Gastbeitrag: Die spanische Quotenregelung fällt. Wann kommt der Dominoeffekt?

Liga ACB

Image via Wikipedia

[Überarbeitung 15.3.2011] [Peterzwei schreibt:] Die spanische Liga ACB wird wohl von der kommenden Spielzeit an die bisher geltende Quotenregelung aufgeben, mit der einheimische Spieler geschützt wurden. Weil sie muss: Die alte Regelung wurde von der EU kassiert, weil sie die freie Wahl des Arbeitsplatzes  verletzen würde, die für Bürger der Europäischen Union gilt.* Doof für die deutsche Basketball-Bundesliga: Die Spanier haben die Gelegenheit zum Petzen genutzt. Deutschland, Italien, Belgien oder Griechenland hätten ähnliche Regelungen, teilen sie der Aufsichtsbehörde mit. Gut möglich also, dass auch die deutsche Ausländerregelung bald fallen muss.

Bislang galt: Jedem seinen Femerling oder Tadda: So wünschenswert diese derzeit gültige Artenschutzregelung für einheimische Spieler aus lokalpatriotischer Sicht sein mag, so doof ist sie aus juristischer Sicht. Wenn alle Arbeitgeber Staatsbürgern und Bürger der EU gleich behandeln müssen, warum zum Teufel soll das im Sport anderes sein? Die deutsche Regelung war bisher nur in einer Hinsicht liberal: Was Bürger von außerhalb der EU anging. Die sind den EU-Bürgern quasi gleichgestellt – mit Ausnahme der Deutschen.

Dagegen sind sogar die Spanier streng: Bislang musste der Zwölferkader einer spanischen Erstligamannschaft fünf Spieler mit Spielberechtigung für die Nationalmannschaft einschließen. Dazu kamen bislang maximal zwei Spieler von außerhalb der EU, im Regelfall US-Amerikaner. Weil diese Regelung das so genannte Diskriminierungsverbot verletzt, hat die EU im Februar ein Verfahren gegen den spanischen Basketballverband FEB eröffnet.

Der spanische Verband FEB reagierte nun, indem er ankündigte, die alte Regelung zur neuen Saison aufzugeben, wie El Pais und weitere spanische Medien berichten. Der Verbandspräsident José Luis Sáez erklärte gegenüber Mundo Deportivo, dass die Tage der Quote gezählt seien und ein neues System gesucht werde.  Die Mindestanzahl spanischer Spieler soll vollkommen gestrichen werden und durch eine Art Ausbildungsquote ersetzt. In Zukunft soll nach dem Willen des Verbandes ein Spielerkader eine noch festzusetzende Anzahl von Spielern im Alter von 15 bis 21 Jahren zählen, die mindestens vier Jahre lang in Spanien ausgebildet worden sind – unabhängig von ihrer Nationalität. Diese Regelung ist nach der geschneidert, die im europäischen Fußball gilt (so genannte „Home Grown Player“, wir stellten dies vor). Was die Zahl der Amerikaner im Kader angeht, würde der Verband gerne bei der bisherigen Regelung bleiben. Da die erste Liga ACB auch dort von den Klubs organisiert wird, muss der Ami-Regelung allerdings noch die Generalversammlung der Vereine zustimmen und andere beteiligt werden, wie El Pais berichtet.**

Die entsprechende Regelung für Deutschland steht im Artikel 4.2. der Ausschreibung zur ersten Bundesliga (Wir berichteten anlässlich der letzten Reform). Dort steht:
„Im Wettbewerb 2010/2011 ist je Spiel eine Mindestanzahl an spielfähigen deutschen Spielern im Sinne des Art. 116 GG auf dem Spielberichtsbogen (SBB) wie folgt aufzuführen:

  • 10 Spieler auf dem SBB: mindestens vier (4) deutsche Spieler im Sinne des Art. 116 GG
  • 11 Spieler auf dem SBB: mindestens vier (4) deutsche Spieler im Sinne des Art. 116 GG
  • 12 Spieler auf dem SBB: mindestens fünf (5) deutsche Spieler im Sinne des Art. 116 GG.“

Zur nun kassierten spanischen Regelung gibt es nur einen marginalen Unterschied: Die Spanier definierten als Inländer den, der für die Nationalmannschaft spielberechtigt ist, bei uns steht Deutscher im Sinne des Grundgesetzes. Das Resultat ist dasselbe. Ergo: Die Spielordnung der BBL widerspricht europäischem Recht, wie in diesem Blog seit langem geschrieben wird. Die Liga täte gut daran, sich schon mal was Neues auszudenken. Wann sie fällt, ist nur eine Frage der Zeit.

