ALBA baut um: Forwards immer

Ich werde (noch) keinen Tipp für ein Deep-Roster des ALBA-Teams 2009-2010 abgeben. Es ist zu früh, solange die Frage der Euroleague Wildcard nicht geklärt ist. Es wird erfahrungsgemäß auch lange dauern, bis ALBA irgendwelche Meldungen rausgibt. Daher beleuchte ich zunächst nur einzelne Positionen bzw. Spielerpakete. Da auf der Position des Powerforwards schon die meisten Gerüchte draußen sind und der Umbau am deutlichsten zu erwarten ist, beginne ich mit der „Vier“.

Luka Pavicevic folgt hier kaum der in der Liga vorherrschenden Mentalität einen hyperathletischen Amerikaner vom Stile eines Copeland, Bowman oder Peavy auflaufen zu lassen. Die Vierer, die wir bislang sehen durften hießen Nikolic, Dojcin, Nadjfeji, Zwiener und Sesay. Nadjfeji der einzige ohne Wurf. Pick’n Roll mussten sie alle können. Aber das verkürzt, denn bei Panionios war Andre Hutson Lukas Schlüsselspieler unter den Brettern. Der hat gar keinen Wurf von Außen.

Die Vier war mit Nikolic wichtig. Mit Nadjfeji wurde sie 2008 meisterlich und an Sesay ist es 2009 gescheitert. Aber zunächst die Einzelkritik zur Saison:

Ansu Sesay

In der Liga grandios gestartet. Mir klingt Stefan Kochs „Ich leg mich fest, der ist MVP-Kandidat“ noch in den Ohren. Fast 50% 3er-Quote in der regulären Saison, 10,2 Punkte, viele Highlight-Blocks aber nur 4,4 Rebounds. Doch es lief bei ihm offensiv nur, wenn er 1:1 Freiräume hatte. Pick’n Roll ist seine Stärke nicht und ich habe selten einen so hoch gelobten Spieler so launisch spielen gesehen. Doofe Fouls, provozierbar, defensiv auch noch am Ende der Saison immer mal einen Schritt zu langsam. In der Euroleague war er, was individuelle Defense anging, zwar ordentlich, aber offensiv brach er ein: 30 % 3er, 46% 2er, kaum gezogene Fouls für einen Vierer. Und dann kamen die Playoffs: Peavy schlug ihn. Bowman gewann die Serie gegen ihn und seine Zahlen: 4,7 Punkte, 4 Rebounds in 20 Minuten. Sorry, aber das ist für einen Vierer bei Luka zu wenig, erst Recht wenn er noch mit dem Stempel NBA kommt. Gerade in der BBL hätte er hier seine vorhandene Athletik auspacken müssen und die College-Guys individuell dominieren müssen. Vielleicht sind 32 Jahre einfach zu alt für diesen Spielertyp. Er muss und wird gehen.

Aleksander „Pista“ Nadjfeji

Vorweg: Unser Block C liebt seinen Freiwurfgott. Mit seinem unglaublich cleveren Spiel hat sich Pista in die Herzen der Albafans gespielt. Wenn es ihn nicht gäbe, müsste für Nadjfeji der Begriff des Point-Forwards erfunden werden. Viele BBL-Mannschaften haben zusammen nicht so viel Spielintelligenz wie er im kleinen Finger. In diesen Tönen wurde er immer wieder gelobt, ich glaub es sind beides sinngemäße Zitate von Stefan Koch. Seine Zahlen sind auf den ersten Blick grundsolide. Über 60% aus der Nahdistanz, knapp 10 Punkte, eine Effektivität von rund 10. Nur eine Zahl betrübt: Knapp über 50% von der Freiwurflinie. Er hat kein einzelnes Spiel dadurch für ALBA verloren, keinen „Penberthy“ hingelegt. Aber dennoch ist diese Zahl indiskutabel. Und auch wenn man sich auf der BBL-Seite mal ansieht, wie sich über die Jahre seine Rebounds verändert haben, so kann man sich die Frage stellen, ob hier nicht Zeit für einen Wechsel ist, wenn man ein jüngeres, stimmiges Paket für den Frontcourt einkaufen kann, was das Ziel sein muss. Wenn das nicht klappt: Halten. Einen besseren Allrounder für die Vier und Fünf bei Luka gibt es wohl kaum.

