Lernfähig

Nach der Verpflichtung von Brian Randle und den damit verbundenen Highlightvideos wissen wir jetzt, in was für schrecklichen Schulturnhallen die erste israelische Liga zu einem Teil noch spielt. Dagegen ist selbst die spätbrutalistische Waschbetonbude in Würzburg noch ein Palast. Wir sollten denen Jan Pommer mal leihen, er ist ja so eine Art Leuchtfigur (Messias wäre in diesem Fall falsch) in Sachen Basketballvermarktung geworden. Sei’s drum: Randle ist weniger Namen, als viele für Alba erwartet haben, und passt dafür in die Verpflichtungsreihe des vergangenen Sommers: nicht spektakulär, aber außerordentlich vielversprechend.

Mit soviel Scheiße anne Schuhe wie Alba (und besonders Peavy) isses ja nicht soooo leicht: Soll noch schnell Omas Häuschen verkaufen und den Erlös für einen verschleudern, der sich im Grunde genommen zu fein für uns ist? Und nächstes Jahr dann die nächste Sparrunde ausrufen, wenns schiefgeht? Alba fährt wieder die klassische Linie: Nur auf die Überholspur, wenn ganz sicher noch genug Benzin im Tank ist. Mit dem Zweimontagsvertrag kommen wir mal bis Weihnachten, da ist dann klar, wie es mit Europa aussieht. Wenn es für die Top 16 nicht reicht, hat Randle frei. Wenn es reicht, kann er weiter arbeiten. Wenn er doch nicht sooooo gut war, lümmeln bis dahin noch ein paar hochkarätige und preiswerte NBA-Dropouts rum. Und die ersten in Griechenland, Spanien und sonst wo in Südeuropa haben kein Geld bekommen. Da ist dann mehr Markt da. Wer weiß.

Randle gilt als außerordentlich smarter Spieler. Er stammt aus Peoria, einer gesichtslosen Kleinstadt mitten in Illinois, deren berühmtesten Produkte Baumaschinen der Marke Caterpillar sind. Wenn dieses Internet nicht lügt, ist das sein Elternhaus. Und das in Garageneinfahrt ein Basketballkorb. Sein Vater, selbst noch Sohn eines Baumwollpflückers, war für die Finanzen eines Colleges verantwortlich, die Mutter in der Frühkinderziehung („early childhood development“) tätig. Brian ist das Ergebnis davon, dass der amerikanische Traum manchmal auch gut ausgeht.

Illinois ist eine der besseren Basketball-Universitäten. In seiner Karriere haben immerhin Deron Williams, Luther Head und Dee Brown seinen Weg gekreuzt. Auch ein anderer Ex-Albatros war dort: Kiwane Garris, der bei uns durchwachsene Erinnerungen hinterließ. Randle, hat zwei Abschlüsse: Agrarfinanzwirtschaft und Master in Sportmanagement. Ursprünglich hatte er mit Biologie und Tiermedizin geliebäugelt: Offenbar war er auch da in der Lage, seine Vorstellungen der Wirklichkeit anzupassen. Doof war er nur einmal: als er über eine misslungene Aktion zornig so stark gegen die Hallenwand schlug, dass ihm die Hand brach. Das hat ihn ein Jahr seines Basketballlebens gekostet.

Als Basketballer hat er neben Klugheit, Einsatzwillen, guter Defense und einem ordentlichen Körper ein paar Nachteile. Der größte: Er ist ein Anti-Peavy. Seine Lieblinswurfdistanz liegt bei unter 50 Zentimetern. Eine zuverlässigen Freiwurf hat er bis heute auch nicht. Der Schnitt kam von 50 Prozent am College, war mal kurz auf 70 und ist dann wieder runter. Er übt aber fleißig. Und als lernfähig hat er sich ja auch sonst erwiesen.

Er ist so ziemlich das beste, was man für (relativ wenig) Geld bekommen kann. Willkommen in Berlin, Brian Randle.

Wichtigste Quellen: Journal Star, New York Times, fightingillini.com.

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5 Gedanken zu „Lernfähig

  1. danke für Deinen ersten Artikel! Liest sich gut und einige mir unbekannte Dinge standen auch drinne. Man merkt jedenfalls, dass Du recherchiert hast, kann man von MoPo und Co nicht behaupten!

    • Schließe mich dem Kommentar von a2 (finde die Hochstelltastatur auf meinem Mach gerade nicht). Insbesondere die Kritik an die örtliche Presse.
      @peterzwei Schöner Schreibstiel und interessante neue Einsichten.

  2. „Brian ist das Ergebnis davon, dass der amerikanische Traum manchmal auch gut ausgeht.“

    Randle scheint aus dem Mittelstand zu kommen. Mit dem „amerikanischen Traum“ verbinde ich eigentlich eher die Story „vom Tellerwäscher zum Millionär“, also von ganz unten nach ganz oben. Von daher finde ich Randles Geschichte in diesem Zusammenhang eher unspektakulär und nicht ganz passend.

    • So wars nicht gemeint. Brians Vater war noch Sohn des Baumwollpflückers. Der gesellschaftliche Aufstieg des Vaters macht aber die Ausbildung des Sohnes erst möglich.

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