trog #6 Keine Atempause…

Gestern nun endlich Start der Weltmeisterschaft und auch das erste Spiel der WM für das deutsche Team gegen Argentinien. Direkt nach der 74:78 Niederlage überwog die Enttäuschung, heute morgen war kurz Zeit stolz zu sein auf die positiven Dinge (2 tolle Aufholjagden nach hohem Rückständen gegen die Nummer1 der Fiba-Weltrangliste), aber es gibt einfach keine Atempause, volle Konzentration aufs nächste Match, gleich gehts schon weiter um 19 Uhr Ortszeit gegen Serbien.

Mannschaftsfoto vor Spielbeginn: Deutschland

Keine oder nur kaum Zeit also ein paar random thoughts aufs Papier zu kleistern. Durch das späte Spiel (endete 23:30 Ortszeit) erst um 3 geschlafen, jetzt schon wieder in die Halle. Nicht ganz ohne, so ein WM-Turnier. Trotzdem noch ein bißchen was rumanalysiertes vom Argentinienspiel. Zunächst: wir können sehr stolz auf das Team sein und sind das auch. Sie haben toll gekämpft, Charakter bewiesen, gebissen und zurückgefightet. Da ich aber zur Fraktion „Gewinnen jetzt“ gehöre, gibt es auch etwas – und ausdrücklich nur konstruktiv gemeinte – Kritik:

Die Idee beim argentinischen Pick and Roll lieber Prigioni offen zu lassen, als den Pass unter den Korb zu Scola, war prinzipiell ganz gut, krankte aber daran, dass Delfino auch den Ball öfter auf die linke Seite brachte und das P+R startete. Ihn so offen werfen zu lassen, war gar nicht so ein guter Gedanke.

Das Timing der deutschen Mannschaft ist zu oft „off“. Mal muß der PG stehen bleiben und den Ball ewig lang halten, bevor der Pass kommen kann, mal ist der Mann beim Cut frei, aber der Spieler mit Ball hat den noch nicht passbereit. Gleiches gilt für die Blocks. Entweder der Dribbler startet, bevor der Blocksteller überhaupt einbremsen kann oder der Blocker fängt auf dem Hinweg schon, in Antizipation der darauffolgenden Aktion, das fröhliche Abrollen an. Aus beidem resultierten leider auch eine Menge dummer und schmerzhafter Fouls. Wie man das richtig spielt, zeigte Argentinien, inklusive der teilweise clever „geschundenen“ Offensivfouls.

Start ins Abenteuer WM: Erster Sprungball

Elias Harris hatte insgesamt 4 Mal den Mann auf dem Rücken und super im Lowpost aufgepostet, bekam aber exakt genau null mal den Pass, obwohl die Situation da war. Geht nicht immer, logisch. Die 4 Mal wäre es aber gegangen und dringend nötig gewesen. Jagla bekam den Ball dort unten 2 Mal, ganz am Schluß wurde es ein eher glückloser Turnaroundjumper, in der 1. HZ war das besser gelöst, mit schönen Zug zum Korb von ihm. Insgesamt aber viel zu wenige Pässe in den Lowpost.

Die Körbe in Kayseri sind schön weich und echt freundliche Shooterkörbe. Das ist gut für unser Team. Trotzdem muß in der Schlußphase auch mal beherzt zum Korb gezogen werden (Ohlbrecht, Jagla, Benzing) und nicht nur auf den Wurf von Aussen vertraut. Das klappt in der Crunchtime sowieso eher selten. Apropos Shooter: mir fehlt immer noch die „polnische Variante“ im Angriff: Hamann PG und Heiko SG. Des weiteren fehlen mir Möglichkeiten, sprich Systeme, die am Ende Schaffartzik als Schützen vorsehen und auch frei bekommen. Die meiste Zeit muß er wilde Dinger mit 2 Sekunden auf der Shotclock nehmen, die seine Kollegen nicht nehmen möchten.

Argentinien beim Stretchen vor dem Spiel

Pleiß hatte zwar 4 Fouls, hätte aber nach seinem fantastischen WM-Debüt in der Schlußphase wieder aufs Feld gehört – schon damit neben den Schützen noch eine Option unterm Brett dazukommt oder ein Rebound. Nur meine Meinung.  

