Habe ich die Einschläge nicht gehört? Bin ich verblendet? Ich schreibe seit gut 10 Tagen über die Fortschritte des deutschen Basketballs und der größte deutsche Regionalsender stellt fest, dass es total anders ist? Gestern berichtet der Westdeutsche Rundfunk im Magazin Sport Inside über die Beko BBL: „Willkommen auf dem Bazar“. Es ist ein Negativbeitrag. „Gießen hat Tradition. Gießen hat einen Fanclub. Düsseldorf hat Cheerleader.“ Der WDR zeichnet das Bild einer desolaten Liga. Einer Liga, in der man Lizenzen kaufen kann, in der sich Insolvenzen aneinanderreihen.
Der Tenor wurde vorab wie folgt angekündigt, wenngleich er mittlerweile auf der Webseite des WDR geändert wurde:
In der Basketball-Bundesliga dürfen auch Absteiger und insolvente Clubs fröhlich weiter spielen. In Düsseldorfer hat ein türkischer Geschäftsmann den Giants eine Wild Card verschafft und sich selbst zum Trainer gemacht. (WDR-Webseite am 8.10.2010 via allesaussersport)
Der WDR sagt im Beitrag, dass „die BBL in der Öffentlichkeit und im Fernsehen kaum stattfindet.“ Es ist schon ein wenig verlogen, dies in einem der WDR-Magazine zu sagen, bei einem Sender, der selbst dank seiner Zweitverwertungsrechte darüber entscheidet, ob die Liga Fernsehminuten bekommt. Ein Sender, der anders, als die Kollegen des BR oder des RBB, es nur selten schafft, das Produkt BBL mit Bonn, Düsseldorf, Hagen und zuvor Leverkusen oder Köln zu übertragen. Von bislang neun Spielen im Sendergebiet gab es lt. schoenen-dunk.de einen einzigen Nachbericht.
Bezeichnend ist an der Geschichte, dass – wie man auf schoenen-dunk.de nachvollziehen kann – nicht einmal der Vorbericht sich an die Fakten hält. Die 46ers mal eben entgegen der Wahrheit als insolvent vermeldet wurden. Was ein Glück, dass die WDR-Sportredaktion zumindest auf schoenen-dunk.de mitliest (bzw. ein SD-Leser eine gepfefferte Email an die Redaktion schickte) und es dann im Laufe des Tages korrigiert hat („entpolemisiert“ nennt es ein User auf SD).
Es ist ein schwacher Beitrag. Ein paar Bilder aus Düsseldorf, ein Interview mit dem Ligapräsidenten, der kein gutes Bild abgibt und darüber hinaus wird sich fleissig bei youtube bedient. Werte Journalisten, wenn ihr schon über eine Liga berichtet, muss das ja nicht gleich auf Bildzeitungsniveau sein. Es gibt Schwächen, natürlich. Ich bin der Letzte, der da nicht auch den Finger in die Wunde legt. Aber so zuzuspitzen? So zu pauschalisieren? Ist das wirklich angemessen oder gar guter Journalismus?
Natürlich ist Düsseldorf ein bescheidenes Beispiel dafür, wie sich die Liga entwickelt hat. Es ist der einzige Club, der in der vergangenen Saison Negativschlagzeilen machte. Wenn ich mir den sportlich schwächsten Club rauspicke und den einzigen, bei dem die Liga im Lizensierungsverfahren und im Laufe der Saison – eine Lehre aus den vergangenen Insolvenzen – laut Jan Pommer sehr genau hinschaut, kann ich natürlich ein solches Bild zeichnen. Wenn ich daraus aber auf die Liga schließen würde, wie der WDR, hab ich Scheuklappen auf.
Die Fans verreißen daher auch den Beitrag.
Oh Gott. Ahnungslose drohen mit investigativem Journalismus.
Das ist Höchststrafe.Das Bazar-Kümmeltürken-Gehabe am Anfang war extrem reißerisch und wird der Person Didin nicht im Geringsten gerecht. Der Mann macht verdammt viel für den deutschen Basketball, und dass die Regeln so sind, wie sind, dafür kann er am aller wenigsten.
Sehe ich genauso. Alles in allem zu negativ der Bericht, aber passt halt zum Stil der Sendung, alles in Schwarz und/oder weiss zu zeigen.
Der Beitrag ist durch und durch tendenziell, ausgewogene Berichterstattung sieht anders aus.
