Gastbeitrag: The ‘Melo-Drama is finally over, or is it?

Knicks Cheerleaders

NY City Dancers. (c) the_junes via flickr

Anlässlich des Carmelo Anthony-Deals freuen wir uns über einen Gastbeitrag unseres Lesers  sc-fitZel:

Normalerweise widmen sich die Autoren auf gruebelei.de dem europäischen und vor allem dem deutschen Basketball. Es erfordert also schon ein mehr oder weniger bedeutendes Ereignis, dass hier im Blog der Blick über den Atlantik auf die NBA wandert. Gerade einmal vierzehn Beiträge, die sich im weitesten Sinne mit der stärksten Basketball-Liga der Welt befassen, habe ich gezählt. Warum sollte also ausgerechnet ein Trade, also ein Spielertausch, Grund dafür sich, dass ich mich hier erstmals als Gastblogger betätige? Ich bin Fan der New York Knicks. Ich habe nachts mitgefiebert, als Patrick Ewing, John Starks und Charles Oakley um den Einzug in die NBA Finals 1994 gekämpft haben. Ich habe mitgelitten, wenn die Mannschaft Jahr für Jahr an Michael Jordans Chicago Bulls scheiterte. Und ich bin den Knicks treu geblieben bis heute. Auch als sie im Jahr 2000 – die New York Knicks tradeten ihren Star-Center Patrick Ewing zu den Seattle Supersonics – im Mittelmaß der Atlantik-Division versanken und allenfalls abseits des Basketballfeldes Schlagzeilen machten. Vom einstigen Mekka des Basketballs blieben nur noch verblichene Erinnerungen.

Erst vor Beginn dieser Saison waren erste Zeichen eines wirklichen Neuanfangs bei den Knicks und damit auch in New York zu erkennen. Amar‘e Stoudemire hatte sich entschieden als Free Agent nach New York zu kommen und erklärte: „The Knicks are back!“ Außerdem war es gelungen eine Reihe vielversprechender Nachwuchsspieler nach New York zu lotsen, nachdem in den Jahren zuvor häufig auf teure Altstars gesetzt worden war. Den eigentlichen Hauptgewinn der Offseason hatten die Knicks aber verpasst. Lebron James entschied sich seine Zelte statt in New York lieber im sonnigen Miami aufzuschlagen und mit Dwane Wade und Chris Bosh, die Big Three zu bilden.

Anfang der Saison 2011 konnten die Knicks also zwar wieder einen legitimen Superstar aufbieten. Mit ihm auf dem Parket standen aber Spieler, die eher unbekannte Größen darstellten. Als Point Guard hatte man Raymond Felton verpflichtet, eher ein Spielmacher der zweiten oder dritten Garde. Auf der Center-Position setzte man auf Ronny Turiaf, eher ein passabler Bankspieler und einen weitgehend unbekannten Russen: Timofey Mozgov. Als Shooting Guard lief überraschend zumeist der Rookie Landry Fields auf, der in der Zweiten Runde des NBA Drafts an 39. Stelle ausgewählt wurde. Einzig auf der Small Forward Position fanden sich mit Danilo Gallinari und Wilson Chandler zwei Spieler, denen mal das Potential zuschrieb, sich zu einem Star in der NBA zu entwickeln. Es war also nicht ohne weiteres klar, dass die Leidenszeit für die Fans der New York Knicks beendet sein würde. Doch nach einigen Anlaufschwierigkeiten, gelang es der neu zusammengestellten Mannschaft schnell, die Massen in New York wieder für Basketball im Madison Square Garden zu begeistern. Basketball war in der Tat zurück In New York City.

Mit der Verpflichtung von Amar’e Stoudemire wurde der Grundstein für eine neue Ära in New York gelegt. Heute wurde offiziell (Quellen), dass den New York Knicks eine weitere spektakuläre Verpflichtung gelungen ist: Carmelo Anthony wird ein Knickerbocker. Bereits letzten Sommer gab es erste Gerüchte, dass Carmelo Anthony, der sicher zu den profiliertesten Scorern der Liga gehört, in Zukunft am liebsten in New York Basketball spielen würde. Anthony kommt aus der Bronx und auch seine Frau stammt aus New York. Auf seiner Hochzeit sollen er und Chris Paul, Point Guard der New Orleans Hornets, erklärt haben, sie werden mit Stoudemire ihre eigenen „Big Three“ bilden, um es mit Lebron und Co. in Miami aufnehmen zu können. Heute hat die Saga aus Wechselgerüchten von Anthony nach New Jersey, auch die dort ansässigen Nets waren an Melo interessiert, oder New York also zu Ende. Auch wenn er offiziell noch kein Knick ist, scheint doch alles in trockenen Tüchern. Und der Trade ist ohne Zweifel, das was die amerikanische Sportpresse so gerne einen Blockbuster nennt: 12 Spieler, 3 Draft pics und 6 Mio. US-Dollar wechseln die Vereine.

