Sahne auf dem Kuchen – ALBA vs. Brose

[Ein Gemeinschaftsgegruebel über eine Woche ALBA, beginnend im schönen Hessischen]. [osb startet] Männer können unerbittlich sein. Letzten Sonntag in Mittelhessen: völlig groggy von beruflicher Auslandstour und nächtlichen NCAA-MarchMadness-Eskapaden und noch dazu bei allerschönstem Freiplatzwetter, befiehlt mir die Stimme meines Bloggerherrn (auch bekannt als „her masters voice“) mich aus dem Kuschelbett direkt in die Dunkelheit der Ballsporthalle Frankfurt zu begeben. Gehe nicht über Schnarch. Ziehe keine 4000 Euro ein. Ggggrrrmmml. Na gut, was tut man nicht alles.

Her masters voice

Her masters voice

Mein letztes Albaspiel live war genau so ein Auswärtsspiel. Es war Mitte Mai 2010 und es war genau hier in Frankfurt. Damals versuchte ich mich – entgegen der internen Absprachen – am fremdgruebeln über ALBA, eine skurrile gelbblaue Playoffserie und ein seltsames, lethargisches Ausscheiden eines vermeintlichen Contenders. Berlin krümelte seinerzeit auseinander wie 3 Wochen alter Marmorkuchen, die Skyliners Frankfurt sahens verwundert, machten das Krümelmonster and never looked back – sie zischten bis ins unvergessene 5. Finalspiel gegen Bamberg. Eben dieses 4. Spiel und die ganze Frankfurtserie von damals sollte sich später in der Berliner Offseason als Mutter aller Baggerfahrer und Steinewender erweisen, manche liegengebliebenen offenbar noch mit eingebautem Zeitzünder und verspäteter Auslösung. Pavicevics dünnes Eis hatte sicherlich an diesem Tag schon einen ordentlichen Knacks bekommen. Angesichts der Vorgeschichte machte ich mich also gespannt, müde, mit Schreibblock, Handy und einer Mission auf den kurzen Weg. ALBA 2.0 unter Muli Katzurin auschecken lautete der Auftrag. Viel Downs, wenig Ups hatten wir bisher vom runderneuten Berliner Team gesehen und so ging es auch in Frankfurt los.

Die Skyliners gaben in der ausverkauften und vollen Ballsporthalle am letzten Sonntag richtig Gas. Eins gegen Eins in der Mannverteidigung sah kein Albaspieler wirklich gut aus. Rochestie mit 2 sekundenschnellen, davon einem unnötigen Foul. An dem neuen Center Raduljica wurde mehr oder minder kunstvoll vorbeigespielt, Jenkins fehlte gar verletzt. Die Wende kam mit der Halbzeit (Spielstand 45:41 für Frankfurt) und zur Überraschung der meisten Albafans und Albakritiker (größere Schnittmengen sind möglich) ausgerechnet mit der vielgescholtenen Defense. Angesichts der Tatsache, dass ein Aufbauspieler (Heiko) angeschlagen und der andere, sagen wir mal, extremst unclever (Rochestie mit komplett sinnlosem Foul an der Mittellinie und subsequentem, noch dümmeren T) bereits mit 4 Fouls belastet war, packte Coach Katzurin in der Not eine richtig hübsche Matchup-Zone aus. Es klingt fast zu einfach, aber es war genau so einfach. Die Zone zog Frankfurt den Zahn. Den Skyliners fiel nichts mehr ein, Wood und andere verstrickten sich in Einzelaktionen und wo immer sich scheinbar eine Lücke auftat, schloss sie ein anderer Albaspieler sofort. Idbihi ackerte vorne und hinten, IMac ebenso, Allen tanzte ein wenig, aber berühmt war das alles nicht. Berühmt war nur die Defense – kaum zu glauben aber wahr. Immerhin untermauerten nur 25 (!) mickrige, zugelassene Frankfurter Pünktchen in HZ Zwo meine Argumentation (Endstand 70:79 für Berlin). Das würde mir der Chef sonst nie abkaufen. Es gab daneben nämlich noch viel, viel Luft nach oben, eigentlich auf allen Positionen, und doch hat ALBA den Sieg recht souverän nach Hause geschaukelt. Den Schreibblock hab daher ich kaum gebraucht, das kurze Fazit der Mission war gegenüber gruebler schnell formuliert: Die wirklich, wirklich gute Zone hat das Spiel gewonnen. Eine reine Mannschaftsleistung, ohne herausragenden Albaspieler, die einen Gegner, noch dazu den Tabellenzweiten (mit erst einer Heimniederlage) relativ klar in die Schranken wies. Nur 70 Punkte auswärts kassiert ist schon ne Ansage mit der man auch gegen Bamberg bestehen kann, prognostizierte ich also kühn gen Hauptstadt. Herr Gruebler hörte mich, allein ihm fehlt der Glaube. Nicht mein Problem – Mission erfüllt ;-)

