Und plötzlich waren es drei…

Die BBL hat es wirklich getan. Die BBL-Saison 2008/2009 hat nunmehr drei Absteiger, das steht in der aktuellen Pressemitteilung der Basketball-Bundesliga. Zu den Eisbären Bremerhaven und den Gießen 46ers gesellen sich die Giants Nördlingen hinzu. Ein Ergebnis, das bei mir zumindest Erstaunen auslöst.

Den Nördlingern wird auf die Finger gehauen: Der Rückzug am 31.5.2009 war nach Ansicht der BBL nicht wirksam. Damit kommen sie nicht mehr kostenlos aus der BBL raus. Wer hat sie denn dabei beraten? Das klingt nach schlecht beraten. Oder nach bewusst missverstanden von Jan Pommer und Co. Der Jurist an der Spitze hat anscheinend die Spielordnung nicht so ganz im Griff, er findet aber immer wieder – aus Sicht der BBL – erstaunlich praktikable Lösungen.

Man brauchte einen Tag um zu klären, was die Folge der Nördlinger Erklärung ist. Und im Ergebnis nimmt die BBL an, dass die Nördlinger ja gar nicht zurückgezogen haben… Willenserklärungen sind gem. §§ 133, 157 BGB auszulegen. Vorrang hat der wirkliche Wille des Erklärenden (Nördlingen), wenn dieser erkannt wird. Wenn das nicht der Fall ist, dann ist die Erklärung so wirksam, wie sie aus Sicht eines sorfältigen Empfängers verstanden werden durfte. Aus der Ferne können sich hier zwar viele Jurastudenten, Halb- und Volljuristen dran versuchen. Doch das Problem ist: Den Wortlaut des Rückzugsschreibens kennen wir nicht und werden ihn sicherlich nicht erfahren. Da sind BBL und Jan Pommer einfach im Vorteil.

Aber dass man aus einer Erklärung, die von einer Pressemitteilung mit dem folgenden Wortlaut begleitet ist, nur eine Rückzugsankündigung rausliest, ist die hohe Schule der Interpretation. Zumal die BBL ja selbst in der Pressemitteilung einräumt, dass natürlich von einem – dann wirksamen verspäteten und somit mit Geldstrafe sanktionierten – Rückzug ausgeht.

Die Giants Nördlingen werden nächste Saison nicht am Spielbetrieb der BBL teilnehmen. Dies gab der Vorstandsvorsitzende der Giants Nördlingen Basketball AG und Manager der Rieser, Jürgen Kohl, am Sonntagabend bekannt. „Nach Rücksprache mit den Verantwortlichen und dem Aufsichtsrat werden wir uns schweren Herzens, aber froh über das Erreichte, freiwillig aus der BBL zurückziehen.“

Wie man den Widerspruch zu dieser Pressemitteilung einem Nichtjuristen vermittelt? Ganz ehrlich: Keine Ahnung. Das wird zu einer Legendenbildung wie bei der schon legendären „Mobilen Frist“ dereinst bei Köln führen.

Darüber hinaus liest die BBL nun ihre Abstiegsregelungen parallel: Alles was zum Abstieg führt, sei es nun ein technischer Abstieg oder der sportliche Abstieg auf Platz 17 oder 18 nach Rechtskraft der Abschlusstabelle, gilt gleichermaßen als sportlicher Abstieg. Es ist ein nicht ganz so eleganter Ausweg, indem man die Zahl der Absteiger einfach als offen gelassen annimmt. Hiernach ist eine unbegrenzte Zahl an sportlichen Absteigern wegen Rückzugs möglich.

Ich weiß nicht, ob es das schon einmal irgendwo gab, dass man einfach die Zahl der Absteiger erhöht. Es ist jedenfalls arg befremdlich. Denn, dies schrieb ich schon gestern, eine Erhöhung der Zahl der Absteiger im Vorübergehen widerspricht meinem Verständnis der ständigen Übung im Sport. Doch ist sowas im Zweifel justiziabel? Schwer vorstellbar, es bedürfte eines größeren argumentativen Kraftaktes..

Die BBL sagt faktisch zur ProA: Wir haben das Problem vom Tisch. Das gehört nun euch, da wir euch drei Absteiger rüberschieben, seht zu, wie ihr das mit der Anzahl der verfügbaren Plätze bei euch gelöst bekommt.  ProA-Fans können sich nun darauf einstellen, dass drei BBL-Teams einen Platz in ihrer Liga sicher haben… sollte es nicht zu einer Wildcard kommen.

