzulegen, die Alba 2020 so stark macht. Das Team hat Stars, doch keiner neidet dem anderen die Rolle und immer wieder treten andere in den Vordergrund, je nachdem was das Spiel der Mannschaft erlaubt und wie es sich entwickelt. Ein gesunder Peyton kann dominieren, muss aber nicht. Auch liegt die Last der Verantwortung nicht mehr allein auf Lukes Schultern und hemmt ihn nicht mehr wie noch vor ein, zwei Jahren. Aito lacht mit sichtbarer Freude an der Seitenlinie über schöne Szenen, gerade auch der jungen Spieler. Es ist großartiger Basketball, pure Freude am Spiel. Es wäre jedoch nicht ganz abwegig, dass damit und in diesem Moment dieses Projekt ein Ende findet und ein neues beginnt. Vielleicht einfach aufhören, wenn es am schönsten ist. Es ist toll zu sehen, wie sich die Spieler entwickelt haben. Dass Kenny Ogbe mittlerweile gute Impulse gibt und auch mal Topscorer wird, dass Slow Peno wieder fit und sofort im Team ist, dass Landry Nnoko am Brett dominiert und nun wohl weiterzieht. Die Saison 2020/21 wird wohl vielerorts ein Umbruch, weil sich aufgrund der Corona-Pandemie der Live-Sport und damit der Markt radikal verändern muss. Wohl niemand weiß, wie und wann die nächste Saison startet. Die letzten Wochen haben jedoch bewiesen, dass es notfalls auch so geht, dass Corona kein Ende ist.

Doch noch ist diese letzte BBL-Saison der Vor-Corona-Teams nicht vorbei. Morgen Nachmittag gibt es nochmal 40 Minuten Basketball zwischen den besten beiden Mannschaften dieser Saison. Hoffentlich wird es hochklassig, wie das letzte Gruppenspiel. Ich zweifle nicht, dass Ludwigsburg nochmal alles gibt, ob es nun reicht oder nicht. Lasst uns dieses Finale der klar besten beiden Turniermannschaften feiern und uns freuen, dass diese tolle Berliner und Ludwigsburger Saison trotz aller Umstände mit einem großartigen Finale zu Ende gehen kann.  

Ihr macht euch lächerlich…

grölen wir Fans in der Halle, wenn der Unmut über die Herren in Grau zu groß wird. Das Spiel gegen Oldenburg war so eines und bereits während des Spiels bestraften die Schiedsrichter eine Vielzahl von Aktionen mit technischen Fouls. Es gab einen – oder mehrere – Freiwürfe, einen Ballbesitz und dann ging es weiter. Die Leidenschaft auf dem Feld bringt es mit sich, dass es hier und da zu unschönen Szenen kommt: Rangeleien, Schubser oder gar – zum Glück selten – eine echte Tätlichkeit. Meist zeigen die Referees nach kurzer Beratung eine Menge Fingerspitzengefühl. Sie beruhigen das Spiel mit ein paar technischen Fouls und es geht weiter. Im schlimmsten Fall kommt es zu einer Disqualifikation – dem Äquivalent zur roten Karte – und der anschließenden Entscheidung der Spielleitung, wie lang eine Sperre sein soll.

Die Spielordnung der Liga lässt es zu, dass eine von den Schiedsrichtern nicht wahrgenommene und nicht geahndete Entscheidung auf Antrag eines teilnehmenden Clubs oder der Liga nachträglich durch den Spielleiter geahndet wird. Der Spielleiter, das ist die Liga selbst. Wer gerade in der Presse von einem Urteil schreibt, irrt. Der Spielleiter ist nicht Teil der Sportgerichtsbarkeit, er ist nicht mehr oder weniger als der Referee abseits des Feldes, der die Spielordnung wahrt.

Nun hat Spielleiter Horstmann auf Antrag der Beko BBL entschieden, dass Alex Renfroe und Sasa Obdradovic jeweils EUR 2.000 zahlen müssen und für ein Spiel gesperrt sind. Anlass war das Gerangel zwischen den beiden während einer Auszeit.