Im Vorfeld wurde der Beitrag auch schon aus berufenem Munde kritisiert:
Der “türkische Geschäftsmann” ist Murat Didin und seit fast 30 Jahren Basketballtrainer – türkischer Nationaltrainer, Meister mit Ülker Istanbul, Vizemeister mit Frankfurt. Ihn in dieser Ankündigung als “Geschäftsmann” statt als Trainer zu beschreiben, ist das Reintreiben eines Spins mit dem Holzhammer in die Zuschauerhirne.
Und ein bekennender Basketballfan zieht für sich das Fazit:
Es fällt mir schwer zu glauben, daß einige Anstalten der ARD gewillt sind, seriös über Basketball zu berichten.
Ich will nicht behaupten, dass alles an der Beko BBL Gold ist, was glänzt. Wahrlich nicht. Erst recht nicht das, was da grad in Düsseldorf geschieht. Aber kurz nachdem der Euroleague Chef die Liga lobt, der BBL Chef als Sportmanager des Jahres gefeiert wird und Bamberg gegen den Euroleague-Finalisten siegt, die deutschen Spieler endlich Verantwortung übernehmen, so einen dünnen und einseitigen Beitrag zu bringen, ist schwach. Wer glaubt, dass Düsseldorf ein dramatisches Negativbeispiel ist, hat vom europäischen Basketball eher wenig Ahnung, schlecht recherchiert oder will die Liga schlicht runterschreiben.
Ich bleibe bei meiner Position. Ich glaube, dass die BBL sich in den letzten Jahren in ihren Strukturen gut entwickelt hat, wenngleich sportlich noch ein sehr weiter Weg vor uns liegt. Und während der WDR in neun Minuten viel youtube und Didin aber wenig Liga zeigt, gebe ich mir Mühe ein differenzierteres Bild zu vermitteln. Dies mache ich nicht, wie der WDR, nur alle paar Wochen mal – es ist der zweite Bericht seit Saisonbeginn – sondern versuche es konstant zu erklären und zu begleiten.
Gerade gestern wieder: Bamberg, Berlin, Zach Peacock und die BBL an und für sich. In ner guten halben Stunde auf English für die Basketballcommunity im Podcast von Euroleague Adventures. Den gibt es übrigens auch auf iTunes zum Download. Also reinhören und selbst kritisch denken und ein differenziertes Bild machen. Übrigens verrate ich im Podcast auch meine Saisonprognose…
Das Problem an der ganzen Kiste analysiere ich Mal per Ferndiagnose: da hatte jemand in der WDR-Redaktion einen kritischen Beitrag über Düsseldorf gemacht (in Teilen sicher nachzuvollziehen). Jemand anderes aus der fussilastigen Gruppe hatte mal was von LEV und Umzug und Köln und Inso gehört und man beschloss euphorisch auf einer Redaktionssitzung nun mal echt das Didingate zu bringen. Voll investigativ, voll rundum und überhaupt.
Für nen Helau-vs.-Alaaf-Bericht über Düsseldorf hätte die Sammlung kleiner Spitzen gereicht. Dabei hätte man es wohl besser belassen sollen.
Für eine Abrechnung mit der Liga hat man lieber ne ganz, ganz starke Basis und weiß bis aufs Iota wovon man spricht. Und zwar hat man alle Pros und Contras parat zu haben sowie die Fakten straight.
Also, lieber WDR: Taschenlampe mit Ersatzbatterien kaufen, bevor man sich in die dunkle Tiefgarage in Washington DC begibt!
Frage/Anmerkung:
War es nicht zunächst eher „allesaussersport.de“ die sich den Introducer vorgeknöpft haben! „Unser Arm ist lang“ vermochte die Ballerin noch zu posten – I like – aber ich glaube der Credit gebürt hier zunächst nicht SD.
ACHTUNG: ich bin keiner der die Liga kritisiert – ich mag sie wie sie ist, mir reichte auch BBL-TV, für mich brauchst kein DSF.
ABER:
Am Ende des Tages hat aber die Liga zugelassen, dass so über sie berichtet wird, wo ist das Material, wo sind die Fakten die man hätte zu Verfügung stellen können um sich positiv darzustellen, da liegen Schwächen.
Es gibt noch zu tun, passiert ja auch! Es heisst ja im Boulevard gerne: lieber schlechte als keine Presse, nun denn….