New York Knicks
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Denver Nuggets 

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Minnesota Timberwolves 

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F Carmelo Anthony (from Den.) F Wilson Chandler (from NY) C Eddy Curry (from NY)
G Chauncey Billups (from Den.) F Danilo Gallinari (from NY) F Anthony Randolff (from NY)
G Anthony Carter (from Den.) C Timofey Mozgov (from NY) $ 3 Mio. in cash (from NY)
F Renaldo Balkman (from Den.) G Raymond Felton (from NY)
C Shelden Williams (from Den.) $ 3 Mio. in cash (from NY)
G/F Corey Brewer (from Minn.) 2014 1st Round Pic (from NY)
2012 2nd Round Pic (from NY)
2013 2nd Round Pic (from NY)

Bevor ich mich hier dem Trade im Detail widmen werde, ein kleiner Eindruck wozu Melo offensiv fähig ist:

Die Knicks haben also ihren zweiten Superstar. Aber haben sie auch ein gutes Geschäft (die NBA betrachtet Spieler allzu oft nur als Wirtschaftsgüter) gemacht? Oder haben sie einen zu hohen Preis bezahlt, weil sie unbedingt ihren Mann bekommen wollten? Sicherlich die Knicks mussten einen hohen Preis für Anthony zahlen. Eine ganze Reihe talentierter junger Spieler sitzen jetzt auf gepackten Koffern Richtung Denver. Mit Wilson Chandler konnten sich die Nuggets einen vielversprechenden Small Forward sichern, quasi Carmelo Anthony light. Chandler hat diese Saison bewiesen, dass er mit seinem vielseitigen Spiel jeder Mannschaft weiterhelfen kann. Er stellt sicher einen herben Verlust für die Knicks dar. Außerdem wird Danilo Gallinari nach Denver geschickt. Der Rooster, wie in den USA bekannt ist, ist mit seinen 22 Jahren bereits einer der gefürchtetsten Distanzschützen. Wohl aber auch keiner der neben Amar’e zum zweiten Superstar hätte heranreifen können, sondern eher ein Rollenspieler der Freiräume nutzt, die andere für ihn schaffen. Timofey Mozgov ist das, was man in den USA gemeinhin als Project bezeichnet. Auf die Frage, warum die Knicks trotzdem solange zögerten, ihn an die Nuggets zu transferieren, gibt es nur eine Anwort: „You can’t teach hight!“ Mozgov ist 2,16 m lang. Raymond Felton schließlich hat in der ersten Saisonhälfte bewiesen, dass er durchaus das Zeug zum Starting Point Guard hat (@off-topic: Es ist ja gar nicht so leicht einen tauglichen Point Guarf zu finden.). Gerade im Pick-n-Roll mit Stoudemire wusste er regelmäßig zu überzeugen. Also eine ganz schön dickes Packet, was die Knicks schnüren mussten, um Carmelo in den Big Apple zu lotsen.

Dafür erhalten die Knicks aber auch eine hochwertige Gegenleistung. Carmelo Anthony ist das Total Package. Diese Saison legt er im Durchschnitt 25 Punkte, 7 Rebounds und 3 Assists pro Partie hin. Eine mehr als ordentliche Leistung. Es sollte ihm also durchaus gelingen Chandler und Gallinaro auf der Small Forward Position vergessen zu machen. Kritiker werfen Anthony zwar immer wieder und nicht ohne Grund vor, er würde das Spiel seiner Mannschaft unnötig langsam machen; er sei ein sog Ball-hog (vgl. Wright, Rashad). Außerdem würde er zu viele (schlechte) Schüsse nehmen. Auch wenn dies nicht von der Hand zu weisen ist, ändert dies nichts daran, dass Anthony in der Lange ist jederzeit ein Spiel im Alleingang zu entscheiden. Und gerade in der sog. Crunch time wird der Gegner kaum oder gar keine guten Schüsse zulassen, sodass man Spieler wie Anthony braucht, die eben auch die schwierigen Würfe reinmachen. Gerade unter diesem Gesichtspunkt stellt Anthony eine dringend erforderliche Entlastung für Stoudemire dar, der sich in engen Partien regelmäßig mit Double oder sogar Triple Teams konfrontiert sah. Mit Chancey Billups erhalten die New York Knicks außerdem einen aus vielen Playoff-Partien kampferprobten Point Guard, der zumindest kurzfristig, die Lücke die Raymond Felton auf der Eins hinterlassen hat, füllen kann. Mit 34 Jahren gehört ihm aber sicher nicht mehr die Zukunft. Die restlichen Spieler, die aus Denver nach New York wechseln, darf man getrost als Busfahrer bezeichnen, auch wenn die Teams in den USA meistens fliegen.

