Was schief gehen kann, geht schief

Stell Dir vor, ALBA spielt Eurocup Finals und keiner kommt hin. Der Flugverkehr in Westeuropa ist eingeschränkt und die Fans bangen um ihre Anreise ins Baskenland. Immerhin hat es die Mannschaft nach Vitoria geschafft. Mit im Gepäck: Kleine, große und riesige Wehwehchen.

Aber der Reihe nach. Alles begann am 29. September des vergangenen Jahres. ALBAs erstes Pflichtspiel war ein europäisches. Es ging um viel und die Ein-Punkte-Niederlage in Le Mans fühlte sich für die Handvoll mitgereister ALBA-Fans beinahe wie ein Sieg an. Vieles passte noch nicht, einiges machte Mut. Und dennoch hatte man nur mit einem Punkt verloren. Le Mans war keine Übermannschaft, und so endete deren Euroleague-Abenteuer bereits drei Tage später in Berlin. ALBAs Bemühungen erlitten anschließend einen kräftigen Dämpfer. Eine Neun-Punkte-Niederlage gegen Big Baby Babu und sein neues Team Maroussi Athen. Das war dann schon etwas anderes als der Rückstand aus dem Hinspiel gegen Le Mans. Es war zu viel. Nach einem Fünf-Punkte-Sieg schied ALBA zu Hause aus. Genau ein Spiel vor der Euroleague. Maroussi hatte es hingegen geschafft. Sie qualifizierten sich auch für die Top16 und am Ende durfte der alte Mann, der schon vor Jahren bei ALBA für zu schlecht befunden wurde, sogar noch von den Playoffs träumen. Was für ein Traum. ALBA hätte diesen Traum gerne erlebt. Aber nichts da. Einmal Zweite Klasse, bitte.

Nach der Meisterschaft 2008 hatten wir noch überschwänglich „Nie wieder ULEB-Cup“ gesungen. Nun hatte er uns wieder. Gut, das Teil hatte einen neuen Namen. Eigentlich ganz nett, lauter Teams auf Augenhöhe. Ein Cup zum Wachsen. Aber halt leider auch ein Cup zum Schlecht-Aussehen. Mit Teams auf Brusthöhe. Wenn Du gegen die verlierst, hast Du überall verloren. Die heimischen Gegner nehmen Dich nicht ernst. Ihre Fans verhöhnen Dich. Und die eigenen Fans meckern. Ich sag mal: Siauliai, an uns hat’s nicht gelegen. Das neue Format und die Auslosung bewahrten uns vor solchen Teams. Eine Gruppe auf Augenhöhe, keine Chance sich so richtig zu blamieren. Das einzige Ostblock-Team hatte früher mal Geld, das wäre nicht so schlimm gewesen, dort zu verlieren. Die Heimspiele sind die halbe Miete, so viel war klar. Und ein Auswärtssieg reicht für die andere Hälfte inklusive Nebenkosten. Nach sechs Wochen war sie wieder eröffnet, die europäische Bühne. ALBA startete mit einem knappen Heimsieg gegen Teramo. Dann gab es gleich den erhofften Auswärtssieg in Mariupol. Der war zwar noch knapper als der erste Sieg. Na das ging ja gut los. Das war vielleicht nicht glanzvoll, aber die Ergebnisse stimmten. Und die Ergebnisse sollten weiter stimmen. Nach dem am Ende doch klaren Heimsieg gegen Galatasaray Instanbul brauchte ALBA nur noch das letzte Heimspiel zu gewinnen. Da störte die Auswärtsklatsche im Rückspiel gegen Gala niemanden. Na gut, ein paar haben sicherlich gemeckert. Aber so sind sie halt, die Berliner. Nach dem Auswärtssieg gegen Teramo, mal wieder mit einem Punkt, hatte man vier Siege und das Ticket für die Last16, so heißen die Top16 in der Zweiten Klasse. Da man sogar schon sicher Gruppenerster war, war das ausstehende Heimspiel gegen Mariupol dann nur noch Schaulaufen. Ein Vier-Punkte-Sieg-Schaulaufen.

