Eine vertragslose Nationalspielergarde

Nein, arbeitslos sind viele von ihnen gegenwärtig nicht. Bis Mitte September ist ja noch die EM. Auf schoenen-dunk.de brachte heute der User BonnerBasket dieses Problem teils etwas polemisch auf den Punkt. Fakt ist: Ganz viele profilierte Spieler mit deutschem Pass sind gegenwärtig noch nicht in Lohn und Brot für die nächste Saison:

  • Demond Greene (A1, ehemals Bamberg)
  • Philipp Schwethelm (U20 und A1, ehemals Köln)
  • Konrad Wysocki (A1, ehemals Frankfurt)
  • Ademola Okulaja (A1, ehemals Bamberg)
  • Sven Schultze (A1, ehemals Larissa)
  • Guido Grünheid (früher A2 und A1, ehemals Köln)
  • Jan Jagla (A1, ehemals Badalona)
  • Tibor Pleiß (U20 und A1, ehemals Köln)
  • Tim Ohlbrecht (A1, ehemals Bamberg)
  • Patrick Femerling (Rekordnationalspieler, ggf. wieder aktiv, ehemals Berlin)
  • Yassin Idbihi (A1, ehemals Köln und Limoges)
  • Steven Arigbabu (Ex-A1, ehemals Larissa)
  • Mithat Demirel (Ex-A1, vereinslos)
  • Chris McNaughton (Ex-A2, LEB Gold)
  • Nino Garris (Ex-A1, ehem. Paderborn)

Es ist ja nicht so, dass die Vereine sich in dieser Offseason gar nicht nach deutschen Spielern umgesehen hätten, nur eben eher nach U20 und A2-Nationalspielern. Die einzigen drei Nationalspieler-Deals, die es gab sind Benzing nach Ulm, Zwiener verlängert in Berlin (was gab’s dafür auf die Nase… „zwienern“ und ähnliche Tiefschläge) und Schaffartzik nach Braunschweig.

BasketsBonn kommentierte seine Liste:

Doch leider werden es von diesem Namen wohl nur noch (wenn überhaupt) sehr wenige in die kader der BBL-Teams schaffen. Die meisten werden wieder bei irgendwelchen griechischen, italienischen Mittelfeldteams spielen oder den Weg in die zweiten Ligen Frankreichs und Spaniens gehen. Von Leuten wie z.B. Robert Maras oder Mithat Demirel ganz zu schweigen.

Und er fügte hinzu, dass das doch ein Armutszeugnis für den deutschen Basketball sei, Idole fehlen würden. In der folgenden Debatte wird über die hohen Gehaltsforderungen der Nationalspieler gestritten. Ist das das Problem? Ist es wirklich so, dass ein Nationalspieler zu viel Geld fordert? Seit Ligapräsident Braumanns frechem Lapsus in der Presse wissen wir, dass ein Joe Herber bei Alba das Doppelte eines typischen BBL-Starters im Mittelfeld verdient. Ich habe diese Art der Argumentation damals schon kritisiert.

Es ist ein Fakt, dass diese Krisen-Offseason auch eine Offseason mit vielen „Lay-offs“ von Nationalspielern ist. Anlässlich der Verpflichtung von Philip Zwiener ging ich darauf schon mal ein, aber da wollte man ja lieber den Philip Zwiener bashen, weil er einen Vertrag bei ALBA der angeblich so großen Chance auf Spielzeit anderswo vorgezogen hat. Wie könnte der böse Philip nur „zwienern“… Verzeiht meinen Zynismus, das Problem ist nicht neu. Nur zwei Wochen zurückblickend haben ALBA und Zwiener doch alles richtig gemacht, oder? Doch Fans sind gerade in der Frage der Nationalspieler manchmal etwas zwiegespalten: Einerseits sollen sie bitte alle in der BBL spielen, andererseits aber keinesfalls in dem eigenen Spiel Starter sein. „Da bekommt man doch nen viel besseren Ami für’s gleiche Geld“. Wie oft konnte man das in den letzten Tagen gerade am Beispiel Ohlbrecht, Greene und Co. lesen. Ja was will ich als Fan denn nun?

