Ich rege mich grad über Quote und Co. auf und hab es dabei verpennt, mich rechtzeitig über die Euroleague-Quali-Gegner schlau zu machen. Aber zum Glück gibt es ja Blogger, die da den ganzen Sommer auf dem Laufenden bleiben. robbe ist mit in-the-game.org einer davon. Daher aus seiner Feder nun die Vorschau auf ALBAs Quali-Gegner Le Mans Sarthe Basket.
Klub: Der 1939 gegründete Klub wurde zuletzt 2006 Meister – der vierte Meistertitel der Vereinsgeschichte – und erhielt daraufhin einen Euroleague-Teilnahmevertrag über drei Jahre, welcher mit Ende der vergangenen Saison auslief. Von einer „winning culture“ zu sprechen wäre dabei übertrieben, so gewannen die Franzosen lediglich 8 von insgesamt 38 Euroleague-Spielen der vergangenen drei Spielzeiten, und scheiterten jeweils bereits in der ersten Runde. Jüngster Kluberfolg ist der französische Cup-Titel 2009, während man in der Meisterschaft im Playoff-Halbfinale am späteren Zweiten Orléans scheiterte. Le Mans Sarthe Basket, abgekürzt MSB, richtet seine Heimspiele in der 6.003 Zuschauer fassenden Arena Antarès aus. 4840 Zuschauer kamen im Schnitt zu den fünf Euroleague-Heimspielen der vergangenen Saison, was einer Auslastung von 80,6 Prozent entspricht. Mit einem Gesamtetat von 4,941 Millionen Euro [nachzulesen in den offiziellen Berichten der LNB] gehört MSB zu den finanzkräftigsten französischen Basketballklubs.
Trainer: JD Jackson ist eine Rarität im europäischen Basketball: Ein nicht-europäischer Euroleague-Headcoach. Der Kanadier übernahm im Sommer 2008 die schwere Bürde der Nachfolge der zu ASVEL Villeurbanne abgewanderten Klublegende Vincent Collet [sieben Jahre Spieler und acht Jahre Cheftrainer in Le Mans, sowie aktueller französischer Nationaltrainer]. Der 40-jährige Jackson, selber MSB-Akteur von 1999 bis 2006, gilt als Players‘ Coach.
Spielerkader: Aus der Rotation der vergangenen Saison verbleiben drei Starter – Shooting Guard Dewarick Spencer, Small Forward Maleye N’Doye, und Center JP Batista – sowie ein weiterer wichtiger Rollenspieler, Jungstar Antoine Diot als Backup auf der Eins. Neu sind Point Guard Zack Wright und Comboforward Marc Salyers als Starter sowie Power Forward Thierry Rupert und der 4/5er Guillaume Yango als Rollenspieler von der Bank. Diese Spieler formen die voraussichtliche Achterrotation des französischen Pokalsiegers, die unter Umständen vom jungen Swingman Charles Lombahé-Kahudi ergänzt wird. Wichtigste Abgänge sind Alain Koffi [Joventut], Bobby Dixon [ASVEL], und David Bluthenthal [Maccabi Tel Aviv].
PG Zack Wright |
PG Antoine Diot |
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SG Dewarick Spencer | ||
SF/SG Maleye N’Doye | SF/SG Charles Lombahé-Kahudi |
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PF/SF Marc Salyers | PF Thierry Rupert |
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C JP Batista | PF/C Guillaume Yango | C Negueba Samake |
Das Herz des Teams ist ohne Frage das Duo Spencer-Salyers, das bereits 2007 die französische Meisterschaft gewann, damals noch in Diensten von Chorale Roanne. Beide wurden infolgedessen mit Angeboten aus dem europäischen Ausland überhäuft, doch während Spencer einen lukrativen Vertrag bei Virtus Bologna unterschrieb, entschied sich Salyers für ein weiteres Jahr in Roanne, und damit für die Euroleague, wo er anschließend mit 21.8 Punkten pro Spiel die Alphonso Ford-Topscorer-Trophäe gewann. Spencer wurde währenddessen trotz starker Statistiken von Virtus Bologna entlassen und spielte die Spielzeit 07/08 bei Efes Pilsen Istanbul zu Ende, das sich mitten in der Saison von drei ausländischen Schlüsselspielern getrennt hatte. Im Sommer 2008 wechselte Spencer nach Le Mans, während Salyers für viel Geld bei Azovmash Mariupol unterschrieb und anschließend ein Jahr nach Spencer nach einer völlig verkorksten Saison in der unattraktiven ukrainischen Liga inklusive ausbleibenden Gehaltszahlungen und Entlassung im Dezember zurück nach Frankreich wechselt.
Spencer ist ein multitalentierter Shooting Guard mit sicherem Ballhandling, einem tödlichen Schuss von jenseits der Drei-Punkte-Linie, starken Scoring-Fähigkeiten beim Drive und solidem Pick and Roll-Passspiel. Warum schafft ein solch talentierter Spieler nicht den Durchbruch in einer europäischen Topliga? A) Fehlende Konstanz, B) erbarmt sich selten dazu, Defense zu spielen, C) braucht den Ball ständig in seinen Händen, D) Schussauswahl ist bisweilen fragwürdig.
Salyers, ein Comboforward der seine Stärken in Europa am effektivsten auf der Vier ausspielen kann, besticht durch überdurchschnittliche Athletik, einen blitzsauberen Wurf, und den ein oder anderen Lowpost-Move. Salyers gilt als Playboy, und damit ist nicht das Hochglanzblättchen gemeint, für das sich seine Freundin Chera Leigh regelmäßig auszieht. Er gefällt sich in der Rolle des Stars, was ihn für Fans und Medien interessant macht. Gleichzeitig fehlt ihm aber der absolute Wille, den schwierigeren Weg zu gehen und sich bei stärkeren Clubs durchzusetzen. Dementsprechend liest sich auch seine Vita: Topklubs haben sich nie an ihm versucht. Und/oder umgekehrt.