Alle konnten diese Szenen sehen, Telekombasketball sei Dank. Nicht gesehen haben die meisten dann, dass unmittelbar nach der Auszeit die beiden Streithähne sich versöhnten, umarmten und Renfroe aufs Feld zurückkehrte und die Aufholjagd maßgeblich steuerte. Mundabwischen, weitergehen, no harm done. Alba-Inside hat mit zwei Interviews hier alles wichtige berichtet. Die mediale Aufregung hatte sich schnell gelegt.

Nur einer konnte oder wollte es nicht auf sich beruhen lassen, wie wir mit zweiwöchiger Verspätung erfahren: der Geschäftsführer der Liga, Jan „2020“ Pommer. In der unmittelbaren Nachberichterstattung gibt es keine Kommentare von ihm. Stattdessen erstattete er Anzeige. Genau zwei Personen waren hierzu überhaupt berechtigt: Die Liga und der Gegner.

Was treibt den Mann mit der charakteristischen Fönfrisur dazu, hier die Gouvernante zu spielen? Die Morgenpost bringt ein erhellendes Zitat:

Pommer, das lässt er durchblicken, ging es wegen der rund 250.000 Klicks eines Videos bei Youtube von der Szene auch darum, das Image der Basketball-Bundesliga zu schützen. „Der Vorfall“, argumentiert er, „hatte enorme Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit.“ Es solle nicht hängen bleiben bei den Betrachtern, dass so die BBL sei.

Es geht ihm offenbar um mediale Landschaftspflege. Die in den youtube-Videos dargestellte, arg verkürzte Narration legte er zugrunde. Den breiteren Kontext dieser Geschichte blendet er sichtlich aus. Die Konsequenz ist ein Eingriff in den sportlichen Wettbewerb: Die gerade sportlich wackelnden Albatrosse treten ohne Headcoach und Star beim Playoffaspiranten in Braunschweig an; zulässige Rechtsmittel und die Anrufung der Sportschiedsgerichtsbarkeit haben rechtzeitig keine Chance. Der Preis für Pommers politische Agenda ist die Verzerrung des Wettbewerbs. Diese PR-Arbeit durch Strafe ist indes ein Stil, den ich nur als unterste Schublade zu bewerten vermag.

Warum? Erstens kann man Pommer vorwerfen, dass er nicht die Chuzpe hatte, in der unmittelbaren Folge des Vorfalls öffentlich Position zu beziehen. Zweitens scheint sein Verständnis der Funktionsweise der Medien nicht besonders ausgeprägt zu sein, kommt doch gerade durch die Einschaltung der Spielleitung das Thema noch einmal mit brachialer Vehemenz in den Blätterwald und wird dort sicherlich noch einige Zeit bleiben. Schließlich – das bringt die Morgenpost auf den Punkt – hat die Liga ganz andere und unmittelbare Angriffe gegen sich selbst und ihre Schiedsrichter ungestraft gelassen (der Kurier berichtet).

Es geht mir nicht darum, das Verhalten von Obradovic und Renfroe zu rechtfertigen oder gutzuheißen. Nein, das war Mist. Das wissen wohl auch beide und haben es für sich geklärt. Und meinetwegen soll die Liga – wenn sie dies als ihr Leitbild versteht – auch ihr unpassend erscheinendes Verhalten und Bilder, die sie nicht will, sanktionieren. Offenbar ist David Stern da Pommer Rollenvorbild. Aber die Liga hat es dabei verdammt noch mal zu unterlassen, in den sportlichen Wettbewerb einzugreifen. Eine Geldstrafe hätte sicherlich gereicht. Wenn die gegenwärtigen Regularien ein solches Vorgehen nicht ermöglichen, dann muss man es entweder ändern oder es sein lassen. Baldi lässt sich dahingehend zitieren, dass sich die Liga in Person Pommer mit der Bestrafung von Emotionalität auf dünnes Eis begibt. Ich – mir droht ja keine Sanktion nach Liga-Statuten –  kann hier deutlicher werden: Mir drängt sich der Eindruck auf, dass dem Juristen Pommer der Blick für die Verhältnismäßigkeit abhandengekommen ist. PR-Arbeit durch das Einleiten eines Bestrafungsprozesses erachte ich als Missbrauch der in den Statuten eingeräumten Macht.

