Einmal die Nummer 25, bitte!

Einmal die Nummer 25, bitte! In mittelgroß,….aber mit extra Thunfisch.

Jedes Kind weiß, dass es in Bamberg die grünsten Wiesen, das rauchigste Bier, die größten Kartoffeln und die besten Pizzerien gibt. Das grauenvolle Wetter verhinderte für eine kleine aber feine Reisegruppe die Überprüfung dieser fränkischen Naturgesetze, aber ein Halbfinale der Bamberg-Braunschweig-Serie und damit absolutes „must see“-Spiel wollten wir uns auf jeden Fall ansehen. Die Ex-Gießen46ers-Helden aus dem Frühjahr 2005 und guten Freunde  – Heiko Schaffartzik und Anton Gavel – wieder im Halbfinale. 5 Jahre nach 5. Diesmal gegeneinander. Eines muß man sagen, gastfreundlich sind sie ja, die Franggn. Klar und deutlich sieht man wo man hin muß. VIPs rechts, „Problemfälle“ (also wir) links. Klarer gehts nicht, wir fühlen uns gleich heimelig gut und stellen uns dort an.

Eingang für GießenerDrinnen ist die Halle im Umlauf wusselig und voller Gastronomie und wir stellen fest, dass Casey Jacobsen durch horrendes Flaschenpfand finanziert wird. Die 0.5l Cola kostet 3 + 1€, bei einem regulären Pfand von 0.15€. Geschickt schließen die Verkaufsbuden schneller als die Schiris den Spielberichtsbogen klar machen können und wir nehmen demütig die kostbaren Plastikfläschlein als Souvenir mit nach Hessen zurück, um sie im Schrein der 46ers Devotionalien unterzubringen. Aha, so geht das also. Wieder was gelernt ;-). Foto folgt.

Spaß beiseite, das Verpflegungsangebot ist gut, die Pizza okay und die vereinzelten semipeinlichen „Albakiller“-Shirts zum Schmunzeln, besonders wenn man an den November zurückdenkt. Doch zu diesem bröseligen Schicksalsmonat später mehr [mental note: muß dringend ma checken, wer diese Saison den Bambergern die fetteste Niederlage eingebracht hat, Tipp: nicht Alba!]. Anscheinend spart man  über dem Parkett auf Gavels Weiterverpflichtung (oder die Pizzaöfen saugen zu viel Watt), denn irgendwie ist das Spielfeld zu dunkel, das ändert sich auch während des Spiels nur unwesentlich. Äußerst gewöhnungsbedürftig. Als erstes fällt so der angestrengte Blick auf Idbihi und Hicks. Letzterer in Zivil und wie immer mit seinem kleinen Sohn dabei. Yassin mit Sportsachen, aber deutlich humpelnd – dieses Handicap macht er durch eine „voll schlaue“ Brille wett. Spielen werden beide nicht, ebenso wie Nate Fox, der im Publikum sitzt. Die Serie wäre sicher etwas anders verlaufen, hätten beide Braunschweiger Brecher ihre Bruttoregistertonnen unter die Bretter gebracht, so bleibt der Kampf von Goree und Cain letztlich zu wenig gegen Brown, Pleiß und Worthington.

Das Spiel beginnt mit einem Bild, das einigen Reiseteilnehmern links und rechts von mir das Wasser mit Hochdruck in die Augen treibt:

Heiko und Anton beim Tipp-Off

Anton neben Heiko beim Tipp-Off. Seufz.

Das erste Viertel verläuft ausgeglichen. Braunschweig fast konstant mit Schaffartziks Doppelfaust in der Defense und Bamberg sucht seinen Schuß gegen diese Zone. Jacobsens Dreier wollen nicht fallen, Goldsberrys auch nicht, nur Suput ist gut drauf. In dieser ausgeglichenen Phase wirkt das Spiel offen, doch man sieht bereits, dass Braunschweig um jeden Angriff, ganz zu Schweigen von Punkten, hart kämpfen muß. Nothing comes easy bei den Dunklen. Heiko schreit, zeigt an, kämpft und organisiert, nicht alle hören immer und zocken auch mal gerne 1 gegen 3. Das Heimteam dagegen mit deutlich höherer Disziplin. Geduldig und systemtreu werden die Angriffe zu Ende gespielt – die Brosespieler sind frei, treffen nur noch nicht hochprozentig.