Dragan Dojcin

Saß ganz viel auf der Bank. Und plötzlich, in den wichtigen Spielen der Playoffs war er da. Er trifft – so scheint es oft in der Halle – nicht besonders gut. Sind ja nur 60 % aus der Nahdistanz und fast 40 % 3er in der Hauptrunde. „Was? Wirklich?“ mögen einige nun fragen. Ja. Dragan kann Basketball spielen. Es sieht zwar selten schön aus, aber er kickt die Mannschaft. Ist defensiv für sein Alter (auch er Jg. 1976) solide und ein Spieler, der mit 10 Minuten glück sein dürfte. Er kämpft, kratzt, beißt, spielt dreckig und foult sich notfalls auch aus. Joe Herber schrieb in der Fünf #57 (das ist die eine Nr. die ich partout nicht finde) sinngemäß über ihn, dass Dragan nichts richtig könne, nirgendwo in der Statistik glänzt, aber die Mannschaft besser macht. Wer drauf achtet, sah, dass Dragan oft in kritischen Phasen kam. Länger spielte, je mehr ALBA auszuscheiden drohte. Er versteht wohl nicht nur wie kein Zweiter, was Luka eigentlich verlangt, er schafft es auch die Mannschaft vor allem defensiv anzutreiben. Solche Spiele sind wichtig. Als 10ter Mann der Rotation wichtig (ja Luka lässt nun 10er spielen).

Fazit:

Luka hat bei der Teamzusammenstellung 2008-2009 einen Fehler gemacht. Er hat auf der Vier bei moderatem Umbau zu sehr auf „alte“ Spieler vertraut. Drei mal Jahrgang 1976. Ein Typ Sesay funktioniert mit 25, 28, 30, aber die Athletik wird nicht besser. Pista ist klasse, aber auf der Fünf europäisch körperlich unterlegen und auf der Vier in Deutschland nicht das ideale Match für die athletischen Hüpfer. Neben zwei echten Centern, die man europäisch braucht, ist für 20-Minuten Pista und 10-Minuten Dragan fast zu wenig Platz.

So bitter es sein mag: Der Umbau muss jetzt kommen. Bei den Forwards muss der Blick vorwärts gehen, nicht zurück. Center reifen mit dem Alter, Forwards werden zwar erfahrener, können aber Athletik nicht in dem Maße mit Technik kompensieren. Gerade wenn wir ein Team mit Perspektive Euroleague 2010 bauen wollen, braucht ALBA jetzt den Umbruch. Ich glaube nicht, dass wir von den drei Spielern mehr als einen wieder sehen.

Nadjfeji oder Dojcin? Nadjfeij kann keine 3er, Freiwürfe und wird nicht besser im Rebound. Dojcin ist in der Euroleague im 1:1 eine Liability, nicht für mehr als 10 Minuten. Aber wir spielen ja vielleicht EuroCup? Gerade wenn neue Spieler kommen oder jüngere, weniger konstante,  dann braucht es einen, der auch kalt von der Bank die Mannschaft treibt. Dragan könnte diese Figur sein, gerade wenn ein Youngster aus dem serbokroatischen Sprachraum käme.

Auf schoenen-dunk.de beschreibt Ron-Revolution das Anforderungsprofil des Starters auf der Vier mit klaren Worten:

es soll ein Vierer kommen, der sowohl stark rebounded und als auch Dreier kann.