Die Entscheidungen sind in der Welt. ALBA spielt morgen ohne zwei. So bleibt abschließend nur der Griff zum Megaphon und der Ruf in Richtung Köln: Ihr macht euch lächerlich…

Mit Leib und Seele in der Boxarena

Donnerstag war es endlich so weit. ALBA war zurück in der Schmelinghalle. Xaver war draußen laut, die Fans drinnen. Dank des doofen Windes bayerischen Namens (ein Schelm…) hätte ich es fast nicht zum Spiel geschafft. Doch ein Kranich war so mutig und flog mich mitten durch den schönsten Sturm noch zur zweiten Halbzeit. Von den Farben würden diese Vögel des Glücks übrigens auch hervorragend zu unseren Trikots passen. 

Was die zweite Halbzeit dann brachte, war ein emotionaler Ausflug in die Vergangenheit. Dicht, eng, laut und so verdammt nah dran war es in Block C. Fünfeinhalb Jahre nach dem Umzug in die o2world kam die Erinnerung auf, wie es damals war, als mich die Begeisterung in Berlin packte. Als ich nach Jahren der Tribünenabstinenz erkannte, dass für mich Fan aus der Provinz mit Schulturnhallen auch dieser große blöde Bonzenclub doch eine Heimat bieten kann. Natürlich ist es anders als in der Turnhalle, aber die Attitüde passte. Es war laut und noch immer Basketball und kein Kunstprodukt, nur die bunte Tüte, die ich mir als Dreikäsehoch in der Pause holte, war irgendwo auf dem Weg dem Bier gewichen. Spätestens mit dem Einzug in Block C waren wir dann auch angekommen. Aber: Ich bin kein Fan, der die großen Erfolge ALBAs erlebt hat. Ich kam, als Muli schon gefeuert war und sah wie ALBA gegen Bonn gewann, später wie Penberthy gegen Bonn Freiwürfe vergeigte und ein Jahr später, wie ALBA 0:3 gegen die Drachen rausflog. Die einzige Meisterschaft, die ALBA in meiner Schmelinghallenzeit gewann, die wurde in Bonn erspielt.   

Ich weiß nicht, ob jemand, der aus der Provinz kommt, heute mit der o2world warm wird. Natürlich, die Schulturnhallen gibt es auch  nicht mehr, aber dennoch ist der Enternainmenttempel etwas anders. Es ist – dio beschrieb dies treffend – ein Glück, dass Olympia scheiterte und die fast perfekte Basketballarena gebaut wurde, vielleicht gerade weil sie als Boxarena für Blick auf den rechten und den linken Haken, den Infight, die Schilder des Nummernmädchens und den Referee gebaut wurde. Es ist die unmittelbare Nähe zum Geschehen, es sind die kurzen Wege und die Offenheit. Kein Schließer, der meckert, kein Graben und Gitter, das dich vom Geschehen trennt, und alles mitten in einem Kiez, in dem man nach dem Spiel verweilen kann. Natürlich ist das bei aller Wahrheit ein romantisierendes Bild. Donnerstag hat es gezeigt: Zusatztribünen sind komisch, Anzeigetafeln kann man da kaum lesen, Video gibt’s auch kaum und das Bier schmeckt auch nur in der Erinnerung  besser.