Als die Handgelenke dann kurz vor der Halbzeit justiert sind, setzt sich Bamberg leicht ab. Mit 44:37 werden sie Seiten gewechselt, doch gefühlt ist die fränkische Überlegenheit bereits jetzt größer.

In der zweiten Hälfte rennen die Phantoms verzweifelt gegen das Bamberger Bollwerk an, fighten, sind aber einfach unterm Korb zu dünn, insgesamt zu limitiert und in der Bank zu kurz um wirklich noch was reißen zu können. Bamberg wechselt fröhlich ein und aus, Pleiß (7) und Brown (11) rebounden was das Zeug hält und man hat nie mehr das Gefühl, dass mit dem Finaleinzug der Brose Baskets noch etwas schief gehen könnte. Vor allem als Gavel die Pointguardposition übernimmt und gegen die Braunschweiger Zone ein ums andere Mal clever freigespielt wird, ist die Pizza endgültig gegessen. 6 von 10 Dreiern netzt der Slovake ein – 5 von 6 in der 2. Halbzeit.

Aus Berlin befiehlt eine SMS die „Lobhudelei“ auf „Tonno“ zu übernehmen. Ich simse zurück: „Wieso? Der spielt doch ganz normal“. Klar ist die Quote unmenschlich wie sein Playoffbart, aber im Prinzip spielt Tono wirklich, wie Tono immer spielt. Terrierverteidigung vom allerfeinsten, Ball verteilen, Rolle geschmeidig und ruckelfrei ausfüllen (egal ob SG oder PG), werfen nur wenn er frei ist und punkten nur wenn er muß.

Das bringt uns zurück zum Herbst 2009, gefühlten 27 fränkischen Krisenthreads auf SD und einer Fanstimmung dort, die die globale Erwärmung ganz allein für einen Moment stoppte. Nagelt mich nicht auf die exakten Zahlen fest, keine Zeit für Recherche, aber den Emails nach hatten die Brose Baskets Anfang November 2009 nach 8 Spielen so etwas wie 9 Pünktlein auf dem Konto. Oder in verständlich: 7 Niederlagen und 1 Sieg. Vorläufiger Höhepunkt des glacialen Saisonstarts in Franken war dann das Heimspiel gegen ALBA Berlin am 08.11.09. Mit einem grandiosen 44-62 verlor man das Spiel und auch noch Playmaker Goldsberry mit Verletzung, hörte Freakpffiffe statt Freak City und das Ende war eindeutig nah (wohl auch der Grund, dass die 2. Halbzeit gegen Berlin gar nicht mehr ausgespielt wurde).

Doch es wurde noch bunter. Epische Ausmaße nahm die Chronik eines angeforderten Trainerwechsels dann am 11.11.09 gegen die magentafarbenen Karnevalisten an. Unter den wachsamen Augen von BBL-Kommissar Resser siegte auch Bonn in Bamberg mit Alaaf und im Narhallamarsch 69:80. Wieder ein Heimspiel, wieder eine schlimme Niederlage. Doch der nächste Tag änderte dann alles. What a difference a day makes. Am 12. November geben die Bamberger – unter dem waidwunden Aufschrei einer mittelhessischen Fangemeinde – die Verpflichtung von Anton Gavel bekannt. Ausgerechnet Bamberg. In den folgenden Stunden und Tagen erhielt der arme gruebler unzählige maunzende Emails mit exakt den Lobhudeleien, die er nun plötzlich während des 3. Halbfinalspiels gegen Braunschweig fordert. Ich geb zu, ich hab tierisch genervt damit – aber Recht hatte ich rückblickend trotzdem, als ich damals schrieb, dass das genau das Puzzleteil ist, was Bamberg fehlt,  das Fleming retten, Bamberg das Feld von hinten aufrollen wird und ich seit Jahren nicht verstehe, wieso niemand anderes in Deutschland den Gavel unter Vertrag nimmt. Bin mir nicht sicher, aber seine „Entf“-Taste dürfte in der Zeit arg strapaziert gewesen sein.

