Lieber, guter Nikolaus,… ich stell auch meine Sneaker raus!

Besondere Situationen erfordern verzweifelte Maßnahmen, oder wie war das noch?

Schwupps, eben noch war EM in Polen und wir haben uns alle gemeinsam über das tolle Auftreten der deutschen Basketballnationalmannschaft gefreut. Droht jetzt in 8 Tagen vielleicht schon der Katzenjammer bezüglich der WM 2010? Dazu noch ohne die Möglichkeit als Mannschaft sportlich irgendwie eingreifen zu können?

Die für das junge deutsche Team so wichtige Entscheidung am 13. Dezember werden Fans, Funktionäre, Trainer und Spieler wohl gemeinsam zitternd an PCs und Handys verfolgen. Das wird zum 3. Advent ein veritabler Krimi am – wie passend – grünen Tisch.

Die Lage: Nur die ersten 6 der EM konnten sich für die Direkttickets in die Türkei qualifizieren. Zur Erinnerung sind dies – unten in der blauen Europe-Spalte aufgeführt – Spanien, Serbien, Griechenland, Slowenien, Frankreich und Kroatien.

Der momentane Stand der Dinge zur WM 2010

Die anderen 12 Qualifikanten aus Ozeanien, Amerika, Asien, Afrika sowie die 2 Gesetzten (Veranstalter Türkei und Olympiasieger USA) findet ihr ebenfalls im Schaubild.

20 der 24 Teilnehmerplätze stehen also fest, die letzten 4 werden nicht wie z. B. bei Olympia durch ein Qualifikationsturnier vergeben, sondern durch ein Wildcardverfahren, wobei nicht mehr als 3 der 4 wilden Karten von einem Kontinent kommen dürfen. Fraglich ist jedoch, schon aus sportpolitischen Gründen, ob es wirklich 3 von einem Kontinent werden. Dieser Kontinent wäre dann Europa, denn 2 der Tickets scheinen sicher an den basketballerisch stärksten Vertreter zu gehen.

Sollten es nur diese 2 Tickets für Europa werden, wird es eng für Deutschland, denn es gibt 3 namhafte Konkurrenten. Litauen als absolute Basketballhochburg, EM-Ausrichter 2011, mit massig TV-Zeit und den reisefreudigsten Fans dürfte mit der zweiten europäischen Basketballikone Rußland (Europameister 2007) gleichauf liegen, je nachdem welchen Aspekt man wie gewichtet. Danach schätze ich Deutschland ganz knapp dahinter auf  Platz 3 in diesem Rennen ein. Dazu kommt noch Großbritannien, das aufgrund seiner NBA Stars und als Olympiaausrichter 2012, die Sportart in GB endlich ins Rampenlicht rücken will. Dies tun sie in letzter Zeit sehr offensiv und mit großem Nachdruck.

Doch welchen Regeln folgt diese Vergabe eigentlich?

Die bei der Entscheidung durch das zwanzigköpfige „Central Board“ anzulegenden Kriterien hinsichtlich Sport, Wirtschaft, Basketballinfrastruktur und Geld listet die FIBA dezidiert auf ihrer Homepage auf.

Bauchschmerzen bereitet so ein wenig der letzte Punkt, der – ob seiner schwammigen Formulierung – schon zu allerlei Spekulationen Anlaß gab. Die Höhe der milden Gabe wird nicht bekanntgegeben. Mehr oder weniger offen wird darüber gesprochen, dass hier sozusagen Plätze „gekauft“ werden sollen oder können. Litauen befürchtete schon, vielleicht doch „draußen“ zu sein, wenn Deutschland und Rußland mehr liquide Mittel haben – kleine Nationen anderer Kontinente fragen sich, ob dies am Ende gar für die 3. Europawildcard ausschlaggebend sein wird, so dass für Asien, Amerika und Afrika nur ein einziger Platz übrig bleiben könnte. Kandidaten wären hier vor allem der Libanon, Nigeria, Kamerun und die Dominikanische Republik.