[gruebler übernimmt] Mission accomplished, das galt gestern am Ende auch für die Bamberger Fans in Berlin: Sie konnten ihre Mannschaft nach Spielende traditionell feiern, fast wie der Brezel-George seine Jungs auf dem Flugzeugträger. Ja, liebe oldschoolballerin, ich hab über deine kühne Prognose noch gelächelt. Vorurteilsbeladen könnte man meinen, so als hielte ich dich für eine elende Optimistin, die sich mal freut, wenn sie guten Basketball made in Germany sieht. Doch osb sollte ja Recht behalten. Das gestern war vermutlich das beste Basketballspiel, was wir diese Saison sehen konnten. Berlin überrannte Bamberg, störte wirksam und zog weg. Rochestie, in Frankfurt neben der Spur, war Motor und Kopf dieser ersten Phase. Der einzige gelernte Pointguard, der gestern auf Berliner Seite überzeugen konnte. Doch letztlich ist Einzelkritik nach diesem Spiel deplatziert, denn zwei Mannschaften funktionierten, lediglich wenige Stars ragten hinaus.

Der größte davon bot nach dem ALBA-Blitzstart eine Show. Peja Suput, die Bamberger Diva, war gestern Star, ja Superstar des Spitzenspiels der Liga. Fast 20 Punkte zur Pause, insgesamt am Schluss 11/11 aus dem Feld, 34 Punkte, 9 Rebounds, 40er Effektivität in nicht einmal 28 Minuten. Niemand konnte ihn halten und selbst wenn er gut verteidigt war, dann traf er auch die schweren Dinger. Doch auch Casey Jacobsen, zuvor exzellent von Bryce Taylor verteidigt, kam jetzt zum Zuge. Sehr gute Spieler kann man eben nur begrenzt stoppen. Gestern war eines dieser Spiele, wo sie über sich hinauswachsen mussten und es auch taten. Nun war klar: Hier war alles drin. Zwei Mannschaften spielten mit guten bis sehr guten Quoten (Bamberg 60 %, Berlin 46%) auf höchstem Niveau, sie neutralisierten sich schnell, reagierten gut auf die Taktiken des Gegners. Dass Berlin 90 Sekunden vor Ende der ersten Halbzeit aus vier Freiwürfen plus Ballbesitz nur einen Punkt machte, das war bitter. Berlins Spiel war vorbei, Bamberg war wieder voll da.

In der zweiten Halbzeit drehte sich das Bild der ersten dann auch zunächst um. Bamberg kam besser aus der Kabine, zog deutlich auf bis zu zehn Punkte davon. Doch dann begann die Zeit des Julius Jenkins. Er war nicht gestartet, er war beim ersten Einsatz auch nicht besonders auffällig, über seine 2/8 Bilanz jenseits der 6,75m kann man sicherlich meckern. Aber in diesem Moment, wenig mehr als drei Minuten vor dem Ende des dritten Viertels, übernahm er Verantwortung, zog Fouls, schickte osb’s Gießener Jung Gavel mit Foul und T auf die Bank und dank seiner 8 Punkte in Folge war ALBA dran. Sechs Freiwürfe später ging ALBA mit knapper Führung ins letzte Viertel und wieder war es Jenkins, der ALBA noch einmal zu einer 8-Punkte-Führung (76:68) brachte.

