Abstiegsregelungen und ihre Geschichte

Ein Aufschrei geht um in der Liga. Der Aufschrei, dass im Falle eines Gießener Rückzuges der sechzehnte und der siebzehnte absteigen (hier die Braunschweiger Zeitung und länger die Frankfurter Rundschau bzw. dpa via sueddeutsche).

Bei mir löst dies nur Kopfschütteln aus. Denn der Wortlaut der Ausschreibung ist für den Wettbewerb 2012/13 ist ergreifend klar und lässt keinen Zweifel: Die beiden Clubs, die nach der Abschlusstabelle auf den letzten Plätzen stehen, steigen ab (Ziffer 5.3 der Ausschreibung). Die Abschlusstabelle wird ohne die Clubs gebildet, die zuvor auf das Teilnahmerecht verzichtet haben, denn diese werden – wörtlich – nicht mehr in der Tabelle geführt (§ 16 Abs. 2 der Spielordnung). Platt formuliert: Wenn drei Clubs zurückziehen würden, dann würde der 14. und 15. sportlich absteigen.

Niemand will es heute gewesen sein, der nach bzw. im Sommer 2009 die Regelungen in dieser Form präzisierte. Denn die Situation ist nicht neu, erschreckend ist nur, wie kurz das Gedächtnis der Manager, der Wolfgang Heyders und Oliver Brauns ist, die schon damals an den grünen Tischen saßen. Denn es begab sich im Jahre 2009, dass sich die Nördlinger zurückzogen und man gerade einen Absteiger – zufälligerweise übrigens Gießen – nicht am grünen Tisch retten wollte. Damals war der Wortlaut der Regeln noch zweideutig. Ich vertrat mit Verve die Auffassung, dass freiwilliger Rückzug Abstieg bedeute und die Regel, dass es zwei Absteiger gibt, eben nicht zum Abstieg von drei Clubs führen konnte. Die Liga sah es bekanntlich anders und taktierte klug: Es gab drei Absteiger, Gießen zog vor’s Schiedsgericht und verlor dort. Naja, jedenfalls gab’s im Anschluss die Wildcard für die Mittelhessen und Cash für die Liga. Natürlich gab es Besonderheiten, aber liebe Manager und Präsidenten, das ist eure Liga. Ihr seid diejenigen, die die Normen setzen. Den Mist, der euch so überrascht, den habt ihr euch selbst eingebrockt.*

Damit aber dieser Worst Case, ein Abstieg des Tabellensechzenten, nicht passiert, hat die Liga Geld beiseite gelegt. Rettungsfonds wird es genannt,  Sicherungsfonds heißt es.  Wenn Clubs in Zahlungsschwierigkeiten zu geraten drohen, können sie die Liga anpumpen. Auch das ist etwa in gleicher Zeit entstanden. Voraussetzung ist allerdings, dass der Club noch nicht Insolvenz angemeldet hat… Da sich aber der Gießener Geschäftsführer für den möglichen aber nicht zwingenden Insolvenzantrag wegen drohender Zahlungsfähigkeit (vorläufige Insolvenzanträge (via DerWesten) gibt es auch in Gießen nicht) entschieden hat, statt mit der Liga zu reden und sich dort die Luft zu verschaffen, ist es halt doof gelaufen und wird nochmal spannend. Man kann sich seine Sandkastenfreunde im Spielbetrieb der BBL eben nicht aussuchen…

Es war aber auch bequem in den letzten Jahren so ohne Aufsteiger, mit Absteigern, die früh aus wirtschaftlichen Gründen klar waren und mit Wildcards für alle, die zwar wirtschaftlich aber nicht sportlich überlebt hatten. Doch ist es nicht gerade der sportliche Wettbewerb um den Klassenerhalt mit der echten Gefahr des Abstiegs, das was den Reiz der Liga ausmacht? Oder liebe Manager, flucht ihr grad nur, weil ihr jüngst noch beschlossen habt, den Preis der Wildcard auf ne Viertelmillion raufgesetzt habt?