Allerdings war dogfoods (allesausssersport) Kritik relativ oberflächlich, dass man unabhängig von der Beschäftigung mit dem Thema eben bereits beim Vorbericht ahnen konnte, was die Quintessenz des Beitrages ist. Aber was man wirklich hervorheben muß, ist die Bündelung, verschiedenster Sportinteressierter im Blog. Denn wenn dort nicht über das Sendethema berichtet worden wäre, wäre wohl erst nach oder kurz vor der Ausstrahlung des Beitrages die Diskussion bei SD losgegangen.
Bei SD wurde dann der Vorbericht und der eigentliche Beitrag ja auch inhaltlich auseinandergenommen.
Das Material ist da. Sie zitieren ja sogar das Promo-Video. Jordis PK in Bamberg ist nun auch nicht unauffindbar und es gibt durchaus solide Texte des Qualitätsjournalismus in den letzten Jahren. Wo sonst bekommen denn wir Fans unsere Infos her?
Ich gehe davon aus dass beides nicht bemerkt wurde.
Denke der Korrekturerfolg gebührt einer direkten Email an die WDR-Redaktion.
Was wir leider alle nicht wissen: inwieweit aufgrunddessen der Filmbericht auch noch „entpolemisiert“ wurde. Denn unbearbeitet geblieben ist der nicht.
In der Tat wissen wir nicht, ob nicht auch die Tonspur verändert wurde. Der Bericht ist nicht ganz so reißerisch wie der Vorbericht. Die ARD antwortet ja nicht, wenn man ihnen schreibt. Das war jetzt das zweite Mal, daß ich eine unmittelbare Reaktion auf eine Mail wahrgenommen habe, aber vergeblich auf eine Antwort warte. Beim ersten Mal wurde eine ganze Fotostory vorzeitig vom Server genommen. Auch das sagt so einiges über den Stil der dortigen Redaktionen aus.
Andererseits: Solche Journalisten wie her Schlömer gibt es ja recht häufig. Wenn die Medienwahrnehmung steigt, dann wird es sich nicht vermeiden lassen, daß die Medien auch mal ihre Polemiker ranlassen. Gefühlt sage ich: „Zum Glück ist der Basketball bisher von dieser Form des Journalismus verschont geblieben.“ Aber, wenn wir mehr Berichterstattung über Basketball wollen, dann müssen wir da durch. Das eine geht leider nicht ohne das andere.
Ich finde es nur schade, daß gerade der WDR und damit die ARD sich freiwillig in die Schmuddelecke des Journalismus stellen. Aber vielleicht fühlt sich ja jemand dort bei der Ehre gepackt und rundet das Bild mit einem sauber Recherchierten Bericht ab. Die wirtschaftliche Situation der Clubs im Basketball, Handball und Eishockey bietet genug Stoff, um eingehend auf Sponsorensituation, tragfeste und weniger tragfeste Strukturen, Chanchen, Risiken, Verbesserungen, Fehler, … einzugehen – So wie der Spiegelbericht vor einiger Zeit, nur eben auf die Ballsportaten im Einzelnen fokussiert.
Inzwischen habe ich tatsächlich eine Antwort erhalten, in der ausesagt wird, daß der Film schon vor dem Hinweis fertig war und nur die am Freitag erstellte Internetseite den Fehler enthielt und korrigiert wurde.
Sinn des Films sei, „aufzuzeigen, wie relativ einfach es ist, in die
BBL zu kommen und wie und wieso Herr Didin und die Giants das geschafft
haben.“
Nun ja – wie die Entscheidungsfindung in der BBL funktioniert wurde nicht dargestellt. Es fehlt, wie es zu Wildcardsituationen kommt. Und im konkreten Fall Cuxhaven wurde ein anderer Grund angegeben als der, auf den Cuxhaven sich beruft.
Ich denke, dass der Bericht weniger die Entwicklung der BBL zeigt, als mehr die der Clubs in NRW. Schaut euch das an:
– 2008: Insolvenz und Beinahe-Stopp Köln, Umzung LEV – DÜS
– 2009: Beinahe-Insolvenz Paderborn, 2. Insolvenz und Zwangsabstieg Köln
– 2010: Insolvenz Düsseldorf, 2010 Abstieg Paderborn – Düsseldorf im Moment auf Abstiegskurs
Selbst dann fehlt aber Schwelm in der Reihe mit dem unrühmlichen Verzicht, in der Abstiegssaison eine Zweitligalizenz zu stellen und später bei einer Aufstiegschance die Termine wegen Krankheit und Urlaub zu verbaseln.
