Den Bayern-Kader auf dem Papier zu sehen, das ist das eine, ihn auflaufen sehen, dann doch noch was anderes. Sieben ehemalige Albatrosse, dazu Euro-Star Delaney, Benzing, der vom Roten Stern rausgekaufter Savovic, ein Big John Bryant und Chevy Troutman. Das ist so verdammt tief, so verdammt variabel. Auf der Bank zwei ALBA-Headcoaches, die für 12 Jahre verantwortlich zeichneten. Doch das war heute kein Familientreffen ALBA rot gegen ALBA gelb. Das war der Besuch des neuen Lieblingsgegners. Spielt ihr nicht bei uns, seid ihr nicht willkommen, pfiff es aus rund 14000 Kehlen. Schöne Choreo des Fanblocks, die frischen Ex-Berliner auszupfeiffen und dann dem Bryce – der ja länger weg ist – tosenden Applaus zu schenken.
Mächtig breit die Brust der Bayern diese Saison. Zählbar die Erfolge in den ersten Spielen in der Liga und Europa. Noch heute lästerte der Münchener Häuptling im Tagesspiegel über angeblich schlechtes Berliner Betriebsklima. Schön, Uli, du konntest deine Manage kaufen lassen, wen sie wollten. Und was hat es dir heute gebracht? Wieder musstest du in einer von dir so wenig attraktiv empfundenen Halle sitzen und erleben, wie die wirtschaftlich längst übertrumpften Berliner, deine Jungs rupften. Zwanzig Punkte. Lass dir mal von erfahrenen Bayern-Spielern erklären, was das bedeutet. Interessant, was so – dank der Berliner Zeitung – vor dem Spiel an altem Dreck rauskam.
Hoeneß und andere hatten eine grundlegende Abneigung gegen Basketball. Die ist über Nacht in eine Begeisterung umgeschlagen, von der es jetzt heißt, sie halte seit zwanzig Jahren an. Aber das ist glatt gelogen.
Begeisterung für Basketball seit mehr als zwanzig Jahren, das gibt es hier in Berlin. Hier schlägt das Herz Gelb-Blau. Und das hat heute den Unterschied gemacht. Denn am Ende hilft alles Geld nicht, wenn man gegen eine bis in die Haarspitzen motivierte Mannschaft auf deren Homecourt antreten muss. Zur Halbzeit hörte man es in der o2 world mehr krächzen denn reden. Jetzt dürften die meisten die Stimmbänder kühlen. Wir waren laut. Unsere Mannschaft lebte es vor, holte uns ab und Fans und Team schaukelten sich hoch und auch über das kritische dritte Viertel hinweg. Wann stand die o2 das letzte Mal vor der Halbzeit, wann das letzte Mal das ganze vierte Viertel?
Auch jene, die dem neuen Team kritisch gegenüberstehen, die Heiko & Co. nachtrauerten, schienen heute mit dem neuen Alba versöhnt. Jan ackert, Akeem rast, Alex rebounded und WoBo dunkt… Und unsere Guards, Logan, Hammonds, Stojanovski und Redding haben sich gefunden und setzen sich gegenseitig in Szene. Kendell und Slokar werfen ihren Körper in den Ring. Mir macht diese Mannschaft viel Spaß. Vielleicht sogar mehr, als die vom Beginn der letzten Saison, deren Relikte heute in Rot aufliefen. Da war zuvor schon was kaputt gegangen.
Für die neue Mannschaft könnte es heute ein Schlüsselspiel gewesen sein. Wir gewinnen ganz sicher nicht alles, aber wir haben uns selbst gezeigt, dass wir die, die das vorhaben, schlagen können. Kauf dir, was du willst, lieber Uli, but you can’t buy heart…