2 Gedanken zu „Abstiegsregelungen und ihre Geschichte

  1. Ich finde die Ligafinanzierung via Wildcard immer noch ein Unding. Jede Wildcard ist ein Imageverlust für die BBL. Dass man sich den bezahlen lässt, ok – aber dass man die Statuten so gestaltet, dass dieser Fall möglichst oft eintritt, ist selbstauferlegter Ballast auf dem Weg zu der professionellen Liga, die mann gerne wäre. Einen closed shop will ja hoffentlich niemand mehr. Also muss die Auf- und Abstiegsregelung mit Leben gefuellt werden. Wir brauchen eine klare Priorisierung, in welcher Reihenfolge freibleibende Plaetze aufgefuellt werden. Imho waere dies: beste Absteiger vor besten Nichtaufsteigern mit Lizenz vor Wildcard. Irgendwo bei den besten Nichtaufsteigern könnte ein cut sein, ab dem die BBL einen potenten Wildcardkandidaten vorziehen kann.

    Wenn es dann immer noch eine Wildcard gibt, sollten die Einnahmen zweckgebunden für die Reduzierung der Kluft zwischen BBL und Pro A eingesetzt werden. Die Mittel koennten zweckgebunden für Infrastruktur, Individualtrainer, Schulprogramme o. Ä. Verwendet werden, nur eben nicht direkt für den Teametat. Das könnte eine Ausschüttung an die Pro A Teams sein, an die dortigen Playoffteilnehmer oder auch an die BBL-Absteiger sein. Imho sind nämlich nicht die fehlenden Aufsteiger das Problem – denn über die Hälfte der Teams und der Wahrscheinlichen Playoffteilnehmer sind Aufsteiger der letzten zehn oder zwölf Jahre. Aber leider sind die Absteiger oft erstmal viel weiter nach unten durchgereicht worden, als nur in die zweite Liga. Das führt dazu, dass zu viele Zweitligateams Strukturen erstmal aufbauen müssen, anstatt sie angemessen zu bewahren.

    Alternativ könnte die Wildcardgebühr auch in eine Einlage umgewandelt werden, die regulär bei vollzogenem Abstieg Rückerstattet wird, oder eben im Insolvenzfall als Masse dient. BASEL III wuerde damit auch an Schrecken verlieren.

  2. Danke, gruebler, für die Zusammenfassung der Regelungen.
    Ich finde aber, daß ein Aspekt noch nicht beleuchtet wurde, der eventuell doch etwas Sinn in die ganze Sache bringt. Wenn zwei Teams vorfristig zurück ziehen, entfällt damit der sportliche Abstieg, vor allem aber der Abstiegskampf! Abstiegskampf ist nicht nur ein sportlicher sondern auch finanzieller Aspekt. Abstiegskampf elektriziert und mobilisiert die Massen! Spiele um die „goldene Ananas“ – im worst case über viele, viele Wochen, bewegen nichts und niemanden.
    Zweiter Punkt: Wettbewerbsverzerrung durch Wegfall des Wettbewerbs! Ist es nicht denkbar, daß einige Vereine, die sich keine realistischen Chancen auf die Playoffs machen, aber gleichzeitig – dank zweier Rückzieher – auch nicht absteigen können, mehrere Wochen vor Saisonende einige teure Spieler entlassen und „dem Nachwuchs eine Chance geben“ *hust*? Welche Relevanz hat es noch, ob man 10. oder 16. wird? Die Teams, die in der Hinrunde gegen so ein damals noch komplettes Team X Punkte verloren haben, werden sich „bedanken“, wenn die direkten Konkurrenten gegen ein nur noch halbes Team X in der Rückrunde leichte Punkte holt.
    Vielleicht sind das ganz gute Argumente dafür, einen Abstiegskampf in jedem Fall zu gewährleisten. Kann aber natürlich auch sein, daß die BBL, so wie hier vermutet, einfach nur geldgeil ist ;-).

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