Die Zone, die in Viertel 4 kurz in der Defense kam und recht effektiv war, hätte früher und öfter kommen müßen. Die deutsche aggressive Manndeckung spielte nämlich den Argentiniern in die Hände. Erstens: es ist beinah eine Einladung für die Könige des Pick and Roll. Zweitens: die vielen daraus resultierenden Freiwürfe für Scola und Delfino (zusammen 27 (!!!) Freiwürfe, davon 22 verwandelt) haben uns schlicht gekillt. Die ganze deutsche Mannschaft hatte übrigens nur 15. Ich bin die Erste, die sagt, dass da alles andere als homogen gepfiffen wurde, nur nutzen tut das nichts. Dieses Problem sah man recht früh, hätte man vielleicht etwas anderes ausprobieren müssen, statt (zu Recht) mit den Refs zu hadern.  

Die „Strassenköterdefense“ eines Cequiera darf den Ballbringern einfach nicht so viel ausmachen. Ruhig bleiben, nicht provozieren lassen, selbst mal abbremsen und sich über den Haufen rennen lassen, eben abgezockt wie die Südamerikaner.  

So, das wars zum gestrigen Spiel von mir. Nichts davon ist negativ gemeint und die Schlußfolgerung klar: wenn man auch nur 1 Drittel der Fehler abstellen kann, ist beim nächsten Mal in einem solchen Spiel der Sieg fällig. Daher der Ausblick für heute: wieder volle Kraft auf gewinnen spielen, bloß nicht mehr die unglückliche Niederlage von gestern mitschleppen. Kopf freimachen und an sich glauben – dann klappt das auch mit Serbien (obwohl der Perovic unterm Korb und der Rasic mit seinen 6 Dreiern und 89% aus dem Feld mir gestern Respekt abnötigten).  

Starting Five: Hamann, Greene, Benzing, Jagla, Pleiß

Noch etwas zu den Dingen neben dem Feld: In ihrem Bemühen alles möglichst perfekt zu machen, schießen die Veranstalter leider deutlich übers Ziel hinaus. Hunderte von privaten Sicherheitsleuten haben mangels echter Sicherheitsprobleme nichts besseres zu tun, als pausenlos harmlose Zuschauer durch die Gegend zu kommandieren. Hinsetzen, weitergehen, einen Schritt nach vorne, zwei Schritte zurück machen und wieder hinsetzen, weggehen, aus dem Weg gehen. Das einzige Problem an dieser WM scheinen die Zuschauer zu sein und das obwohl die ersten beiden Spiele nahezu unter Ausschluß der Öffentlichkeit stattfanden, was wohl sowieso den Sicherheitsleuten am liebsten wäre. Wir hoffen, dass das alles nur daran lag, dass der Präsident der Türkei, seine Exzellenz Abdullah Gül (Kayseri ist seine Geburtsstadt) und FIBA-Präsident Bob Elphinston zum den Eröffnungsspielen in Gruppe A anwesend waren und sich die Lage ab heute entspannt, fürchten aber, es bleibt so. Das wäre extrem schade.  

osb grüßt aus Kayseri und macht sich wieder in die Halle…

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5 Gedanken zu „trog #6 Keine Atempause…

  1. Gute Analyse, sehe ich fast alles genauso, insb. was Pleiss Einsatz am Ende und die Dfense gegen Delfino angeht.
    Ich lese jeden Tag sehr gern mit, Danke für den sehr angenehmen und informativen Blog.
    Mich würde noch interessieren, ob Du eine der Damen bist, die ständig von Sport1 im deutschen Block eingefangen wurden ;-)
    Grüße in die Türkei

  2. Einmal waren Steffen und Heiko kurz auf dem Feld gemeinsam, hat Buschi sogar erwähnt, nachdem er die ganze Zeit auf Heiko rumhackte…
    Das mit der Zone, die effektiv scheint aber kurz eingesetzt wird, zieht sich doch auch durch die ganze Vorbereitung.. Eigentlich sollte Zone kräftemäßig doch auch ganz sinnvoll sein in so einem langen Tunier?

    Naja, die Serben sollten doch nicht wieder so nen Sahnetag erwischen und Abschlachten werden sich unsre Jungs schon nicht. Gibt ja schließlich noch etwas nachzuholen von gestern *g*

    • Ja, schon, aber einmal kurz reicht mir halt nicht. mMn sollte dass eine etablierte Standardoption sein.
      Angola hat es Serbien auch reicht leicht gemacht gestern. Obwohl deren Shooter echt stark sind.
      Wird `n hartes Stück Arbeit.

  3. Die leere Halle ist wirklich ein wenig befremdlich. Deutschland vs. Serbien und man sieht vor allem leere Sitze. Was ist das Problem? Tickets zu teuer, keine Basketballbegeisterung in Kayseri?

    • also ich habe mir mal die ticket preise angeschaut…

      10€uro bis 45€uro für vollzahler geht eigentlich

      für einen tag wohl gemrkt

      aber das ist doch meistens so wenn der gastgeber net spielt ist das intresse eher geringer als sonst

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