Zwangsabstieg Köln ist mindestens genauso falsch. Den gab es auch nicht.
Und was an Abstieg Paderborn so verwerflich ist, verstehe ich auch nicht. Das ist eben Sport.
Das ganze Ding war großer Mist. Natürlich ist der Ligapräsident im Umgang mit kritischen Journalistenfragen ungefähr so gewieft wie Hein Blöd, aber wenn er sagt „Die Lizenz ist nicht käuflich, aber sie hat einen Preis“, dann ist das in meinen Augen das Normalste der Welt im Profisport.
Dennoch schafft es der Journalist, das Statement so einzubetten, dass man sich des Eindrucks anrüchiger, fast vetternwirtschaftartiger Zustände im Umfeld der Beko-BBL nicht erwehren kann. Oftmals liegt die Tendenz einer Berichterstattung ja nicht im Inhalt, sondern in der Art der Montage der Inhalte. Für mich hatte das ganze ein Niveau, das nicht im Einklang mit dem steht, was ich mir als GEZ-Zahler von den Öffentlich-Rechtlichen und ihrem Bildungsauftrag erwarte.
Ich finde, Didin ist ein Sympathieträger, und ich finde auch, dass er als Coach absolut schwer nachvollziehbare Entscheidungen trifft, die bei mir als Zuschauer oftmals Kopfschmerzen hervorrufen. Aber drauf gepfiffen – ich freu mich, dass der Mann es geschafft hat, mir innerhalb von 20 min. Fahrzeit zumindest eine weitere BBL-Saison zu sichern.
Und auch wenn die Mannschaft am Ende mit 30 Niederlagen absteigen sollte – Didin hat zumindest ein Fundament geschaffen, bei dem die theoretische Möglichkeit besteht, dass das Projekt Giants danach nicht im Niemandsland verschwindet, sondern ggf. in der Pro A eine Fortsetzung findet.
So, ich habe mir den Bericht jetzt auch mal angetan und muss sagen, dass ich Grüblers Kommentar voll und ganz unterstütze. Da wird ja im Bericht so getan, als wäre das alles illegal und die nur guten Bayern wollen sportlich aufsteigen. Mit fällt im Moment kein Club ein, der sich den Aufstieg erkauft hat. Die, die in den letzten Jahren die WC bekamen, waren alles Vereine, die mangels Aufsteiger in der Liga geblieben sind. Oder irre ich?
Der Bericht mag zwar an einigen Stellen den Anschein haben, als wäre es richtig,aber für mich ist das nur schlechter, reißerischer Journalismus, der eigentlich von den Privaten Sendern bedient wird. Ganz mies beispielweise der Satz: Gießen hat einen Fanclub und Düsseldorf Cheerleader.
Auch wie Didin dargestellt wird, den man sportlich sehen kann, wie man will, ist für mich sehr fragwürdig. Als wäre er mit der Mafia befreundet, so wird es dargestellt.
Wenn ich als Gegenbeispiel beim Fußball den Verein Hoffenheim nehme, also wer glaubt denn, dass dieser Provinzklub jemals höher als Regionalliga gespielt hätte, wären da nicht die SAP Millionen, mit denen in kurzer Zeit eine Mannschaft zusammengekauft wurde, die dann den gplanten ERfolg umsetzte. Der Vergleich hinkt, ist aber letztlich nichts anderes.
Mich wundert, dass die Spitze der BEkO BBL noch nicht öffentlich reagiert hat.
…weil man vielleicht mit einer öffentlichen Reaktion den Schmierfinken noch mehr Aufmerksamkeit verschafft?
Es fällt mir zwar schwer, mich auf das Niveau herabzubegeben, meine Knie wollen da auch nicht mehr immer so ganz, aber ich denke, diesen Beitrag können wir auch alleine in Grund und Boden schreiben.
Allein die Liste der ganzen sachlichen Fehler, wäre doch schon den Spaß wert!?!?
Also beim Gießener Anzeiger von heute hat die Liga in Person von Pressesprecher Stellung dazu bezogen……Bei Schoenen-Dunk.de wurde der Artikel gepostet. Ein guter wie ich finde und ich finde es auch gut, dass sich dagegen gewert wird. Danke an den Anzeiger, danke an Herrn Lehmann
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