Betrachtet man die ersten Reaktionen von Fans und Experten (think: Netzer, Günther), gewinnt man den Eindruck, die Knicks hätte zu viel geopfert, um ihre Finger an Carmelo Anthony zu bekommen. Allerdings scheinen viele dieser sog. Experten explizit oder implizit davon auszugehen, dass Anthony spätestens im Sommer als Free Agent nach New York gewechselt wäre, was die Knicks dann zwar viel Geld, aber keine Spieler gekostet hätte. Diese Annahme ist so aber nicht haltbar: Erstens glaubt wohl kein vernünftiger Mensch, dass Anthony auf seine 65 Mio. Dollar verzichtet hätte (der Tarifvertrag der NBA läuft diese Saison bekanntlich aus und es gilt als sicher, dass die Spieler in Zukunft weniger verdienen werden). Zweitens hätten die Knicks auch bei dieser Variante Spieler verloren. So hätten sie etwa ihre Rechte an Wilson Chandler aufgeben müssen, um sich Anthony überhaupt leisten zu können (in der NBA gibt es ein Salary Cap, das die Ausgeglichenheit der Liga gewährleisten soll). Drittens wird sich noch so mancher Knicks-Fan daran erinnern, dass nicht jeder Free Agent zwingend nach New York will (vgl. James, Lebron). Auch hier gilt also, lieber der Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach. Die Knicks haben zwar ihren talentierten Nukleus auseinanderreißen, aber dafür haben sie auch einen der vielleicht 15 besten Spieler der Welt bekommen. Sie haben jetzt zwei All Stars und können sich nun berechtigte Hoffnungen darauf machen, für weitere Spieler ein attraktiver Arbeitgeber zu sein. Das nächste große Free Agent Derby steht 2012 schon wieder an mit Chris Paul, Deron Williams und Dwight Howard als Hauptgewinnen.

Außerdem tauschen die New York Knicks Eddy Curry, einen hoch talentierten aber auch faulen und übergewichtigen Center und Anthony Randolff, einen hochveranlagten aber inkonstanten Forward gegen Corey Brewer von den Minnesota Timberwolves, einen ebenso talentierten aber unkonstanten Swingman, also einen Spieler, der als Guard und Forward eingesetzt werden kann. Ob Brewer jedoch jemals das Trikot der Knicks tragen wird, ist noch unklar. Die New York Times berichtet, dass die Knicks bemüht sind, den Spieler direkt wieder abzugeben. Bei all der Melo-Mania sicher nur ein Nebenschauplatz.

Sind die Knicks jetzt also ein besseres Team und vielleicht sogar ein Titelanwärter? Ein Titelanwärter sicher nicht. Den Knicks fehlt eine entscheidende Komponente, die einen Titelanwärter meiner Meinung nach auszeichnet (und Svetislav Pesic wird mir sicher zustimmen): Gute Defense! Auch schon vor dem Trade waren die Knicks defensive eher eine durchschnittlich Mannschaft. Und jetzt habe sie mit Felton und Chandler zwei ihrer wenigen guten Verteidiger abgegeben und ihre Verteidigung damit weiter geschwächt. Nicht dass Anthony nicht in der Lage wäre, gute Defense zu spielen; das hat er gegen Kobe Bryant in der Playoffs Serie 2009 eindrucksvoll bewiesen. Leider hat er dazu nur sehr selten Lust. Auch nach dem Trade sind die Knicks aber jederzeit in der Lage jeden Gegner aus der sprichwörtlichen Halle zu schießen. Damit können sie dem ein oder anderen Favoriten vielleicht ein Bein stellen, sobald sich Anthony und Billups in Coach Mike D’Antoni’s System zu Recht gefunden haben. Normalerweise kein einfaches Unterfangen, Anthony und Billups kennen das System aber schon aus der gemeinsamen Zeit beim Team USA. Kurzfristig stehen die Knicks also zumindest nicht schlechter da. Mittelfristig habe sie aber die Chance eine Mannschaft zusammenzustellen, die in die Phalanx von Miami Heat, Boston Celtics, Orlando Magics und Chicago Bulls einbrechen kann. Von ganz entscheidender Bedeutung kann in diesem Zusammenhang ein häufig übersehenes Details beim aktuellen Trade werden. Nämlich ein Spieler den die Knick gerade nicht abgegeben haben: Landry Fields, der häufig unterschätzte und übersehene Shooting Guard von der Stanford University. Ein Spieler der bereits jetzt die Drecksarbeit macht (über 7 Rebounds pro Partie als Guard) und als sog. Glue-Guy in jeder erfolgreichen Mannschaft unersetzlich ist. Für mich war Fields neben Stoudemire und jetzt Anthony der einzige Spieler, der untouchable ist. Wenn ich mich jetzt also festlegen müsste, würde ich den Knicks eine 2+ geben.

In diesem Sinne bleibt mir nur noch zu sagen:

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2 Gedanken zu „Gastbeitrag: The ‘Melo-Drama is finally over, or is it?

  1. Da haben sich die Nets ja einen schönen Trostpreis geangelt … Deron Williams wechselt im Tausch gegen Derrick Favors, Devin Harris und zwei Draft Picks nach New Jersey. Endlich hat also auch der Russe seinen Superstar und was für einen: Deron Williams ist meiner bescheidenden Meinung nach der zur Zeit beste Point Guard in der NBA und wahrscheinlich weltweit. Die Eastern Conference rüstet ganz schön auf … Bring it on!

  2. Pingback: Bloggeburtstag: Die Gruebelei wird zwei « gruebelei.de – Ansichten eines Basketballfans

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