Der Rest ist Geschichte und Bamberg mit 6 Siegen in 6 Playoffspielen, souveräner Finalist, der sich nun mit 2 Besen und dem Pokal im Schrank in Ruhe die 2. Serie zwischen Bremerhaven und Frankfurt anschauen kann. Wer auch immer der Gegner wird, das wird ganz ganz schwer gegen diese Brose Baskets, die sich mittlerweile zum mustergültigen Abbild einer klassischen Euroballmannschaft gemausert haben. Viel Geduld, viel Zusammenspiel, kein wildes Gezocke, Disziplin, Struktur und Gameplan sind die Zutaten für das Erfolgsrezept Brosepizza 2010. Mit extra Thunfisch, versteht sich.

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Auch den Show-off nach dem Spiel gewinnt Bamberg letzten Endes deutlich. Zunächst gehen die Broses mit ihrer Siegesfreude und Familienbeteiligung in herzerwärmende Führung. Nach dem Duschen haben sie erstmal keine Chance mehr. Cain, Goree und Hamilton legen in der Coolnesswertung mal so richtig vor, aber als der Braunbär seinen Bling-Bling-Auftritt hat, ist es klar: No sleep til Braunschweig für die Phantomsspieler. Die fieberhafte Internetsuche nach übergroßen Herrenhandtaschen mit massigen Goldkettenhenkeln kann schließlich auch die Zeit vertreiben. Und so ein Teil ist wohl seit Sonntag ein klares „must have“.

Wenn wir es nicht sowieso schon durch die souveräne spielerische Vorstellung ahnten, mehren sich auf der Rückfahrt nach Gießen die deutlichen Zeichen für eine nahende Bamberger Meisterschaft und ein Double. Das Wetter prophezeit bereits den Weltuntergang und auf einer Tankstelle in Hessen offeriert man uns beim Zwischenstopp „schnell einziehende Meistercreme“. Stimmt. Ins Finale.

PS: Diesmal ein ganz besonders doppeltgroßer Riesendunk an RNE und JJS für Fotos, für Organisation und Reisebits und -pieces und ganz allgemein (besonders auch AAM) an den unübertroffenen, demokratisch-chaotischen Reiseveranstalter RGR.

12 Gedanken zu „Einmal die Nummer 25, bitte!

  1. Nice, wie immer, osb! ;) Aber ich hoffe Du hast Tono nach dem Spiel noch mal die Geschichte mit dem Rasieren erklärt…. das Trauerspiel im Gesicht mag ich mir nicht noch mal 3 Spiele anschauen. :(

    • Neinneinneinneinnein, da muss ich leider vehement widersprechen. Wir brauchen mehr Playoff-Bärte. Wer rasiert, verliert. Fragt Vlade D.
      ;)

    • Kann nicht sein ;-) wenn die Kings gut gespielt hätten, wie er schlecht rasiert war hätte es 2002 gereicht :-( und meine Umzugskisten stünden nicht immer noch in Calis Hauptstadt *bg*

    • Kommt der Bart jetzt ab? Nun wurde ja auch mit Bart verloren, da brauch den Driss doch eigentlich kein Mensch mehr. ;)

    • runter mit den fusseln, aber schnell!!! vielleicht wurde er deshalb auch vom coach ignoriert :-( ei wei @bamberger trainer

    • Da sieht man mal wieder wie limitiert :D der Bamberger Coach ist… Umso schneller die Bamberger Meister werden, umso schneller kommen die Fusseln doch wieder runter…
      Wobei vielleicht sollten sie ja wirklich nach der ersten Niederlage wieder runter… dann wäre Herr Fleming natürlich wahnsinnig clever! ;)

      Mensch osb, kannst Du nicht deine Gießen-Connections nutzen und für ein Ende des Bartelends sorgen?!?!

    • Ja, vielleicht jetzt nicht mehr :-(
      und dann???? evtl gibts dann vegetarischen Döner so wie es im Moment aussieht.

  2. Daumen hoch!
    Das war aber die Nebelmaschine, die mich zum Weinen gebracht hat ;-) Nicht dieses herzzerreißende Bild :-) Eindeutig ein toller Tag gewesen!

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