Doch während es in Frankfurt noch Berlins Erfolgsrezept war, griffen jetzt die Franken in die defensive Trickkiste: Zone, ewig lange, und die Berliner Offensive tat sich verdammt schwer damit. Leichte Würfe gab es nicht mehr, die 3er von Jenkins und Mitteldistanzwürfe von Allen wollten nicht fallen. ALBAs lange Garde bekam Hines und Suput nicht in den Griff, Bamberg arbeitete sich als Mannschaft heran, um dann in der heißen Phase durch drei 3er in Folge durch Roberts und Jacobsen selbst zum 85:91 wegzuziehen. ALBA kämpfte, Bryce Taylor traf seinen nun wiedergefundenen 3er, doch es sollte nicht reichen. Bamberg war einfach zu gut.

Was bleibt, ist trotz der Niederlage Freude. Bamberg hat gestern gewonnen, sehr berechtigt und getragen von einem starken Suput. Doch freuen können wir uns nicht nur darüber, ein exzellentes Spiel gesehen zu haben, sondern auch, dass ALBA gegen Bamberg auf Augenhöhe spielen kann. Ist das aber bereits „mission accomplished“ in Franken? Nein, Bamberg schon zur Meisterschaft gratulieren, kann man gerade nach diesem Spiel nicht. Nach einem langen Tief ist Berlin am Ende der „Woche der Wahrheit“ zurück, der Trainer hat die Feuerprobe mit Bravour (aber ohne Sternchen) bestanden. Hoffen wir gemeinsam auf eine Finalserie Bamberg vs. Berlin, auf Spiele wie das gestern, auf Basketball, bei dem die Mannschaften Großes leisten, bei dem die Stars über sich hinauswachsen müssen, wie gestern Suput. Das wäre die Sahne auf dem Kuchen und nur fair gegenüber oldschoolballer, die gestern das Spiel nicht sehen konnte, sondern statt dessen ein ProB-Derby-Familienfest feierte.

[osb übernimmt] Ja, wir haben schon Playoffs gesehen hier in Gießen. Pointers gegen Lich – das war schon etwas ganz, ganz Besonderes. Nostalgisch und schön. Liebe und Leidenschaft auf dem Platz und auf den Rängen. Echter Basketball eben, genauso wie offenbar das ALBA-Bamberg-Spiel. Ich werde mir ersatzeshalber eine DVD davon anschauen und dann nicht nur für mich, sondern für alle Basketballfans in Deutschland hoffen, dass wir 5 solcher Spiele in einer Finalserie zu sehen bekommen.

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4 Gedanken zu „Sahne auf dem Kuchen – ALBA vs. Brose

  1. Aufgrund des fesselnden von Kampf geprägtem ProB-Playoffderby, dass ja bereits angesprochen wurde, konnte auch ich nicht teilhaben an dem Auftakt zum Highscoring-Sport1-Live-Doubleheader-Wochenende.
    Teil 2 LuBu vs Oldenburg hab ich dann gestern gesehen.
    Vielleicht gibts ja von der Live-Übertragung eine weitere DVD, neben der von OSB… Über Vorschläge zur Übermittlung weitere Infos zu einer solchen gerne auch via SD per PN.

    Hi 5 FreakyNicky

  2. Kommt in Gießen bei so einem Derby auch Derbystimmung auf – also gibt es klare Fanlager für die jeweiligen Gruppen oder waren beide irgendwie für beide?

    • Stimmung kam auf jeden Fall auf. Bei fast 2000 Basketballfans und nur einem ganz kleinen Teil an Event-Zuschauern hat es richtig Spaß gemacht.
      War auf jeden Fall das stimmungsgeladenste Spiel, dass die Osthalle in diesem Jahr gesehen hat.
      Aufteilung der Fanlager würde ich schätzen: 1/3 Gießen, 1/3 Lich, 1/3 Mittelhessische Basketballfans.
      War auf jeden Fall nen schöner Basketball-Abend.

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