Sportlich war die zweite Halbzeit gegen Rom objektiv betrachtet nicht die ganz große Offenbarung. Zu sehr ließen sich die Albatrosse den zunächst mal erspielten Vorsprung aus der Hand nehmen. Rom zerfahren und auch Berlin bei allen guten Aktionen irgendwie – nicht zum ersten Mal in der Saison – wackelig. Dazu die Aufregung über die Schiris in so einer kleinen Hallen natürlich emotionaler. Schreitherapie nenne ich ja zuweilen das Fandaseien… Und die Römer trafen schließlich auch die wilden Dinger, Baron schien nicht anders als durch Foul zu stoppen. Auch Hosley machten unsere gellenden Pfiffe nichts aus. Doch irgendwie zauberten die Albatrosse das hervor, was sie diese Saison so besonders macht oder besser: machen kann. Sie packten das Spiel, sie verteidigten in den richtigen Momenten und machten die wichtigen Punkte. Genau so macht ALBA Spaß. Redding, Logan und Radosevic besiegelten den Sieg. 

Mir ist nicht egal, dass ALBA nach der Niederlage gegen Bamberg am Sonntag an den Playoffrängen lediglich kratzt, aber es macht diese Saison Spaß und ist ein Team für das ich gerne laut bin, weil es meist kämpft, kratzt und beißt. Am Donnerstag war dies offenkundig das kollektive Gefühl, der Sieg erhofft, aber nicht erwartet, nicht klar, aber klar erkämpft und daher umso schöner. Jubel in der Schmelinghalle ist dann doch intensiver. Die Schmelinghalle tobte, mein Sitznachbar kanalisierte alle Energie in seine Arme und hob mich jubelnd hoch. Nur meine eine Rippe, die fand das gar nicht gut, knackste kurz und fühlt sich seitdem wenigstens geprellt. Nun hab ich sie wenigstens, meine ganz eigene Schmelinghallengeschichte. Sie kann ihre Herkunft als Boxarena halt doch nicht verleugnen…  Manchmal ist die Coolness der Sauerstoffwelt dann doch nicht ungesund und manchmal ist Leib und Seele dann mehr als nur ein Slogan. Doch vielleicht passt das Bild und hilft diese Saison nur eines: Zähne zusammenbeißen und weiterbrüllen, auch wenn die nächsten Wochen – wie schon an diesem Wochenende in Bamberg oder gegen Bremerhaven – möglicherweise schmerzhaft werden… 

You can’t buy heart

Den Bayern-Kader auf dem Papier zu sehen, das ist das eine, ihn auflaufen sehen, dann doch noch was anderes. Sieben ehemalige Albatrosse, dazu Euro-Star Delaney, Benzing, der vom Roten Stern rausgekaufter Savovic, ein Big John Bryant und Chevy Troutman. Das ist so verdammt tief, so verdammt variabel. Auf der Bank zwei ALBA-Headcoaches, die für 12 Jahre verantwortlich zeichneten. Doch das war heute kein Familientreffen ALBA rot gegen ALBA gelb. Das war der Besuch des neuen Lieblingsgegners. Spielt ihr nicht bei uns, seid ihr nicht willkommen, pfiff es aus rund 14000 Kehlen. Schöne Choreo des Fanblocks, die frischen Ex-Berliner auszupfeiffen und dann dem Bryce – der ja länger weg ist – tosenden Applaus zu schenken.

Mächtig breit die Brust der Bayern diese Saison. Zählbar die Erfolge in den ersten Spielen in der Liga und Europa. Noch heute lästerte der Münchener Häuptling im Tagesspiegel über angeblich schlechtes Berliner Betriebsklima. Schön, Uli, du konntest deine Manage kaufen lassen, wen sie wollten. Und was hat es dir heute gebracht? Wieder musstest du in einer von dir so wenig attraktiv empfundenen Halle sitzen und erleben, wie die wirtschaftlich längst übertrumpften Berliner, deine Jungs rupften. Zwanzig Punkte. Lass dir mal von erfahrenen Bayern-Spielern erklären, was das bedeutet. Interessant, was so – dank der Berliner Zeitung – vor dem Spiel an altem Dreck rauskam.

