Beim bislang recht hilflosen Versuch, unter Einsatz vieler Taler einen deutschen Meister zu kneten, ist der FC Bayern nun bei Svetislav Pesic angekommen. Der soll aus dem, was Dirk Bauermann mit Pesic junior erworben und was von Teilzeitcoach Yannis Christopoulos erfolgreich sediert wurde, Leben einhauchen. Soll keiner sagen, die Bayern würden nicht alles versuchen. Pesic unterschreibt erstmal nur bis Saisonschluss. Entweder er will im Sommer wieder Nationalcoach werden, oder der FC Bayern hält sich so die Möglichkeit offen, im Sommer die Reißleine zu ziehen.
Über Mangel an Unterhaltung kann man sich diese Saison dank der Münchener nun wirklich nicht beklagen. Als Berliner (sogar als Bamberger!), mag man denken, könne man sich zurücklehnen und dem Treiben von Häuptling Rotgesicht im München milde lächelnd zusehen. Doch an dem Erfolg des Bayern-Projekts hängt mittlerweile zu viel. Für alle im deutschen Profibasketball.
Um das zu verstehen, reicht es, sich an die Zeit zu erinnern, bevor die Bayern das mit dem Korbballsport ernst nahmen. Nur mit Mühe schaffte es die Liga, im Free-TV zu halbwegs sozialverträglichen Zeiten so etwas wie Präsenz zu bekommen, bei stark durchwachsenen Einschaltquoten. Mit den Bayern wurde das anders, und mögen noch so viele bejammern, sie seinen ihrem sportlichen Wert nach vollkommen überrepräsentiert: Es hat allen genützt. Im Gegensatz zu den meisten anderen Ligen ist die Bundesliga einigermaßen stabil. Im Fernsehen, und auch bei den Zuschauerzahlen. Das hat nicht nur, aber doch auch mit den Bayern zu tun.
Kabel 1 wäre nie auf die Idee gekommen, Basketball zu übertragen, hätte es das Bayern-Projekt nicht gegeben. Ich würde sogar noch weitergehen: Das Produkt, das Kabel 1 verkauft, hat mit Basketball erst mal nur am Rande zu tun. Das Verkaufsargument ist der Verein aus München, der so schön polarisiert. Entweder man will ihn gewinnen sehen, oder er soll funktionieren. Einen Mittelweg gibt es nicht. Wenn die Basketballer zu schlecht zum polarisieren sind (ergo: erwartbar langweilen und so schlechte Quoten machen), sieht man ja, was passiert: Kabel 1 will auch nicht mehr und schiebt den ganzen Mist ins Internet.
Insofern sollten selbst Berliner und Bamberger dem alten Pesic in München alles Glück dieser Welt wünschen. Möge er aus dem dysfunktionalen Haufen guter Spieler ein erfolgreiches Team machen. Selbst auf die Gefahr hin, dass sie doch noch Meister werden. Mit München wird Basketball nicht unbedingt größer, mit einem gescheiterten Münchener Projekt aber medial sehr viel schlecht zu verkaufen. Im (Privat-)Fernsehen geht es nun mal nur um Geld, nichts anderes. Ob es einem gefällt oder nicht.
Häuptling Rotgesicht – nice!
Peter, du warst schon bei Alba oder wenigstens Berliner als der Alte noch Coach war, oder? Mir ist das etwas zu rational und wirtschaftlih gedacht… Gegenrede vorbehalten ;-)
Edit: Gegenrede da.
Kann Grübler da nur beipflichten. Dafür bin ich schon zu lange dabei, dass ich das Thema rein finanziell/wirtschaftlich sehen kann. Der Mann hat uns (und damit ist nicht Alba gemeint) auf die inter- und nationale Ebene gehoben. Ich würde sogar soweit gehen, wenn er damals nicht in Berlin gewesen wäre, dann wäre der deutsche Basketball immer noch auf dem Niveau des Holländischen. Dann wüssten deutsche Sender – auch Sportsender – noch nicht einmal, dass es Basketball außerhalb der NBA gibt. Im Verhältnis dazu ist der Bayerneffekt ein Furz in der Entwicklung zu der Saison vor ihnen.
Nur so einmal zur Erinnerung nach der gewonnen Euro liefen Euroleague-Spiele mehrere Saisons live auf 3SAT (allerdings überwiegend mit einen anderen rot-weißen Verein)! Das kann sich heute vielleicht keiner mehr vorstellen. Auch der Großteil der wichtigen Alba-Spiele waren live zu sehen oder woher kommen die Youtube-Schnipsel? Was ich damit sagen will, der Erfolg, der hier immer den Bayern zugeschrieben wird, ist für mich nur gering. Einen viel größeren Anteil hatte ER und dafür werden ich IHM immer dankbar sein (und natürlich für die gesammelten Alba-Titel). Aber dieser Schritt zu den Bayern ist echt übel und lässt mich sauer aufstoßen.
Hatte Svetislav Pesic nicht noch bei der Feier für Wendel Alexis gesagt, er würde, wenn in der BBL nur noch für Alba an der Seitenlinie stehen? Wo war er als wir uns all die Jahren abgemüht haben und ihn als Feuerwehrmann durchaus auch gebraucht hätten? Ist das Ganze doch nur alles heiße Luft und beschissenes Business? Und Baldi geht demnächst nach Bamberg, wenn Herr Heyder dort aufhört? Daran, dass ein Großteil der Spieler dorthin zieht, wo sie den nächsten großen Batzen Geld verdienen können, haben wir uns ja bereits gewöhnt. Aber was zog diese Ikone DAHIN? Ich weiß es nicht!
Schade finde ich es für die Nationalmannschaft. Gerade mit all den jungen Spieler hätte er hier seine ganze Klasse zeigen können. Wahrscheinlich hätte dass dem deutschen Basketball auf Jahre weiter gebracht als die Bayern es jemals vermögen werden. Die Vorstellung, dass Bauermann wieder Nationalmannschaftscoach wird, lässt mich nur erschaudern und würde diesem Tag die Krone aufsetzen.
Über eine spitze und scharfzüngige Bewertung der Konstellation Vater, Schwiegervater und zwei Häuptlinge würde ich mich von Eurer Seite freuen (damit könnte man der Situation zu mindesten ein kleines Lächeln abgewinnen). Wenn es nicht laufen sollte, werden wir hoffentlich beim aneinander Rauschen der beiden Häuptlinge unseren Spaß haben.
Jetzt gilt Mund abwischen. Die scheußliche Pille schlucken. Donnerstag und Sonntag auf uns konzentrieren und zeigen, wie man erfolgreichen und begeisternden Basketball spielt.
Breizh, ich glaub, wir sehen das ganze dann doch etwas anders. In der sachlichen Analyse würde ich ja nur bedingt widersprechen, aber…
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