Der wohl frei werdende Hutson fällt daher wohl aus. Auf der Centerposition hat Chubb Vertrag, der muss und wird sein Spiel unter Luka sicher noch entwickeln. Aber die Centerposition wollte ich heute eh weitgehend aussparen. Ich hoffe hier auf das Duo Sekulic und Chubb. Femerling, den ich kürzlich noch lobte, hat sich mit seinem Verhalten am Rande der Playoffs wohl rausgenommen. Ohne Euroleague dürfte ALBA sich drei echte Center kaum leisten wollen oder können. Sein Meckern in Richtung ALBA erinnerte mich ein wenig an Jovo nach der Verletzung. Und durch die Medien getragene Kritik verträgt ALBA gewöhnlich nicht gut und hat ein elephantöses Gedächtnis.

Wer könnte kommen?

Tadija Dragicevic (Stats, Spielerporträt) wird als Gerücht für den Starter auf der Vier diskutiert. ALBA soll seit längerem an ihm baggern. Wurfstark, jung, riesiges Potential und er will nach einer starken Saison unter Pesic beim Roten Stern ins Ausland wechseln. Der Nachteil: Allenfalls mittelmäßger Rebounder. Ohne Euroleague wird es ganz schwer, ihn zu bekommen. Aber er hat das Potential ein richtig guter Spieler zu werden und dies auch über mehrere Jahre. Nikolic in jung und besser, so beschreiben ihn Kenner der Szene.

Sven Schultze wird von einigen Fans gefordert als weiterer spielender Deutscher. Sicherlich erfahren, sicherlich auch ein Luka-Spieler. Aber Sven will Minuten, Sven kann nicht auf die Fünf ausweichen und ein großartiger Rebounder ist er auch nicht. Ich würde nicht ausschließen, dass er in einem Euroleague-Kader einen von fünf Innenspielerplätzen bekommen würde, aber als Starter dürfte er Luka nicht genügen.

Und eine Spekulation will ich los werden: Ich weiß nicht ob es vermessen ist, ob dann die Bamberger endgültig durchdrehen würden, aber was ist mit Spencer Nelson? Ehemals Brose, letzte Saison mit Sekulic bei Aris. Er ist ein guter Rebounder. Er hat einen Wurf. Er könnte das – im Falle eines Nadjfeji-Abgangs fehlende – Hustle-Play übernehmen. Er ist vergleichsweise jung und (wieder) fit. Den Ball bewegen, das kann er auch. Seine Assists (Stats) sind auch zu Collegezeiten schon formidabel. Es dürfte passen, denn sein 3er ist zumindest ganz passabel und könnte in einem Luka-System hinreichend gut werden.

Auch Peja Suput wäre wohl ein Luka-Spieler. Auch der dringend nötige Energizer. Doch der hat Vertrag bei Brösels und kommt nur zum Steffi-Besuch nach Berlin.

Die Dominosteine

Klar dürfte sein: Mit der Frage, wen man als Starter auf der Vier bekommt, steht und fällt das weitere System auf den langen Positionen. Chubb ist unter Vertrag. Sekulic hätte man damals gerne länger verpflichtet, ich jedenfalls würde  – auch wenns Quotenprobleme gäbe  – sofort zuschlagen. Dazu den so wichtigen Starter auf der Vier, vielleicht einen deutschen Nachwuchsspieler und Dragan oder Pista. Müsste ich wetten, würde ich auf Dragan setzen. Irgendwie wird Luka ihn schon noch eine oder zwei Saisons als Notnagel in den Kader quetschen, doch Obacht: Schon letzte Saison war er eine der späteren Verpflichtungen. Das Motto auf der Vier kann daher genausogut Vorwärts immer, Rückwärts nimmer lauten und uns nur neue Gesichter bringen.

Warum ich nicht (mehr) an eine extra-tiefe Bank glaube, darüber grübele ich dann im nächsten Teil von „ALBA baut um“.

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4 Gedanken zu „ALBA baut um: Forwards immer

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