Letztlich bleibt es wohl vor allem eine (sport)politische Entscheidung: Gibt es 2 oder 3 Plätze für den „alten Kontinent“? Rein sportlich keine Frage, aber bereits das gewählte System der Platzvergabe verdeutlicht, dass es darum allein nicht geht. Zusätzlich ist auch der Austragungsort selbst ein Problem. Die Türkei zählt zum Verband Europa und ist als Gastgeber direkt qualifiziert. 3 Wildcards für Europa würden die Zahl der Europäer auf 10 von 24 Teilnehmer hochschnellen lassen. Wie gesagt, sportlich durchaus gut zu rechtfertigen, sportpolitisch eher diffizil.

Deutschland könnte aber vielleicht der noch gemüsefachfrische Beko-Deal helfen. Der neue Namenssponsor der BBL ist gleichzeitig Hauptsponsor des Events WM 2010. Hinzu kommen natürlich noch andere partikuläre wirtschaftliche Interessen, Marketingaspekte, TV-Märkte, (Nicht)Beteiligung der nationalen NBA-Stars usw., usw. Sehr, sehr  viele Unwägbarkeiten also, die niemand von uns beeinflußen kann. Da bleibt nur die Hoffnung.

Nikolaus ist zwar explizit ein Fest für Kinder, aber meine ewig kindliche Freude über guten Basketball rechtfertigt es ganz sicher, dass ich frech bis hoffnungsfroh einen extrem kurzen Wunschzettel zum morgigen 6. Dezember geschrieben habe und tatsächlich, nach langen Jahren, heute Nacht meine (Turn)Schuhe wieder mal vor die Tür stellen werde.  Schließlich kommt der Nikolaus ja aus der heutigen Türkei und ich kenn mich allerbestens mit Wildcards aus ;-)

Also, Sneakerrausstellbefehl an Alle! (es müssen ja nicht gerade die neuen jordan dmp7 sein – falls doch, komm ich sie holen ;-) )

Lieber guter Nikolaus,
ich stell heut meine Sneaker raus.
Bitte tu ne Wildcard rein,
ich will auch (fast) immer artig sein!

16 Gedanken zu „Lieber, guter Nikolaus,… ich stell auch meine Sneaker raus!

  1. Der Basketbal gibt sich sowieso, egal wie die Entscheidung mit den Wildcards denn nun ausfällt, der Lächerlichkeit her. In welcher anderen Sportart werden denn ganze 4 (!!!) Plätze für eine Weltmeisterschaft per Wildacards vergeben!?! Das hat definitiv nichts mehr mit Sport zu tun!

    Die Sache wäre doch ganz einfach:

    1) Ein Qualifikationturnier entscheidet.
    2) Man hätte gleich festlegen können, dass die ersten 7 oder 8 der EM qualifiziert sind, die restlichen 2 Plätze nach Asien, Amerika und Afrika gehen.

    Es ist doch einfach nur noch lächerlich, dass wir überhaupt darüber spekulieren müssen, ob eine „Basketballnation“ wie Großbritannien, die in den letzten Jahrzehnten NICHTS erreicht hat, den Vorzug vor Nationen wie Litauen, Russland oder Deutschland bekommt.

    Schämt euch beim Weltverband!!!

  2. schöne zusammenfassung, leider bekomme ich den eindruck von der „bananenrepublik“ FIBA nicht aus dem kopf.
    die restplatzvergabe ist eines wichtigen sportlichen wettkampfes eigentlich unwürdig.
    leider ist das ganze heutzutage dennoch eher die norm denn der sonderfall.

    ps: reicht auch auf den balkon? hier in freiburg gibts keine guten sneakerdealer, da sind mir zuviele potentielle „laufkunden“ unterwegs :P

  3. Wenn die Fiba schon so eine Wildcardvergabe verbockt, in der alles andere als der Sport wichtig ist, wen wundert da noch die ganze Geschichte um die Wettmaffia.

  4. Mehr als auf den „Beko-Deal“ hoffe ich auf den Türkischen Tourismusverband. Gerade die haben ja in den letzten ein oder zwei Jahren kräftig in den Deutschen Werbemarkt investiert. Da wäre es doch sicher auch nicht unpraktisch, wenn jetzt bei einer WM in der Türkei auch in Deutschland man häufiger aus der Türkei berichtet. ;-)

    Schön ist die Sache mit den Wildcards nicht, aber es gibt sie nun mal. Sportlich haben es alle 4 Länder nicht verdient. Ob da ja jetzt Geld, TV Markt oder Leistung entscheidet ist mit egal. Wenn am Ende die Deutschen dabei sind ist es schön und ich freu mich. Wenn nicht, dann gibt es halt eine harte EM Quali. Kann auch interessant sein…

  5. Da sitzen wir ja nun schon ein wenig in der Zwickmühle. Sportlich verdient hat sich Deutschland den Platz nicht. Ein NBA-Star (Nowe) weiß noch nicht, ob er spielen will/kann/Darf, der andere ist naturalisiert und spielt auch nur, wenn Nowe will.

