Hardwood Intimidator

[Update 31.12.: mehr Bilder] Hardwood Intimidator, so heißt das gute Stück lila Stoff, das mir gestern von hardyn überreicht wurde und ich natürlich – Wettschulden sind schließlich Ehrenschulden – das gesamte Spiel über trug. Hardwood Intimidator kann vielleicht auch als Synonym für die Göttinger 40-Minutes-of-Hell angesehen werden. Doch beim 91:61 Sieg der Albatrosse gegen die Veilchen war die defensive Einschüchterung auf dem Parkett kein Alleinstellungsmerkmal.

Doch der Reihe nach: Vor der Eurocup-Saison hatte ich großmäulig verkündet, dass ich beim Ligaspiel gegen Göttingen lila tragen würde, falls Göttingen es in die Top16 des Eurocup schaffen würde. Hardyn erhöhte den Einsatz und stellte ein Trikot in Aussicht. Die Starting Five holte den Eurocup-Aufnäher raus und Veilchenpower packte noch gruebelei.de auf den in Göttingen oft vakanten Trikotsponsorenplatz. Die Übergabe klappte nach einigen Irrungen und Wirrungen vor Bernauer Zeugen. Der Hohn und Spott meines Blocks war mir sicher. Es wurde sich bekreuzigt, gestichelt… Es führte auch dazu, dass die Bloggeranonymität im Umlauf verloren ging und das eine oder andere Gespräch zustande kam. Und – welch ein Glück – ich war nicht der einzige, der farblich fremdging, denn, wie der Tagesspiegel schreibt, auch Hollis Price schien eine Wette verloren zu haben oder nur noch sauberes ein lilanes Hemd im Schrank gehabt zu haben.

Gestern war es der Kampf der Eurofighter. Ernüchternd müssen wir feststellen, dass es diese Saison nur zwei BBL-Teams sind, die die Vorrunde der europäischen Wettbewerbe überstanden haben. Nur Göttingen und Berlin haben es geschafft, beide mit sehr imposanten Gruppensiegen. Man kann wohl nicht oft genug wiederholen, was Göttingen im Eurocup für eine imposante Leistung gezeigt hat: Siege gegen Besiktas, ASVEL und gleich doppelt gegen Hemofarm, dazu ein Showspiel gegen Besiktas, vorher hätte das wohl kaum jemand getippt.

Natürlich war das Duell der Eurofighter auch der Claim des Intros der Hallenshow. Nach der Schmach von Bamberg und dem wenig spannenden Weihnachtssieg gegen die Eisbären hatten wir einen Gegner zu Gast, gegen den es zählte, der ein Maßstab war.

ALBA packte seine Euro-Qualitäten aus. Mannschaftsdefense ab der ersten Minute. Ein wirklich starker Start und es dauerte lange, bis Göttingen seinen zweiten Feldkorb erzielen konnte. ALBAs viele Fouls in der Phase waren gewollt: No easy baskets. An den Herren in Grau, Lottermoser, Stokes und Wrasse gab es fast nix zu meckern. Die Liga hatte passend zum Spiel ihre Euro-Refs rausgekramt und grad Lottermoser – gerne Ziel mancher Schmähgesänge – hatte die Crew gut im Griff. Gut war auch, dass die Albatrosse endlich kapiert haben, dass man über die Linie der Refs, die recht viel Kontakt zuließ, nicht meckert. Es tat dem Spiel sichtlich gut. Nur ein Albatross war sichtlich angefressen, nachdem ihm Kulle im Fastbreak eins übergezogen hatte: McElroy musste von Jenkins und Femerling eingefangen werden… but don’t mess with our I-Mac. Mit F-Wörtern (via Tagesspiegel) heizte er das Team an.

Göttingen hat sich verändert. Der Small Ball der Vergangenheit scheint in Teilen passé. Insbesondere unser undersized Frontcourt um Allen und Schultze hatte Probleme. Boone, Meeks und Waleskowski nahmen Allen gut aus dem Spiel und ließen auch Dragicevic und Schultze nicht unter den Brettern zum Zuge kommen. Nur einer setzte sich hier gestern durch: Femerling. Seit er die langen weißen Socken gegen schwarze Overknees (oder sind es Strumpfhosen?) eingetauscht hat, hat er Agressivität gewonnen. Schöne Steals, gutes Rebounding und ein paar gut herausgespielte Körbe aus dem Pick’n Roll. Defensiv definitiv ein Hardwood Intimidator.