Etwas voreilig ist Crossover und titelt „BBL vor Wildcardverfahren“. Nein, eben das sagt die BBL nicht. Der Wortlaut lässt offen, ob es ein solches geben wird:

Ob und gegebenenfalls an wen dieser [freie Platz] vergeben werden könnte (sogenanntes Wildcardverfahren), wird zu einem späteren Zeitpunkt entschieden.

Auch ist bei dem Rückzug nach § 2 Abs. 3 Satz 4 der Spielordnung der Weg zur Wildcard nicht zwingend vorgegeben. Doch da gibt es ja im Zweifel eine neue Regelungslücke, die man füllen kann. Wenn man denn will.

Denn über eine Ligaverkleinerung – die mich freilich freuen würde – können wir wohl auch anfangen zu spekulieren. Die Absteiger sind ja möglicherweise längst weg vom Verhandlungstisch der BBL und wenn Nördlingen nun auch noch ausscheidet (und noch haben es die Aufsteiger nicht geschafft), dann könnten sich Mehrheiten in der Liga verschieben.

Als (halber) Jurist muss ich meinen Hut vor der verkündeten Lösung des Jan Pommer ziehen. Die Statuten waren Mist, aber Jan „Mobile Frist“ Pommer hat erneut einen technisch wohl kaum angreifbaren Ausweg gefunden. Eine fast aalglatte Lösung. Respekt.

Verloren hat Gießen, die kaum vor Gericht ziehen können, wenn sie im Wildcardwettbewerb den Beautycontest gewinnen wollen. Verloren hat auch Nördlingen, die nun wohl nicht um eine Geldstrafe wegen verspäteten Rückzugs herumkommen. Verloren hat die ProA, der das Problem zugeschoben wird. Verloren hat die BBL, da ihre Lösung der breiten Öffentlichkeit nur sehr schwer zu erklären ist. Vor allem wenn man darüber nachdenkt, dass sie verdammt lange brauchten… Nicht gerade professionell.

Aber vermutlich weitgehend geräuschlos außerhalb der üblichen Foren. Ich glaube nicht, dass wir aus Nördlingen und Gießen jetzt Säbelrasseln hören werden. Wenden wir uns nach der kurzen Aufregung also wieder dem Alltagsgeschäft und den nächsten Problemen zu: Wie geht den Clubs mit auflösenden Bedingungen Paderborn und Tübingen? was machen die vor kurzem noch fast insolventen Kölnern? Schaffen MBC und Hagen die Aufstiegshürden? Langweilig wird es in den nächsten Wochen nicht…

7 Gedanken zu „Und plötzlich waren es drei…

  1. Ich habe die Vermutung, dass die Willenserklärung von Nördlingen deswegen nicht gewertet werden konnte, weil nicht die wirklichen Entscheidungsträger unterschrieben haben. In solch komplexen Systemen ist man bei der BBL lieber auf der sicheren Seite und werte Willenserklärung nicht ohne das Wissen, das man durch die Lizenzierungsverfahren erlangt hat. Genauer: Da man den Gesellschaftsvertrag der AG aus Nördlingen kennt, akzeptiert man auch nur solche Erklärungen, die gemäß Satzung gültig sind. Nicht dass später dann doch dagegen geklagt wird, weil vielleicht ein Nördlinger Aktionär der Meinung war, dass der Verzicht nach Satzung eine Zustimmung durch die Hauptversammlung nötig macht und dann im Folgenden auch die BBL verantwortlich macht wissentlich (durch Kenntnis der Satzung) eine nicht gültigen Willenserklärung angenommen zu haben.
    Die BBL handelt teilweise ja nicht so scheinbar planlos, weil man es einfach nicht weiß, sondern weil in der Vergangenheit immer wieder Clubs auf dem Klageweg dann irgendwelche Kleinigkeiten angezweifelt haben um doch irgendwie dann in der Liga zu bleiben. Könnte man sich auf Meldungen wie jetzt von Nördlingen verlassen, wäre das ganze Brimborium und eine bis ins kleinste Detail durchgeführte Regelausarbeitung nicht notwendig.

  2. Im Teletext vom WDR 3. Programm steht, dass eine Entscheidung ob die Liga verkleinert wird oder nicht erst in den nächsten Wochen fällt. Man will abwarten was aus den Wackelkanditaten Köln, Paderborn und Hagen für Entscheidungen kommen.

    3 Absteiger ist schon ein etwas seltsames Gebaren, passt zum teilweise konfussinellen Gebaren der BBL-Spitze.

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