Ist das jetzt Glück, wenn man drei von fünf Siegen mit dem letzten Korb einfährt? Wäre die Leistung so viel schlechter gewesen, wenn man mit drei Körben weniger und einer 2-4 Bilanz ausgeschieden wäre? Diese Fragen seien an dieser Stelle vertagt. Die Gegner im Last16 hießen Badalona, Aris Saloniki und Le Mans. Badalona kannte man bereits vom letzten Zweite-Klasse-Ausflug. Damals gab es zwei Niederlagen und Badalona durfte am Ende gar als Klassenbester in die Euroleague. ALBA wurde Deutscher Meister und man sah sich in eben jener Euroleague wieder, diesmal mit dem besseren Ende für Berlin. 2-2, eine nette Bilanz gegen ein spanisches Team. Aris war wie ALBA gegen Maroussi in der Euroleague-Qualifikation ausgeschieden. Bei Le Mans hatte das ALBA ja noch selbst erledigt. Der Spielplan war günstig und irgendwie doch auch wieder nicht. Einige meinten, dass ALBA schon einen 3-0 Start bräuchte, wenn sie weiter wollen. Die Spieler ließen sich hingegen nicht beirren und gaben an, dass Last16 nicht das letzte Ziel sei. Hört, hört. Mit einem Auswärtssieg in Le Mans ging es los. Diesmal war es nicht nur ein gefühlter Sieg, sondern ein echter mit fünf Punkten. Danach wurde in heimischem Gefilde die Bilanz gegen Badalona mit einem Vier-Punkte-Sieg auf 3-2 ausgebaut. Soweit verlief alles nach Plan. Dann kam Aris nach Berlin. Ein unangenehmes Team, aber nicht außer Reichweite und an diesem Abend sicher schlagbar. Irgendwie konnte ALBA das trotzdem nicht gewinnen sondern verlor mit vier Punkten. Und schon klingelte der 3-0-Plan. War es das jetzt? Nein, die Griechen waren ja schlagbar. Waren sie auch beim Rückspiel in Saloniki. Na gut, irgendwie dann doch nicht. Zwei Minuten reichten ihnen am Ende, um es deutlich werden zu lassen. Autsch, 2-2, das sah alles andere als gut aus. Zum Glück gab es erstmal wieder ein Heimspiel und Le Mans schien man jetzt doch irgendwie im Griff zu haben. Genau das hatte man dann auch. Nach einem 12-Punkte-Sieg ging es zum Entscheidungsspiel nach Badalona. Das hatte schon letztes Jahr eine Klasse höher funktioniert. Und es funktionierte auch diesmal. Eine 4-2-Bilanz gegen eine spanische Mannschaft, zwei Siege in entscheidenden Spielen, hola die Waldfee. 4-2 lautete damit auch ALBAs Bilanz im Last16 und da Aris am letzten Spieltag noch verlor, wurde man sogar Gruppenerster. Zweite Klasse machte plötzlich Spaß.

Nun standen also Playoffs an. Wo man schon mal da war, und wo es gerade so viel Spaß machte, wollte man die auch unbedingt überstehen. Der Gegner war Hapoel Jerusalem mit dem verstoßenden Kind im Manne Thompson, das nicht spielen durfte, wie es wollte. Geballtes Offensivtalent, was ALBA im Hinspiel gleich mal mit 20 Punkten überrollte. In der ersten Halbzeit des Hinspiels. Die zweite Halbzeit nutzte ALBA dann, um sich seine Chance für das Rückspiel zu erkämpfen. Am Ende war sie da, die Chance. Sieben Punkte waren aufholbar. Jerusalem hatte einen komfortablen Vorsprung verspielt, ALBA war in den Köpfen. Und ALBA war auch auf dem Parkett. Am Ende sah es aus, als hätte Jerusalem nie eine Chance gehabt. Als wollten sie nicht gewinnen. ALBA wollte ganz offensichtlich. Es war ALBAs Stil, es war ALBAs Spiel, es war ALBAs Sieg. Nächste Station: Finals. So heißt das Final4 in der Zweiten Klasse.

Zeit, die Frage mit dem Glück erneut zu stellen. Erster Gedanke: Bayern-Dusel. Aber ist das wirklich Dusel, wenn ALBA über zwei Jahre die knappen Spiele auf europäischer Ebene am Ende reihenweise für sich entscheidet? Den Bayern sagt man dieses Jahr Zähheit nach. Sie sind nicht die besten, haben viele Probleme in der Kaderzusammenstellung. Und doch reißen sie es am Ende. Weil sie halt doch hier und da Klasse haben. Weil sie sich nicht aufgeben. Weil sie beißen. Keine Ahnung ob das stimmt, aber sie haben die knappen Dinger immer dann gewonnen, wenn sie es brauchten. Sie lagen in Manchester 3-0 zurück und kamen wieder und kamen weiter. ALBA lag in Jerusalem mit 20 Punkten zurück und kam wieder und kam weiter. Vielleicht zeichnet ALBA auch diese Zähheit aus, die man den Bayern nachsagt. Und vielleicht reicht bei dieser Zähheit ein Hauch individueller Extraklasse, um über die eine oder andere strukturelle Schwäche im Kader hinweg zu kommen.