Während der Brettcenter JP Batista und der unterschätzte Alleskönner auf der Drei, Maleye N’Doye, solide Leistung bringen werden, muss man Point Guard Zack Wright als X-Faktor kategorisieren. Wright ist als „Pro B Spieler des Jahres 2008“ im Diensten der SG Braunschweig in Deutschland kein Unbekannter. Der Saison in Braunschweig folgte ein großer Sprung in die erste französische Liga zu Elan Chalon, wo er herausragende Allroundstatistiken – 11.9 Punkte, 5.9 Rebounds, 6.3 Assists [#3 der Liga] und 2.5 Steals [#1 der Liga] – auftischte. Eine Schwäche des Spielmachers ist der Sprungwurf, aber auch die zuweilen wilde Spielweise könnte auf höherem Level auf wenig Gegenliebe stoßen. Dennoch ist er ohne Frage ein toller Passgeber, der mit seiner unglaublichen Geschwindigkeit das Transition-Game ankurbelt.
Der 1989 geborene Antoine Diot, MVP der U16-Europameisterschaft 2005, ist eines der größten französischen Basketballtalente. Diot kommt frisch von der Europameisterschaft in Polen, wo er als Backup von Tony Parker 5.1 Punkte pro Spiel auflegte und seine insgesamt starke EM mit 18 Punkten im Spiel um Platz 5 gegen Kroatien krönte. Seine große Stärke ist das Passen, besonders im Pick and Roll, er ist durchaus athletisch, und hat seinen Wurf über die Jahre konstant verbessert. Bei MSB wird Diot sowohl als Backup für als auch neben Zack Wright zum Einsatz kommen.
Abgerundet wird die Rotation durch Thierry Rupert, einem der stärksten französischen Big Man Verteidiger dieses Jahrzehnts, und C/PF Guillaume Yango, einem Wandervogel, der nach Spielzeiten in den USA [College], Italien und Griechenland nun mit 27 Jahren erstmals in seinem Heimatland als Profi Station macht. Der aus Dijon verpflichtete SG/SF Charles Lombahé-Kahudi kann ebenfalls aushelfen, was in den Euroleague-Qualifikationsspielen allerdings nicht zu erwarten ist.
Spielstil: Le Mans wird athletisch verteidigen, zuweilen auf den Ballgewinn spekulieren, und immer wieder versuchen das Spiel schnell zu machen. Point Guard Zack Wright drückt mächtig auf das Tempo. Das Side Pick and Roll mit Spencer als Ballhandler war in der vergangenen Saison wichtigstes Element im Offensivspiel der Franzosen, wahrscheinlich, dass es sich diese Saison ähnlich verhält.
Anmerkungen: A) Am 25. September, vier Tage vor dem Euroleague-Qualifikations-Hinspiel, findet das französische „Match des Champions“ statt, das Pre-Season-Treffen zwischen Meister und Pokalsieger. Kein wirklich prestigeträchtiger Titel, aber dennoch ein ernster Test für MSB gegen das Team aus Lyon, das in dieser Saison mit Curtis Borchardt und Mindaugas Lukauskis schwere Geschütze auffährt. B) Die Klubwebsite MSB.fr besitzt eine eigene Videosektion mit zahlreichen Spielzusammenfassungen aus der vergangenen Saison.
Wer mehr von robbe lesen will, sollte regelmäßig auf in-the-game.org vorbeischauen.
Und als Nachtrag noch eine Teamvorstellung aus dem französischen Fernsehen.
hey Gruebler, da brauchst du dich doch nicht entschuldigen. Ist doch großartig, robbes‘ Analysen auch hier lesen zu können. Also nettes (exklusives?) feature. :)
Rezept zum Spiel:
Also Athletik, Tempo und Firepower zeichnen MSB aus. Wenn Alba sich nicht überrennen lassen will, müssen turnover vermieden und eine gute transition gelaufen werden. Dann braucht man ein funktionierendes Teamwork beim Stellungsspiel im Kampf um den Rebound; Tempokontrolle und MSB ins Setplay zwingen; keine freien Dreier zulassen und vorne die Erfahrung von Sekulic und Bajramovic ausspielen. Das ganze eine Woche ziehen lassen und dann das ganze nochmal als eine zweite Schicht oben drauf… und fertig ist schonmal der Boden für die EL-Torte.
oh, hab beim chefkoch nochmal nachgelesen….statt einer Woche müssen drei Tage reichen.
Ja, das wäre ideal. Le Mans würde ich mal als extrem unbequemen Gegner einschätzten, gerade in so einer kurzen K.O.-Runde, wo schon zwei richtig schlechte Viertel das Aus bedeuten können. Über eine komplette Saison ist ALBA m.M.n. das deutlich bessere Team.
Ich drück Euch jedenfalls beide Daumen.
Quote: Mit einem Gesamtetat von 4,941 Millionen Euro [nachzulesen in den offiziellen Berichten der LNB] gehört MSB zu den finanzkräftigsten französischen Basketballklubs.
das stimmt, der Bericht gibt aber auch her, wieviel von den 4.9mio€ für Spieler Gehälter benutzt werden, und das sind „nur“ 1.294millionen
Ausserdem (offtopic) kann man in dem Bericht lesen, dass das durchschnittliche Spielergehalt in der ProA in Frankreich 9761€ brutto beträgt. Alle Spielergehälter liegen zwischen (2500€ Mindestlohn und 26395€).
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