Wir danken peterzwei für diesen Text und entschuldigen uns, dass er ein paar Tage liegen geblieben ist. Gruebler war noch im Urlaub und auch OSB ist in wärmere Gefilde entschwunden.

*Technisch handelt es sich nach Angaben El Pais um eine frühe Stufe eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen Spanien. Die Anfrage der Kommission richtete sich an den Consejo Superior de Desportes („Sportrat“), der dies an ACB und den Verband FEB weitergab. (Vgl. diariovasco) Die Verantwortlichen in Spanien haben drei Monate Zeit auf die Anfrage zu reagieren (vgl. El Correro).

**Die Befürchtungen von Clubs und Spielervereinigung stellt El Periodico de Aragon dar.

[Gruebler: Aufgrund einiger entstandener Irritationen haben wir diesen Artikel nach Absprache mit dem Autor überarbeitet und mit weiteren Quellenangaben unterfüttert.]

15 Gedanken zu „Gastbeitrag: Die spanische Quotenregelung fällt. Wann kommt der Dominoeffekt?

  1. Das reicht mir ja schon als Ansatz. Mein nicht vorhandenes Spanisch wissen reichte nicht für „federación y Asociación de Jugadores de Baloncesto comision europea“ aus ;-)

  2. Vollkommen zurecht fällt die Quote für ausgebildete Profisportler auch im Basketball. Es gibt keinen einzigen Grund einen 28-jährigen Inländer einem gleichaltrigen Ausländer vorzuziehen oder ihm Vorteile zu verschaffen, nur weil er gegenüber seinem Konkurrenten den richtigen Pass besitzt.

    Schade, dass für solche Selbstverständlichkeiten sich höchste Gerichte und Institutionen beschäftigen müssen.

    Nun fallen halt ein paar Gehaltsgefüge und das Geld kann in Qualität oder bessere Nachwuchsarbeit gesteckt werden.

    • @ Schnorri, da frage ich mal etwas ketzerisch – warum sollte man Geld in bessere Nachwuchsarbeit investieren? Ohne Quote kann man doch gute ausländische Spieler für wenig Geld einkaufen? Ohne Nachwuchsarbeit könnte man etwas mehr investieren…

      Ich finde (fand) die spanische Quotenregelung gut, unabhängig von irgendwelchen EU-Vorgaben. Die spanischen Mannschaften spielen auf höchstem europäischen Niveau und die Nationalmannschaft ist erfolgreich. Da sollte Deutschland auch hinkommen.

  3. Ich schrieb ja bekanntlich „kann…investieren“. Auch mit Quote jetzt gab es ja keinen Megaetat für den Nachwuchs. Aber da kann man die Quote oder die Geldsumme, welche investiert werden muss, ja ggf. anheben.

    Dass Spanien aktuell die beste Liga in Europa darstellt, liegt wohl am wenigsten oder nur zu einem sehr geringen Teil an der dortigen bisherigen Quote – sondern an der Stellung des BB in ES.
    Vor Bosman I und II gab es in D ja auch eine sehr harte Quote, ohne dass hier nun hervorragende Nachwuchsarbeit zum Zuge kam oder deutsche Mannschaften in Europa von Erfolg zu Erfolg eilten.

    • Da hast du recht. Allerdings werden die Förderungsmassnahmen in Kombination mit der Positivquote die Aussichten perspektivisch verbessern.

    • Es geht ja nicht um die Existenz einer Positivquote an sich, nur um die Anknüpfung. Eine Anknüpfung an der Nationalität ist mit Europarecht – was die Kommission seit langem und nicht erst seit diesem Fall sagt – nicht vereinbar, eine Positivquote für „lokal ausgebildete Spieler“ (home grown players) ist es hingegen.

  4. Es wäre super, wenn jemand von euch Interesse daran finden würde, die Ausländerregelungen der verschiedenen Europäischen Ligen mal aufzuzeigen oder vielleicht existiert ja schon etwas in der Richtung.

  5. „Home grown“-Spieler sind ja gut und schön, aber auch damit wird man ausgebildete Spieler nicht schützen/quotieren können.
    Das kann ja nur allgemein für junge Spieler gelten und nicht für den 28-Jährigen Inländer in heimischer Liga nach Wahl.

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