Hoeneß und andere hatten eine grundlegende Abneigung gegen Basketball. Die ist über Nacht in eine Begeisterung umgeschlagen, von der es jetzt heißt, sie halte seit zwanzig Jahren an. Aber das ist glatt gelogen.

Let's get ready... beat Bayern! Danke fürs Foto an: Onno WulfBegeisterung für Basketball seit mehr als zwanzig Jahren, das gibt es hier in Berlin. Hier schlägt das Herz Gelb-Blau. Und das hat heute den Unterschied gemacht. Denn am Ende hilft alles Geld nicht, wenn man gegen eine bis in die Haarspitzen motivierte Mannschaft auf deren Homecourt antreten muss. Zur Halbzeit hörte man es in der o2 world mehr krächzen denn reden. Jetzt dürften die meisten die Stimmbänder kühlen. Wir waren laut. Unsere Mannschaft lebte es vor, holte uns ab und Fans und Team schaukelten sich hoch und auch über das kritische dritte Viertel hinweg. Wann stand die o2 das letzte Mal vor der Halbzeit, wann das letzte Mal das ganze vierte Viertel?

Auch jene, die dem neuen Team kritisch gegenüberstehen, die Heiko & Co. nachtrauerten, schienen heute mit dem neuen Alba versöhnt. Jan ackert, Akeem rast, Alex rebounded und WoBo dunkt… Und unsere Guards, Logan, Hammonds, Stojanovski und Redding haben sich gefunden und setzen sich gegenseitig in Szene. Kendell und Slokar werfen ihren Körper in den Ring. Mir macht diese Mannschaft viel Spaß. Vielleicht sogar mehr, als die vom Beginn der letzten Saison, deren Relikte heute in Rot aufliefen. Da war zuvor schon was kaputt gegangen.

Für die neue Mannschaft könnte es heute ein Schlüsselspiel gewesen sein. Wir gewinnen ganz sicher nicht alles, aber wir haben uns selbst gezeigt, dass wir die, die das vorhaben, schlagen können. Kauf dir, was du willst, lieber Uli, but you can’t buy heart…

Ein Center vom Balkan

Stanojevic, Koturovic, Alibegovic. Drei Namen mit zusammen einer ganzen Menge Titel für ALBA. Dem Jüngsten dieser Trias und dem bis zum Auftreten des Big John dominantesten Center der Beko BBL riss am Ende das Kreuzband und dann die Geduld, so dass schließlich ein anderer, Goran Nikolic, mit dem letzten bisschen was er noch in den Knien hatte, erst den Marathonmann geben musste und dann den Titel holen durfte.

Nun also deutet sich, trauen wir den üblich gut informierten Quellen auf schoenen-dunk, an, dass ALBA wieder einen Center vom Balkan holen wird. Leon Radosevic ist ein beweglicher kroatischer Innenspieler. Und als 1990 geborener recht jung, aber bereits mit drei Jahren Euroleague in den Beinen. Ein verletzter Fuß verhinderte nach einer starken Saison bei Cibona 2011 den Draft als early entry. Auch wenn Draftexpress ihn 2012 als Top International Prospekt des Jahrganges 1990 sah, reichte es nicht.

Die Rolle, die er zuletzt in Mailand ausübte, war kleiner. Ein Wechsel nach Berlin dürfte für ihn eine Chance auf größere Spielanteile und eine tragendere Rolle bieten. NIhad Djedovic konnte diese Chance letztes Jahr im Ergebnis nicht nutzen. Zu wenig Konstanz zeigte er bei allem Talent. Ich bin gespannt, wer stabiler auftritt: WoBo oder Radosevic. Es ist der gleiche Jahrgang.

Nur welche Rolle soll Radosevic spielen? Das Bild wird vermutlich erst klar, wenn wir den vollständigen Kader sehen. Kommt noch ein echter Center? Kommt ein Stretch-Four? Kommt Jan Jagla oder bleibt Sven Schultze? Es sind viele Varianten denkbar. In welcher Rolle seht ihr ihn? Jovo oder Goran?

