Nein, ich mag heute nicht im Detail über ALBAs Spiel in Frankfurt schreiben. In unserer schnelllebigen Zeit und dieser so unglaublich wechselfreudigen Liga schreibe ich ein wenig über Tradition und Klischee.
Das Hauptklischee der BBL ist, dass die BBL eine Wundertüte und so spannend wie nie ist. Das stimmt, Frankfurt gewinnt traditionell sein Heimspiel gegen ALBA und der Kampf um Platz 1 ist offen. Frankfurt hat seine hervorrange Defense wieder ausgepackt. Triangle-and-Two, Evtimovs clevere Ausbrüche aus dem defensiven System, schnelle Systemwechsel. Damit haben die Skyliners ALBA den Zahn gezogen. Aber auch nicht ganz: ALBA hat offensiv gut getroffen, vielleicht ein wenig schlecht den Ball an seine Langen bekommen und – mal wieder – an der Linie versagt. Frankfurt war besser.
Dass McElroy und Wysocki dreckige oder ruppige Spieler sein sollen, das ist auch ein Klischee. Beide spielen mit viel Leidenschaft und Körpereinsatz und in Frankfurt haben sie sich verhakt. Im Zweifel für den Angeklagten: Fernsehbilder haben auch nur eine begrenzte Aussagekraft und am Ende gab es ein sehr kluges Beruhigungs-T für beide. Ja, das Spiel war hart. Caseys Preisboxer-Optik sprach Bände. Aber das sollte in dieser Liga kurz vor den Playoffs eigentlich niemanden überraschen. Doch es gehört auch zur Fantradition, sich hierüber fürchterlich aufzuregen…
Heute gab es die ersten Awards. Julius Jenkins ist „Bester Offensivspieler“, zum zweiten Mal in Folge. Immanuel McElroy schafft den threepeat als „Bester Verteidiger“. Da soll noch jemand sagen, die BBL habe keine Gesichter oder Identifikationsfiguren. Die Coaches und Medienvertreter sind irgendwie traditionell konservativ, denn auch in der zweiten Reihe finden sich nur BBL-Sophomores: Predrag Suput und Ken Johnson.
Dass BBL-Tradition aber auch zu Ende gehen kann, müssen gerade die Gießener erleben. 43 Jahre Basketball-Bundesliga und nun der erste Abstieg. Sie haben gekämpf. Drei Verlängerungen, 55 Minten lang wehrten sie sich mit allem, was sie haben, in Braunschweig gegen die Niederlage, die den sportlichen Abstieg besiegelt. Es wird zweigleisig geplant. Aber bei so viel Tradition und auch frisch gewonnener wirtschaftlicher Vernunft, wie die Lizenz ohne auflösende Bedingung beweist, könnte Gießen glatt für die traditionelle Wildcard in Betracht kommen. Aber über diese Tradition der Ligaaufblähung durch Wildcard schreibe ich ein anderes mal…
PS: Eine BBL-Tradition habe ich vergessen, die der Nachholspiele kurz vor dem letzten Spieltag. Die Überschrift ist einfach zu schön.
Wie immer, sehr schön geschrieben. Weiter so :)