Rons ALBA Offseason-Analyse – Teil 5: Der Power Forward

Ron Revolution schreibt*: Er muss beweglich sein, wie ein Shooting Guard, robust wie ein Center und klug und treffsicher wie ein Pointguard – willkommen beim Anforderungsprofil für einen Power Forward im System Pavicevic. Es ist eine Position mit hohem Verschleiß: mit Ausnahme der ewigen Lokomotive Dragan Dojcin (und läuft und läuft…) haben wir keinen Power Forward länger als eine Saison gesehen – und einige nur einen Bruchteil derselben. Robbe hat sehr schön auf Schönen Dunk ausgeführt, wie wichtig ein funktionierender Power Forward unter Pavicevic ist. Goran Nikolic, unser Marathonmann, wies im Meisterjahr 2008 gut 9 Punkte pro Spiel auf, dazu 4,5 Rebounds bei einer sensationellen Dreierquote von 45,7 Prozent durch die gesamte Saison. Er war immer zur Stelle, selbst, wenn es galt, fünf Verlängerungen wie gegen KK Bosna durchzuspielen, verletzte sich nicht und meckerte nicht. Zur Wahrheit gehört auch, dass er nach der Saison aus eigenen Stücken weg wollte.

Sein Nachfolger Ansu Sesay war vom Anforderungsprofil her nahe an Pavicevic‘ Grundvorstellungen, vielleicht ein bißchen zu sehr Typus Guard. Seine Zahlen waren keine schlechten Werte: 9,3 Punkte, 4,2 Rebounds, eine Effektivität von 11,3. Mit 49,5 Prozent Dreiern in der Hauptrunde hat er ähnlich grandios von Außen geworfen wie Nikolic – dann aber, in den Playoffs, stürzte die Quote auf 21 Prozent ab. Sesay fing die Saison stark an und wurde immer schwächer, am Ende war er kaum noch sichtbar. Vor den Playoffs hatte er eine Chance auf Vertragsverlängerung. Nach den Playoffs war klar, dass er gehen muss.

Sein Nachfolger sollte Kenan Bajramovic werden, ein Spieler, der in meinen Augen fast idealtypisch den Pavicevic‘en Anforderungen entspricht: er kann flink auf den Beinen sein, ist körperlich robust, ein guter Rebounder (wenn er will) und ein guter Dreierschütze (Auch gruebler jubelte damals).  Nur: all das wollte er in Berlin nicht zeigen, eigentlich wollte er gar nicht nach Berlin. Das hat er nicht nur auf der ersten Pressekonferenz raushängen lassen, sondern immer wieder auch intern. Unglaublich, wie lustlos jemand sein kann. Dazu hat sicherlich beigetragen, dass sein Gehalt bei ALBA deutlich niedriger als zuvor in Russland war. Er hat für ALBAs Verhältnisse viel verdient (ziemlich exakt so viel, wie Casey Jacobsen zuvor), aber auch nicht exorbitant viel. Hätte er funktioniert, wäre ALBA eine ganz andere Mannschaft in den Playoffs gewesen, aber das ist natürlich ebenso müßig, wie die Frage, ob Spencer Nelson die bessere Wahl gewesen wäre. Nelson stand vergangenen Sommer kurz vor Vertragsabschluß, aber Bajramovic kam dazwischen. Er hat in Griechenland nicht wirklich überzeugt, aber seine Arbeitseinstellung wäre mit Sicherheit um Längen besser gewesen. (Über den zweiten Problemfall Jurica Golemac ist schon ausreichend viel gesagt worden).

Für die kommende Saison haben wir mit Sven Schultze einen Spieler, der für jedes Team eine Bereicherung ist und der von seiner Anlage her gut zu ALBA passt: er kämpft in jeder Sekunde, ist schnell auf den Beinen und wirft den Dreier gut. (gruebler kommentierte bereits) Ich hoffe, er kommt mit Pavicevic klar, aber das wird schon.