    Die Situation ist nicht schön. Und dass wir auf den Nikolaus hoffen, macht deutlich, wie klein die Chancen auf eine Wildcard sind, wenn man die Anforderungen der FIBA zugrunde legt:

    – Sporting aspects
    Rolle von BB in D? fail…
    Qualität und Results der nationalen Teams? fail… eingekaufte US-Liga, keine tollen europäischen Erfolge.

    – Economic aspects
    Kein Sender der EL, EuroCup und so zeigt…
    Wichtig für FIBAs Partner und Sponsoren? Ja, großer Markt…

    – Governance criteria
    immerhin keine Skandale… aber als Jordi-Fans auch nicht der FIBA Europe liebster Verband, oder?

    – Late registration fee
    Keine Ahnung ob die schon festgelegt ist, oder ob da letztlich eine Auktion am grünen Tisch stattfindet. Ein Punkt, über den man vortrefflich streiten kann. Doch ein Argument fehlt mir: Warum soll der DBB hunderttausende ins Einkaufen der WC stecken, wenn auf der anderen Seite die Jugendarbeit hierzulande eigentlich richtig viel Förderung bräuchte?

    • nunja das stimmt so auch nicht, mal ganz sportlich fair und ohne regionalverbandspolitik, etc. betrachtet, würden einfach die besten 24 teams der welt an der wm teilnehmen.
      darunter ist deutschland sicher.

      eher gen OSB:

      alternativ könnte man auch eine 5-/10/-/x-jahreswertung bemühen um so die konstant stärksten teams zu ermitteln(sozusagen die anti-1hit-wonder-versicherung) und dazu einige spots als quali ausspielen um auch aktuell starken ländern mit in der jüngeren vergangenheit deutlich schwächeren teams eine chance zu bieten…und…und…und…

      es gibt viele smarte lösungen den auswahlprozess fair/qualitativ-orientiert usw. zu gestalten, dennoch wählt man in der bananenrepublik leider den der politik und des geldes…

  6. Nagel trifft Kopf. Danke gruebler.

    Als ich den Blog schrieb, hatte ich mich bereits vor Ewigkeiten mit dem (sehr diskussionswuerdigen) Wildcardverfahren abgefunden, mir fuer das DBB-Team einen Platz gewuenscht und weiter nicht mehr drueber nachgedacht. Die seltsame Prozedur stand ja seit langem fest. In dieser komprimierten Form hat das aber jetzt wohl zu Recht nochmal etwas Staub aufgewirbelt – ganz gut so.

    Warum die FIBA ueberhaupt diesen Weg waehlt ist mir ein Raetsel. Vielleicht steh ich auch nur auf der Leitung. Der einzige Grund, der mir eingefallen ist, ist dass Teams nachnominiert werden koennen, die die Qualifikation via EM nicht schaffen, weil ihre Stars von der NBA nicht freigegeben wurden.

    Es ist schwierig. Geht man absolut rein sportlich vor und schaut sich die Ergebnisse der letzten Jahrzehnte an, dann muesste Europa deutlich mehr Plaetze haben, als jeder andere Kontinent. Aber das haben wir bereits und wieviel sind genug? Und muss/soll/darf/kann man den Sport an sich voellig ausser Acht lassen und z. B. Libanon einen Platz geben, „nur“ weil sie zu „Asien“ gehoeren und z. B. Deutschland dann keinen? Obwohl die Wahrscheinlichkeit recht hoch ist, dass D in einem Qualispiel gewinnen wuerde? Haben grosse und „reiche“ Laender nicht fast immer einen Vorteil? Darf oder muss man den ausgleichen? Darf man GB das Ticket geben, einfach um BB dort zu pushen? Klar darf man alles, weil man die FIBA ist, aber….
    Und warum sich die FIBA freiwillig in diese Lage begibt?!?