Diese Masse vertragsloser Nationalspieler dürfte viel darüber sagen, wie es um die wirtschafltiche Potenz der BBL-Clubs bestellt ist. Nen Nationalspieler mit Olympiaerfahrung  kostet eben Geld, das ist wohl bei jedem europäischen Nationalteam so, egal ob deutsch, polnisch, griechisch oder kroatisch, bosnisch oder kanadisch(nicht Europa ;-)). Und wenn man Meister ohne Nationalspieler wird, stellen sich eben auch diejenigen, die ihnen bislang gut Geld gezahlt haben die Frage stellen, ob man das Geld nicht effektiver anderswo einsetzen kann oder nicht eben genau an dieser Stelle spart.

Bei Greene und Wysocki wissen wir, dass es sie vereinslos sind, weil sie nur deutlich niedrigere Angebote bekamen. Pleiss und Schwethelm sind Opfer der Kölner Insolvenz. Zumindest Pleiss soll ja Angebote auch von spanischen Top-Programmen haben. Okulaja und Femerling waren möglicherweise unter den teuersten Spielern der Liga in den vergangenen Jahren. Femerling und ALBA hatten angeblich schon während der Playoffs miteinander gesprochen, wurden sich aber offensichtlich nicht einig. Und aus gut informierten Kreisen hörte man auch, dass bei Schultze zumindest Interesse von BBL-Clubs bestand. Viele Clubs suchen noch nen 4er oder 5er. Mal sehen, wer sich Ohlbrecht schnappt. Die Fans rumoren jedenfalls immer ganz kräftig, wenn er bei einem mid-budget-team als Starter in den Raum geworfen wird.

Und ganz ohne Quote geht diese Debatte nicht: Die kleinen Clubs lehnen eine höhere Quote ab „weil sich dann ja nur die großen Clubs die Nationalspieler leisten können“. So leistet sie sich eben fast niemand mehr. Warum sollen die großen Clubs auch auf Nationalspieler setzen, wenn die kleinen Clubs den College-Rookie-Stil der Liga vorgeben? Da mag ich mal wieder Dré aus der Five (#60) zitieren:

„Es sind die kleinen Vereine – mit Ausnahme von Ulm und Gießen – die die großen Reformen blockieren. … Warum dürften solche Vereine, die kaum den Spielbetrieb auftechterhalten können, den Rest der Basketballnation als Geisel halten?“

Provokant? Sicherlich. Zutreffend? Wahrscheinlich. Unvorhersehbar, dass diese Offseason zu einem Berg vertragsloser Nationalspieler führen würde? Keinesfalls. Das zeichnete sich seit Wochen ab. Spätestens seit deutlich wurde, dass man ohne einen einzigen Nationalspieler oder auch nur Nationalspielerkandidaten in dieser Liga „(deutscher) Meister“ werden konnte ohne dass es in den Foren oder gar in den Medien irgendeinen größeren Aufschrei gab.

Warum ich als ALBA-Fan bei diesem  Thema so bissig reagiere? Wir durften uns eine Saison lang die Häme anhören, dass ALBA ja drei Nationalspieler auf Bank und Tribüne versauern lässt… „Free Zwiener, free Herber…“ Immerhin hatten sie einen Vertrag und waren in der BBL. ALBA übernahm Verwantwortung für die Nationalspieler und tut dies auch ohne Vertrag nach einer schweren Verletzung (Henning Harnisch bei tv.berlin, im Video bei etwa 1:15).

PS: Die Liste ist sicherlich nicht vollständig, also nutzt die Kommentare ruhig mir Ergänzungsvorschläge mitzuteilen.

9 Gedanken zu „Eine vertragslose Nationalspielergarde

  1. Wenn ich mich noch recht erinnere, ist zwar Wysocki Vereinslos, kann aber, wenn er keinen neuen Club gefunden hat, zu den Skyliners zurückkehren.

  2. …also wenn ich mir das so anschaue was frankfurt eigekauft hat kann ich das nicht glauben das KW noch zurück kann und will. wer weiß wer weiß… plötzlich kehrt er zurück nach ulm
    :-))))))

  3. …also wenn ich mir das so anschaue was frankfurt eigekauft hat kann ich das nicht glauben das KW noch zurück kann und will. wer weiß wer weiß… plötzlich kehrt er zurück nach ulm
    :-)))))) lol :P

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