Spannender ist die Frage, wer der neue Starter wird. In der Suput-Lotterie hat ALBA nie wirklich mitgeboten. Er hat schon bei seiner Vertragsverlängerung vor Jahresfrist mehr gekostet, als Bajramovic letzten Sommer. Er hat große Stärken im Eins gegen Eins und von der Dreierlinie und Schwächen in der Verteidigung und, wenn die Gerüchte stimmen, der Einstellung. Pavicevic war er zudem schon immer etwas zu unathletisch. Sollte es stimmen, dass sich Fleming und Suput in Bamberg zerstreiten, und sollte er deshalb zu ganz anderen Rahmenbedingungen auf den Markt kommen, wäre er eine Überlegung wert. Ansonsten werden wir ihn wohl nicht bei ALBA sehen.

Es wird eine der Positionen sein, die am schwersten zu besetzen ist, wo ALBA aber wieder viel Geld auf den Tisch legen wird. Eine der Lehren aus der Vergangenheit ist, dass gelegentlich mehr Flexibilität als ursprünglich gewollt notwendig sein kann, vielleicht gibt es deshalb auch eine engere Verknüpfung mit der Centerposition. Es gibt den einen oder anderen Spielertyp, der dafür passen würde und der in der vergangenen Saison als Gegner „vorgespielt“ und sich indirekt beworben hat.
Sicher ist nur: einen nochmaligen Fehlgriff kann sich weder der Trainer noch der Verein leisten.

Morgen der letzte Teil: der Center

*ja wirklich, der Text ist von Ron. Nur weil „gruebler“ als Autor dransteht, besteht mein Beitrag darin, den Text eingestellt zu haben und – diesmal – ein paar Links zu älteren Texten hier im Blog eingebaut zu haben.

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2 Gedanken zu „Rons ALBA Offseason-Analyse – Teil 5: Der Power Forward

  1. Hallo Ron,

    bisher sehr schöne Texte, die du da über die Planspiele bei Alba schreibst. Besten Dunk dafür!

    Du schreibst über Suput:
    „Er hat schon bei seiner Vertragsverlängerung vor Jahresfrist mehr gekostet, als Bajramovic letzten Sommer.“

    Das kann ich mir jedoch schwer Vorstellen. Suput ist sicherlich kein Schnäppchen, war er wohl nicht als er von Hemofarm nach Bamberg wechselte und war er wohl auch nicht, als er seinen Vertrag mitten in der Saison für zwei weitere Jahre verlängerte. Bajramovic spielt doch eigentlich in einer gänzlich anderen Liga im Gehaltsgefüge, das sagst du ja auch selbst. Ich denke nicht, dass Bamberg bei der Vertragsverlängerung von Suput in die Preislagen eines notgedrungen vergünstigten Bajramovic gegangen ist.

    Hier in Bamberg geistern immer mal wieder Zahlen über einen vorliegenden Vertrag Berlins gegenüber Suput rum. Nach meinen Informationen sollen es hier Summen im mittleren 6stelligen Bereich sein. Summen, die Bamberg 1. wohl nicht zahlen wird können und auch 2. nicht zu zahlen bereit wäre. So jedenfalls meine Informationen dazu. Nach einem Interesse seitens Berlin hört sich das für mich schon an.

    Ich werde die Berliner Wechselbörse bei ihrer Suche nach dem geeigneten Power Forward weiter interessiert verfolgen. Denn eines dürfte wohl klar sein: Der Spieler, der die oben angesprochenen Eigenschaften und Fähigkeiten besitzt, dürfte eine ordentliche Stange Geld kosten. Interessant wäre es in dieser Hinsicht, in wie weit Alba und Pavicevic Abstriche in Kauf nehmen wollen und wohl auch müssen. Wo sagt man sich am ehesten, mit dieser und dieser Schwäche können wir leben? Defense, Dreier, Beweglichkeit, Robustheit? Wäre schön, wenn du da noch etwas dazu sagen könntest.

    Freu mich auf den morgigen Center Part.

    Grüße aus dem heißen Bamberg
    Zar

  2. Pingback: Die elfte Wollmilchsau – Tadija Dragicevic « gruebelei.de – Ansichten eines Basketballfans

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