So langsam wird klar: Die Euroleague-Qualifikation war gegen Maroussi nicht verloren. Sie wurde nur etwas länger. Es gibt zwei weitere Qualifikationsspiele. Gewinnt man beide, ist man wieder da, in der Euroleague. Und ALBA will gewinnen. Das hat man selten so selbstbewusst von einem Underdog gehört, der offen eingesteht, der Underdog zu sein. Steffen Hamann schreibt davon, für ALBA unsterblich zu werden. Über die Konsequenz hatte ich bis dahin noch gar nicht nachgedacht. Aber was nimmt man nicht alles in Kauf. Adam Chubb will den Cup. Der IMac sowieso. Aber Moment, Underdog? Wer sind eigentlich die Gegner? Drei Drittklässler, die es mit mehr Mühe oder weniger Not in die Zweite Klasse geschafft haben. Hallo, wir sind die Erstklässler. Na gut, Bilbao und Valencia spielen in der ACB und gar nicht mal so übel. In der Zweiten Klasse hatten beide überzeugende Ergebnisse, welche die knappen Qualifikationsergebnisse vergessen ließen. Also doch Underdog. Und so reisten sie heute morgen allesamt nach Vitoria. Das ist ein beschauliches kleines Städtchen im Baskenland. Und es ist Euroleague, Standort erster Klasse in der Ersten Klasse. Für dieses Wochenende ist es die Brücke von der Zweiten in die Erste Klasse.

Die Anreise hat etwas von Zweiter Klasse. In der Ersten Klasse fliegt man gerne mal in eine europäische Großstadt, vorzugsweise im Mittelmeerraum. Günstige Flugverbindungen, jede Menge Sightseeing, Spitzensport. In der Zweiten Klasse fliegt man gen Osten, fährt dann noch hunderte Kilometer mit dem Auto ins Nirgendwo und wird dann von einem 2-Mio-Team mal so richtig vorgeführt. Kann aber auch nett sein. Siauliai, an uns hat es nicht gelegen. Manchmal bekommt man aber auch mit der Zweiten Klasse Erste-Klasse-Feeling. Gegen Siena durfte ALBA mal den ULEB-Cup eröffnen. Keine Großstadt, aber eine der schönsten Städte, in denen ich je war. Jetzt also Vitoria. Soll auch ganz nett sein. Wenn da nur nicht diese Anreise wäre…

Immerhin, das Team hat die Anreise überstanden und ALBA twittert bereits Fotos aus Vitoria. Mit dabei: Julius Jenkins mit Kopf. Derrick Byars mit Rücken. Blagota Sekulic mit Fuß. Steffen Hamann mit Erkältung. Sonst noch was? Nun immerhin sind sie da. Mal sehen, wie zäh sie sind. Ja, und da geht das Problem dann richtig los. Statt hier beim gruebler zu bloggen, sollte ich jetzt in Amsterdam Schiphol sein und warten, dass mein Flieger abhebt. Das tut aber irgendwie kein Flieger heute, weil zwei Platten meinen, sich auseinander leben und dabei jede Menge Rambazamba machen zu müssen. Da geht dann auch mal das eine oder andere zu Bruch. Deshalb ist die ganze Luft voller Glas und wenn das in die heißen Maschinen der transavia oder sonst irgendeiner Airline kommt, dann schmilzt das erst und wird dann als großer Batzen wieder fest. Ein wahres Naturspektakel, das die Technik leider nicht beherrscht. Schade eigentlich. Und ich hatte mir noch Sorgen gemacht, ob 40 Minuten zum Wechsel zwischen Terminal 1 und Terminal 2 in Barcelona El Prat reichen. Nun, das verfallene vueling-Ticket ist momentan mein kleinstes Problem. Mein Flug um 6:10 Uhr wurde gestrichen, der 12:15 Uhr-Flug nach Barcelona auch. Bis 18 Uhr ist Schiphol wohl dicht. Um 18:15 Uhr geht die nächste transavia nach Barcelona. Ob ich da mitkomme? Keine Ahnung, deren Call Center ist ab 8:00 Uhr besetzt. Eine Alternative wäre der Zug. Von Delft nach Rotterdam, dann mit dem Thalys nach Paris und von dort mit dem Nachtzug nach Vitoria dauert nur 12 Stunden. Nachteil Nr. 1: Ich wäre Samstag um 4:05 Uhr da, wobei die Unterkunft in Bilbao ist. Nachteil Nr. 2: Der Spaß kostet 338 Euro. Eine andere Alternative wäre eine Zugfahrt nach Südfrankreich mit anschließender Autofahrt. Dafür müsste sich der qnibert aber mal melden. Aber irgendwie komme ich nach Vitoria, ich weiß nur noch nicht genau, wie.

11 Gedanken zu „Was schief gehen kann, geht schief

  1. den jungfernblog noch nicht gelesen, aber mir kam direkt ein anderer titel in den sinn – „against all odds“. :D

    holla, der gute wiki flüstert mir gerade ins ohr, das sei wider erwarten kein echter sportfilmtitel sondern ein schinken mit dem jungen und das geld brauchenden jeff bridges…

    alba ohne fans mit jungspunden zum ec-titel?
    DAS wäre mal eine dicke cinderellastory.

  2. Mensch, ich drück dir die Daumen, dass du pünktlich zu den Spielen da bist. Wenn du für mich bitte mitschreist, -schimpfst, überhaupt alles gibst? Der sechste Mann war in den letzten Spielen immer schwer gefordert … .

  3. @guwac:

    hab leider deine mail erst gestern abend gesehen.

    ich hoffe doch sehr, dass ihr rechtzeitig mit dem auto ankommt und wir dann zusammen feiern.

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