Überhaupt waren es neben den beiden Franchiseplayern McElroy und Jenkins gestern Spieler der „zweiten Fünf“, die Verantwortung übernahmen. Femerling mit Sahnetag, aber auch Taylor und Staiger. Staiger tut das Einzeltraining mit dem neuen Assistenten Boban Mitev (Sonderschichten für den Durchbruch (TSP)) sichtlich gut: Zwar begann er auch gestern mit einem blöden Ballverlust gegen die Göttinger Presse, doch er fing sich schnell, war defensiv auch gegen die flinken Göttinger auf Zack und hatte im zweiten Spiel in Folge ein extrem gutes Händchen jenseits der 6,75m. Weiter so. Komplementär zum Schützen Staiger haben wir den Dunker Taylor. O.k., er traf gestern dann auch seinen zweiten 3er im vierzehnten Ligaspiel für ALBA, doch der Signature Move dürfte der Windmill-Dunk nach der Penetration aus der Ecke sein. Sicher im Vortrag, gestern defensiv vielleicht nicht ganz so stark wie sonst, doch endlich findet er offensiv auch in der Liga mehr und mehr in seine Rolle.

Was fiel mir sonst noch so bei Göttingen auf? Was sie auszeichnet ist und bleibt die aggressive Defense, der Druck beim Ballvortrag. Marinovic hatte seine liebe Mühe. Etwas, was bei uns in der Meckerecke natürlich die Clichées und Vorurteile voll erfüllte. Was wurde da gemeckert… bis Marinovic den 3er aus neun Metern traf. Es scheint, als könnte kaum ein Pointguard bei ALBA die Erwartungen der Fans erfüllen. Wäre es bei einem Rochestie oder Meachum anders? Wohl kaum. Jedoch muss ich konzedieren, dass Taylor da wirklich ein gutes Händchen hat.

Überhaupt muss ich einräumen, dass das Göttinger Projekt – auch wenn ich den sportlichen Stil nicht mag – ein klares Profil hat. Engagierte Fans, eine erkennbare und gewachsene Mannschaft und europäische Ambitionen, die für mich wichtig sind und in der Liga leider viel zu oft fehlen. Wenn man das zum schmalen Budget in Relation setzt ist es eine starke Leistung.

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Und es zeigt sich, das wohl nicht nur ich das sehe. Der Turnout von 11.108 Zuschauern gestern war Saisonrekord in der Liga. Kein anderes Team wollten mehr sehen. Es ist die Crowd, die man in der o2 world wohl braucht, um gegen einen lauten Gästeblock zu bestehen. Und nicht nur sportlich gab es eine gute Show. Endlich mehr (und lautere) Einspieler, eine imposante Show über die ganze Halle von der Abteilung Cheerleading nach dem ersten Viertel. Es war ein rundum gelungener Basketballabend und zwei Ligaspiele nach Bamberg haben Coach und Team auch die 51-Punkte-Niederlage wieder reingeholt. Der Boulevard schwenkt daher auch schnell um: ALBA siegt für Trainer Pavicevic. Nur dessen Einschätzung, dass der Sieg daran lag, dass die Göttinger schwach waren, die teile ich nicht. ALBA hat diesen Sieg mit guter Defense und 40-Minutes-of-Focus erarbeitet.

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11 Gedanken zu „Hardwood Intimidator

    • Nope. Unsere Meckerecke zeichnet sich eher durch Traditionsschals und Pöbeleien aus, denn durch Trikots. Aber ich muss da wohl mal mit anfangen… Nur welchen Spieler lass ich mir aufs ALBA-Trikot flocken?

  1. Respekt! Daran dass der Gruebler seine Wettschuld einlöst, hat ja vermutlich niemand gezweifelt? Die eigentliche Erkenntnis ist die, dass schöne Menschen durch nichts zu entstellen sind – nicht einmal durch diese Farbe. ;)

    Ein frohes neues Jahr an alle Leser und AutorInnen!

  2. so sieht also der grübler aus.. ein frohes Jahr 2011 vom Exil-Preußen aus dem Telekomland.. nächstes Jahr bin ich endlich wieder daheeme und freue mich auf die ein oder andere Begegnung

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