Schauen wir doch erst einmal, was Radosevic so kann und wie er spielt. Ein Vergleich drängt sich bei den Stats, die ohne jeden 3er sind, auf. Auch Thompson war spielerisch kein „moderner“ Vierer, sondern ein eher agiler Center. Aber über was konnte man sich bei Thompson, der – so schreiben jedenfalls alle – zu den Bayern gehen soll, wunderbar aufregen? Genau! Halbherziges Blöcke setzen. Von Radosevic gibt es auf youtube eine Skurillität:

Ich finde den Vergleich zu Thompson nicht abwegig. Ich denke wir sehen hier den Nachfolger auf der Position von Thompson, d.h. ein Spieler, der konzeptionell sowohl eine agile Fünf spielen kann als auch eine Vier ohne 3er.

Ich habe sehr sehr lange keinen Center bei ALBA mehr gesehen, der den Fastbreak so läuft wie Radosevic. Wir hatten ja mit Miro, Cemal und Ali ein paar valide Wühlbüffel. Aber wann hatten wir zuletzt einen so beweglichen Center? Der junge Ford? Nikolic im Jungbrunnen? Mir blieb etwa bei Sekunde 39 kurz der Atem weg.

Und wer auf Defense steht, der kann sich hier (Nr. 5 in Weiß/Rot) am Duell mit Dejan Musli (15 blau) bei der U20 WM 2010 ein etwas veraltetes Bild machen. Vielleicht ganz passend, weil Musli ihm körperlich um Längen überlegen ist. Aber die Cleverness, die Beweglichkeit und das Aushelfen auf den kleinen Positionen sind schon ausgeprägt.

Falls man WoBo in der Miralles-Rolle sieht, fehlt eigentlich ein Centerersatz für Idbihi und ein weiterer 4er, den wir letzte Saison jedoch auch nicht hatten. Bekanntlich hat Peavy nie gespielt… und nach dem Randle-Intermezzo kam mit Traore ein echter Center. Warum nicht wieder so?

Der letzte Center vom Balkan, den wir in Berlin hatten, Miro Raduljica, hat übrigens vor kurzem in der NBA unterschrieben. Vielleicht beginnt ja auch für Radosevic mit dem Wechsel nach Berlin ein neuer Anlauf. Das Spektakuläre bringt er mit.

Eine ganze Hand voll Europa

Es ist fast Ende Februar und wir können bereits jetzt sagen, dass eine ganze Hand voll Teams der Beko BBL noch im März europäisch spielen werden. Neben Bamberg und Berlin, die sich im Top16 der Königsklasse zwar mehr schlecht als recht mühen und dennoch zur Rückrunde noch einmal mit Massey und Walsh bzw. Traoré nachgelegt haben, sind es drei weitere Teams, denen heute zu gratulieren ist. Weiterlesen

Adventssingen in Gießen

Neun Jahre ohne Niederlage in Gießen. Der Traditionsclubs aus Mittelhessen, dessen Fans diese Saison damit hadern, doch (noch) nicht abgestiegen zu sein, empfängt die Albatrosse. Da wir traditionell etwas über haben für biertriefende Traditionspflege, hier ein weihnachtlicher O-Ton von deissler aus Gießen:

Es hallt in Gießen, Funken sprühen:
Heissa! Welch Fanfarenstoß!
Freude schäumt aus allen Kübeln
Bald schon kommt der Albatross.

Sternenmärsche, Kindersingen,
ein jeder läuft zur Halle los.
Malzgefüllte Gläser klingen:
Endlich kommt der Albatross.

Provinzielles Bauerntreiben
versus alten Gernegroß.
Und wer kann es uns verleiden:
Bitte grillt den Albatross.

Lieber deissler, auszuschließen ist das wahrlich nicht. Die Albatrosse sind malade. Wenn man der Presse glaubt, dann fehlt der halbe Kader. Vielleicht, ja ganz vielleicht, gelingt in eurer nun doch voraussichtlich letzten Erstligasaison ja noch ein Sieg gegen Berlin.