    Mir geht es ein wenig wie af4e: wenn der DBB den Platz erhaelt, freu ich mich total. Eine Gerechtigkeit im landlaeufigen Sinne kann es sowieso nicht geben, aber dafuer ist die FIBA verantwortlich und nicht der DBB. Und schon gar nicht Spieler und Fans.

    Das Argument mit der Jugendarbeit kam jetzt aber nochmal wie ein nasser, kalter Waschlappen im Gesicht an – einfach weil es leider so wahr ist.

    (Die „fee“ ist keine festgelegte Summe, soweit ich weiss. Jeder gibt was er kann ;-) )

  7. Ohne Nowe gäbe es diese Diskussion gar nicht.
    Generell wäre es wohl besser die WM aufzustocken. Das bringt aber den Nachteil, dass weniger WM-Veranstalter zur Verfügung stünden.

    Die Jugendarbeit in D und deren Unterfinanziertheit als Absagegrund für den DBB ist kein Argument. Die in Frage stehende Summe garantiert auch keinen zweiten Nowe, der uns die WM 2020 bringt.

    Wenn es allein die sportliche Klasse sein soll, die die Teilnahme der Deutschen rechtfertigt, dann brauchen wir uns um die EL- & EC-Teilnahmeberechtigung der BBL-Vertreter auch nicht
    mehr zu streiten. Die wäre dann auch mehr als fraglich.

    Was sagt denn das Wettgewerbe zu den deutschen WM-Aussichten??

  8. Na da haben sich die geputzten Sneaker doch gelohnt. Deutschland, Libanon, Litauen und Russland. Dennoch weiß ich immer noch nicht wirklich, was ich davon halten soll. Sollen wir uns nun alle aus Dankbarkeit BEKO-Geräte zulegen? Oder hoffen, dass sich die Deutschen bei dem Turnier nicht vollkommen blamieren.

  9. Ist denn da was wahres dran ist, dass der werte Herr Nikolaus in Hagen nicht nur an Käsebotten geschnüffelt, sondern dort in der Schwanenstr. 6 auch einen ominösen Aktenkoffer vorgefunden hat, mit dem er dann schnurstracks in Richtung Genf verschwunden ist?
    Wenn ja, glaube ich zu wissen, wer hinterm Nikolaus steckt… ;)

    • meine Frage kam vielleicht nicht ganz rüber…

      Hat der DBB nun tatsächlich 500.000 € für die WC hingeblättert?

      In den Medien wird ja darüber kein Wort verloren.

    • Ja, doch schon, sie kam rüber, aber mir fehlen noch die Kontoauszüge ;-)
      Das war es ja, was gruebler meinte, mit Beträgen, die man ggf. besser in andere Dinge investieren sollte/könnte. Wahrscheinlich stünden sie aber dafür nicht zur Verfügung.
      Wenn Dir mein Raten genug ist, dann schätze ich, daß es mindestens so viel war.

      -Litauen nennt aktuell genau diese Summe
      – bei der letzten WM waren es angeblich bei anderen Ländern 1.5 Mio (€/$ ?)
      – Bei dieser WM gab es zudem viel mehr Bewerber, nämlich 17 (!) daher wohl kaum günstiger.
      – DBB weniger als Litauen? Eher sehr unwahrscheinlich.
      – vielleicht erfährt man ja die nächsten Tage noch etwas (Sponsoren?)

      Aber wie gesagt, reines Lesen der Kaffeesurrogatextraktreste in meiner ungespülten Tasse von heut früh.

  10. Hier wird es nun besonders interessant. Während auf der DBB-Seite, in Interviews und in der Süddeutschen alles noch ein wenig nach Konjunktiv klang mit DN, liest sich das hier doch ganz anders, nämlich guaranted (hoffentlich nicht guaransheed ;-) ):
    http://www.fiba.com/pages/eng/fc/news/lateNews/p/newsid/37794/arti.html
    Auch die Erklärungen zum Libanon und die Zukunftspläne sind lesenswert.

    Weiteres Futter:
    http://www.fiba.com/pages/eng/fc/news/lateNews/arti.asp?newsid=37782

    und ne coole Riesenposterkampagne um Herrn Briant & Co.:
    http://www.fiba.com/pages/eng/fe/10/fwc/men/v2/photos/p/eid/4728/gcid/46/lid//rid//sid/4728/gallery.html

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