Heute ist schon der Tag der Halbfinals. Es geht alles so irre schnell. Vor ein paar Tagen noch in Vilnius in der Zwischenrunde gebangt, sind plötzlich nur noch 4 Teams im Rennen – und heute Nacht gegen 23 Uhr Ortszeit stehen bereits die 2 Finalisten fest. Nur Spanien, FYRO Mazedonien, Frankreich und Russland sind noch übrig und kämpfen gleich um den Einzug ins sonntägliche Finale. Und ich möchte an dieser Stelle noch einmal der FIBA Europe widersprechen. Ich halte die EM mit 24 Teams nichtfür einen großen Erfolg. Das ist einfach Augenwischerei, sorry. Man kann sagen, was man will, aber 24 statt 16 Mannschaften und 5
Vorrundenspiele in 6 Tagen sind definitiv zu viel. Viele der guten Spieler sahen in den Viertelfinals (nach noch 3 weiteren Spielen) bereits richtig deftig platt aus und hatten noch 3 Spiele vor sich. Dieser aufgeblähte Modus ist sportlich gesehen total grober Unfug und gehört dringend wieder abgeschafft. Interessieren wird das niemanden der Sportfunktionäre und -politiker. Dann darf man sich aber auch nicht wundern, wenn einige Teams Spiele abschenken, Stars aussetzen lassen oder schonen oder einfach nur aus körperlicher Erschöpfung heraus schlecht bzw. schlechter spielen. als sie könnten. Ganze wahnwitzige 11 Spiele in nur 18 Tagen muss man absolvieren unter den Topmannschaften. Das ist schlicht und ergreifend zu viel.
Nach kurzer Schockstarre und einem Tag Trauer ging es gestern hier eigentlich schon unvermindert weiter mit der Basketballparty. Litauen holte sich den so wichtigen Sieg ganz, ganz knapp gegen Slowenien und ist nun schon für die Olympiaquali gesetzt. Zudem erklärte man gestern auf seiten des litauischen Verbandes gleich trotzig, man wolle unbedingt das Olympiaqualiturnier 2012 ausrichten und werde alles daransetzen, es zu bekommen. Da werden Nägel mit Köpfen gemacht. Überhaupt haben sich die 3 Millionen Litauern sehr schnell wieder berappelt. Das Lächeln ist zurück auf den Gesichtern, an der meterlangen Wand für die Botschaften, die man seinen Basketballhelden hier in Kaunas auf der Fußgängerzone schreiben kann, flattern minütlich mehr und mehr bunte Zettel mit aufmunternden Worten im Wind. Es ist keine Klagemauer geworden, sondern etwas typisch litauisches, das ihre Mentalität gut wiedergibt: kurz, aber leise trauern, abhaken, aufstehen, weitermachen. Und das in verblüffender Geschwindigkeit – die nächsten Basketballgroßereignisse warten schon. Neues Spiel, neue Hoffnung.
Wir haben uns schon daran gewöhnt, aber wenn man noch einmal mit ganz wachen Augen durch Kaunas läuft, ist es einfach der schiere pure Wahnsinn, was und wieviel da für die EM 2011 auf die Beine gestellt wurde. Jedes, aber auch jedes Geschäft (egal, was es verkauft – Basketball geht offenbar sogar mit orthopädischen Stützstrümpfen oder gern auch plastischer Chirurgie. Zweimal Größe G7, bitte.) hat ein Basketballthema und -dekoration. Jedes Café, Bars, Restaurants, Clubs und jede Kneipe sowieso. Viele haben eigene Menüs und Cocktails kreiert. Warum die deutsche Pizza in Siauliai ausgerechnet saure Gurken als Belag hatte? Auch bei den Cocktails sind wir Deutschen billig zu haben. Nur 5 Litas kosten wir, andere liegen bei 6 oder gar 7. Aber bitte bloss nicht mit einer der kostbaren Basketballmünzen bezahlen, die hier extra zur WM geprägt wurden!!! Nominell nur ganz normales Geld und 1 Litas wert, waren sie für uns sozusagen das Nonplusultra des Basketballenthusiasmus und ich mag gar nicht erzählen, was ich alles angestellt habe und wen ich alles genervt habe, um an die 1 Litassondermünze zu kommen. Absolut unvorstellbar. Eigenes Geld mit nem Basketball drauf….und ich konnte mein Glück kaum fassen, als ich das niegelnagelneue glänzende Stück in der Hand hielt. Happiness pur :-))))
Litauen ist wirklich „THE place to be“ als Basketballfan, es ist tatsächlich an Hingabe für die Sportart fast religiös, da hat niemand übertrieben, es ist alles wahr. Logisch, dass die FIBA Europe einen Riesentruck geschickt und vor der größten Kirche der Stadt 10 komplette Spielfelder (2 davon mit Sitztribünen in Landesfarben) mit Standkörben und Belag vom allerallerfeinsten aufgebaut hat. Und auch nach dem Ausscheiden der Gastgeber geht das fröhliche Fest ungebremst weiter, die Litauer werden ihrem Ruf als Basketballnation mehr als gerecht.
Mittwoch Nacht mal in einer einschlägigen Lokalität 3-5 „Fouls“ bestellt (eine Kombi aus Bier mit einem Kräuterschnaps, der irgendwie nicht nur farblich an Salpetersäure erinnert) oder eine dieser Pizzen gegessen, die für die Zeit der EM einen Deko aus
Mayonnaise tragen, so dass sie wie ein Ball aussehen, und schon war ihre orange Welt wieder in Ordnung. Beides total eklig – muss man aber mal gemacht haben und sieht cool aus. So oft wird man zu Hause schließlich nicht mehr in die Verlegenheit kommen.
Bevor es nun zu den heiß erwarteten Halbfinalspielen Spanien-Mazedonien und Frankreich-Russland in die tolle Kaunas-Arena geht, möchten wir uns jetzt schon auf diesem Wege bei dem kleinen basketballbekloppten Völkchen mit einem herzlichen „Atschu!!“ (Nein, nein. Nicht „Gesundheit“ sagen, das heißt bloss „Danke!“) für eine tolle EM bedanken! It was everything we expected – and more!!!
osbaite grüßt aus Kaunas und freut sich auf die Halbfinals!
Wiederum „Atschu“ für viel fast direkt transportiertes EM-Gefühl. Ohne deine ständige aktuelle Berichterstattung wär es aus der Ferne eine nur schwer erträgliche EM geworden.
5 „Fouls“ sollten denn auch wirklich genug sein; mehr geht ja eh nicht, wie wir alle wissen. Vielleicht sollte man es da lieber bei 4 bewenden lassen. ;-))
(Was ist nach 4 Team-„fouls“, gibts dann 2 Freibier?)
Wie jehtet denn Omma Margot? Man hört jar nix mehr…
Trau mich jetzt nach den HF doch mal ’n Tip: Für MKD reichts gg stark besetzte Russen natürlich nicht mehr, FRA gewinnt gg ESP, weil sie hungriger sind und das
Potential haben, bis zum Ende gegenzuhalten (Würd mir jedenfalls besser gefallen, ESP war schließlich schon…)
Noch schöne Finals in Kaunas!
(BBL scharrt schon wieder mit den Hufen; die Berliner sind sofort – ohne Pause – mit ins Turniertrainingslager in die Turkei. Die haben aber auch noch ne heftige Quali vorher.)