Pesic kommt: Gegenrede, oder: Ich kann nicht soviel Wurst fressen….

Lieber Peter, du hast den Bayern in diesem Blog gestern angesichts der Verpflichtung von Svetislav Pesic viel Glück gewünscht und uns Lesern erklärt, warum diese Verpflichtung im Großen und im Ganzen gut ist. Heute meine Gegenrede.

Deinen analytischen Verstand muss und möchte ich nicht in Zweifel ziehen. Des passt scho‘. Pesic ist ein Großer, wenn nicht gar die Heilsgestalt des deutschen Basketballs in Europa. Der große Blonde ist ja (noch?) anderswo. Natürlich tut es der Liga gut, dass er zurück ist. Schließlich wäre der deutsche Basketball ohne ihn – wie der Leser Breizh meint – auf dem Niveau des Holländischen.

Natürlich ist Pesic eine ganz andere Liga als der blasse Grieche an der Seitenlinie der Sedlmayrhalle. Und verdammt noch mal, wer, wenn nicht der, der in München in der Olympiahalle das deutsche EM-Gold holen konnte, soll die vermaledeiten Bayern exakt 20 Jahre später an (fast) gleicher Stelle – auch wenn’s jetzt  nach dem Sponsor mit vier Ringen heißt – zum Erfolg bringen. Welch eine Geschichte, perfekt choreografiert und danach wiederholen die Bayern auch noch das mit der EM… Weiterlesen

Pesic kommt: Alles Glück den Bayern

Beim bislang recht hilflosen Versuch, unter Einsatz vieler Taler einen deutschen Meister zu kneten, ist der FC Bayern nun bei Svetislav Pesic angekommen. Der soll aus dem, was Dirk Bauermann mit Pesic junior erworben und was von Teilzeitcoach Yannis Christopoulos erfolgreich sediert wurde, Leben einhauchen. Soll keiner sagen, die Bayern würden nicht alles versuchen. Pesic unterschreibt erstmal nur bis Saisonschluss. Entweder er will im Sommer wieder Nationalcoach werden, oder der FC Bayern hält sich so die Möglichkeit offen, im Sommer die Reißleine zu ziehen.

Über Mangel an Unterhaltung kann man sich diese Saison dank der Münchener nun wirklich nicht beklagen. Als Berliner (sogar als Bamberger!), mag man denken, könne man sich zurücklehnen und dem Treiben von Häuptling Rotgesicht im München milde lächelnd zusehen. Doch an dem Erfolg des Bayern-Projekts hängt mittlerweile zu viel. Für alle im deutschen Profibasketball. Weiterlesen

Fastermann. Alba verliert auch gegen Siena.

Einer meiner Chefs, wahrscheinlich der,von dem ich am meisten gelernt habe, brachte mir für den Fall der Nachrichtenberichterstattung mal einen Begriff bei: Fastermann. Ein Fastermann ist, wenn fast etwas passiert wäre. Fast wäre der Chemielaster in den Kindergarten gefahren. Fast wäre der Zug aus der Spur gekommen. Fast wäre Deutschland Fußball-Weltmeister geworden. Es sind – im Guten wie im Bösen – Ereignisse, die nie eingetreten sind, obwohl es gut hätte sein können, und die deswegen nur geringeren Nachrichtenwert haben. So wie: Fast hätte Alba gegen Siena gewonnen. Oder: Fast wäre aus Alba eine gute Basketballmannschaft in Europa geworden. Aber eben nur fast. Und wenn es so weitergeht, können wir auch wieder jammern: Fast wäre Alba in die zweite Runde der Euroleague gekommen.

Die Chance zum Ausscheiden stehen nicht so übel. Die Franzosen haben nun ebenfalls zwei Siege, wenn sie nächste Woche mit mehr als drei Punkten gegen uns gewinnen, dann sieht es übel aus – es sei denn, wir schaffen dann ganz viel unerwartete Erfolge: In Tel Aviv, gegen Malaga. Dem allem mal vorausgesetzt, wir schlagen die Euroleague-Trümmertruppe aus Danzig. Wenn Alba nicht weiterkommt, dann liegt es erstmal am eigenen Unvermögen. Wir hatten es mehrfach in der Hand. Gegen Tel Aviv wäre es Glück gewesen – die Mannschaft ist deutlich talentierter als Alba. In Polen wäre es Pflicht gewesen. Und gestern gegen Siena hätte es gut sein können.

Hätte, hätte, Fahrradkette. Es gibt ein paar Dinge, die ich nicht verstehe: Die Unaufmerksamkeit zu Spielbeginn. Wie gegen Tel Aviv haben zwei Drittel der Mannschaft sowohl zu Beginn der ersten, wie auch der zweiten Hälfte ganz private Gedenkminuten eingelegt. Schaffartzik und Wood dachten daran, wie es früher war, als sie noch warfen. Miralles erinnerte sich an die Zeit, als er noch einen Ball festhalten konnte und Dedovic erinnerte sich an sein blendendes Aussehen nach dem letzten Friseurbesuch und wollte jede Gefahr vermeiden, dieses mit viel Drei-Wetter-Taft fixierte Meisterwerk aus Scherengeschicklichkeit und Rasiervermögen in Unordnung zu bringen. Unser Trainer, der einer anderen Friseurschule anhängt, war entsprechend zornig.

All unser Misserfolg ist deswegen erstaunlich, weil Siena ja in aller aller Regel mit vier Mann verteidigt. Bobby Brown ist da immer noch, sagen wir, auf dem Niveau von Mladen Pantic und Slavko Stefanovic, um mal zwei Namen aus dem Reich der Basketball-Finsternis zu bemühen. Eins gegen eins kanns noch ordentlich aussehen, aber, wie mein Nachbar so schön sagte: Am ersten Block endet seine Defense mit einem nur leicht enttäuschten Gesichtsausdruck. Ärgern kann man sich vor allem, weil im vierten Viertel trotzdem noch alles gut geworden wäre, als Wood die Brown-Mängel nutzte.

Ärgern kann man sich, weil am Anfang zwei mittelgute Bundesligaprofis reichten, um uns durcheinander zu birngen. Benjamin Ortner war zu Saisonbeginn noch mit einem Kurzzeitvertrag als Ovcina-Ersatz in Gießen. (Gießen!!). Und Kangur meuchelte vor ein paar Jahren noch mit Leverkusen im Niemandsland der Tabelle und hat dann so eine mittelgute Italien-Karriere gemacht. Dass Siena ihn überhaupt genommen hat, liegt an Not und Elend in der Toskana. Und die beiden quälen uns.

Jetzt mal im Ernst: Leute wie Thomas Ress, das sind alles sehr, sehr solide Basketballspieler. Kein Supermann, früher immer so für 15 Minuten gut. Was man aber wissen kann: Er ist der italienische Nationalmannschaftscenter, der ausgeprochen gut wirft, und das schon seit 1891, wenn ich sein Alter richtig schätze. Und selbst wenn die jungen Leute von Alba sich an die alten Geschichten vielleicht auch nicht mehr erinnern: Seine Freiwürfe zeugten von Werferqualität. Wieso steht ausgerechnet der dann kurz vor Ende so allein an der Dreierlinie?

Siena war besser als im Hinspiel, aber keine Übermannschaft. Wenn Brown nicht auf dem Feld war, hatten sie keinen Spielmacher (was macht Rasic eigentlich?). Trotzdem waren wir bei den Guards meist unterlegen. Sie spielen mit eineinhalb Scheincentern (Was macht dieser Kasun?).

Es gab auch gute Seiten. Alba hat im vierten Viertel sieben Minuten äußerst ansehnlichen Basketball gespielt. Gewinnen kann man so auch. Fast jedenfalls.