Heute geht es für ALBA gegen Trier, Zentrale gegen Filiale titelt der Trierische Volksfreund. Ja, das Bild ist bekannt: ALBAs Nachwuchshoffnungen der letzten vier, fünf Jahre spielen fast geschlossen an der Mosel unter Henrik. Doch wird an dem Duell eben auch deutlich, warum sie dort und nicht bei ALBA spielen. Oder ist dies nur eine Momentaufnahme?
Dass es Berlin gut geht und man eigentlich nicht meckern kann, merkt man immer daran, dass sich Presse und Fans auf ihr Lieblingsthema stürzen: Warum spielt der Nico/Philip/Lucca nicht? Entweder die ALBA-Pressestelle befeuert das ganz geschickt oder alle stürzen sich zufällig gleichzeitig auf das gleiche Thema: „Muss auch Staiger Berlin verlassen?“ titelt das selbsternannte Blatt für den bestmöglich informierten Basketballfan. Lustig übrigens, es ist auf den Tag genau ein Jahr her, dass wir diese Debatte schon einmal hatten: Ich titelte damals: Der Boulevard staigert sich rein. Aber diesmal ist es nicht nur der Boulevard, auch Dominik Bardow vom Tagesspiegel bringt einen längeren – und reflektierteren – Text: Raus aus der Rotation. Die Linie ist leider etwas weinerlich und meint: Warum hört niemand auf die Fans? Kritischer ist da schon die Hofberichterstattung in der Morgenpost vom Nikolaustag, die erklärt, Warum Staiger bei ALBA nur noch auf der Bank sitzt. Auch nicht frei von Klischee, aber eine Frage muss erlaubt sein: Warum ist es unter letztlich vier Trainern (plus Bauermann) das Gleiche? Lucca ist 3er-Spezialist mit Defiziten in der Defense. Und auch der Tribünenguru der Berliner Nachwuchsarbeit, albafan4ever, ätzt über Luccas Auftritt in der ProB:
„Ach und dann gab es auch noch das „Comeback“ von Lucca Staiger. Tja was soll ich sagen? Nein ich werde wirklich kein Freund mehr von ihm, tendenziell quält mich sein Spiel sogar. Wenn man diese Woche einen Staiger sieht und in der letzten Woche war ein Dennis Schröder oder der Kubaner Ross in der MSH zu Gast, dann ahnt man wer die Zukunft auf seiner Seite hat. Und das obwohl Staiger erst 23 Jahre alt ist… Am Ende hatte Staiger fast ein Drittel der Würfe genommen , aber auch nur ein Drittel davon getroffen. Seine Pässe sehen spektakulär aus, aber spektakulär ist halt nicht immer gut.“
Ob Lucca Staiger heute gegen Ossi, Philip und Co. ran darf? Wir werden es sehen. Spannend wäre es, denn als Lucca kam, durfte Ossi in Berlin gehen. Nach dem Hype der letzten Saison um die jungen Wilden aus der Moselstadt ist es ein wenig ruhiger geworden. Zwiener durfte auf mit 30mpg nicht mit zur EM, Ossi war auch nicht so wirklich auf Bundesdirks Radar. Aber wir Berliner lieben euer Team, auch wenn wir es im Kern auf unsere Ex-Spieler Saibou, Seiferth, Faßler, Zwiener und Dojcin reduzieren. Die TBB Trier ist über die sichere Distanz von 700km die ideale Projektionsfläche für die Sehnsüchte des Basketballfans nach Talenten, Heimat und vermeintlicher Turnhallenromantik. Dabei blenden wir geschickt aus, dass das allein eben auch nicht reicht. Vier Siege bei sieben Niederlagen weist die Tabelle für die Moselstädter auf. Der mustergültige Radio-Livestream zittert sich von Saison zu Saison und das Abstiegsgespenst ist in einer Saison, in der mit Würzburg, Ulm und den Bayern gleich drei neue Playoffaspiranten aufgetreten sind, zurückgekehrt. Wollen wir wirklich tauschen?
Ich jedenfalls will das nicht. Ich freue mich über die Chance für die jungen Wilden, sich in Trier zu entwickeln. Aber ich finde es gut und richtig, dass ALBA sich mit Bamberg und den Bayern misst, dass sie versuchen, in Europa einen Schritt voranzukommen. Die Europameisterschaft hat gezeigt, dass wir in Deutschland zu wenig Spieler von echter europäischer Klasse haben. Talent mögen wir immer mal wieder haben, aber Talent allein reicht nicht. Hart war nach dem EM-Aus oldschoolballers Resümee:
„Meine ganz generelle Kritik der allgemeinen Vernunft an der Marschroute des deutschen Nationalteams seit 2008 steht noch und mittlerweile machen mir auch die blauen Flecke nichts mehr aus, die ich verbal dafür kassiert habe und sicher weiter kassieren werde. Nehmerqualitäten ;-) Die große Zäsur, die jetzt geschieht, hätte man schon 2008 nach Olympia vollziehen sollen. Dass man die Adlerküken 2009 in Polen bei der Eurobasket ins kalte Wasser warf, war wichtig und richtig, aber man hätte diesen Weg konsequent weiter gehen sollen – zumal man einen talentierten Spielerpool hatte. Aber außer 3 Jahre älter sind die meisten von ihnen inzwischen nichts geworden. „
Berlin, Bamberg und zukünftig wohl auch München bieten eine Plattform für deutsche Spieler sich im Spiel und im Training mit den Besten zu messen, in Euroleague und Eurocup wichtige europäische Erfahrung zu sammeln und sich auch in der Saison mit ihren Gegenspielern der anderen europäischen Nationalmannschaften zu messen und sich durchzusetzen. Wenige (Pleiss und vielleicht Benzing) schaffen es früh, manche auch nicht und andere wiederum nehmen – wie Heiko, Sven und Jan Jagla – Umwege, bis sie an dem Punkt angekommen sind.
Wird Trier für die vier Berliner Youngster plus Zirbes eine Station auf dem Weg in die europäische Spitze sein oder sind 30 Minuten für Zwiener eben genau das was er kann? Klar spielt er viel und hat – nur die Punkte betrachtet – einen maßgeblichen Anteil am Trierer Spiel. Aber dort stehen eben auch 11 % jenseits der 6,75m und 65 % Freiwurfquote und – das nur am Rande – nur ein Foul in 27 Minuten. Seine Spielanlage würde – schaut man auf Simonovic oder Schulze – wieder nach Berlin passen, doch ich glaube, dass der Zug abgefahren ist. Das wenige, was ich von Joey Ney gesehen habe, ist das komplettere Paket für die Zukunft.
Trier probiert ab heute einen neuen Guard vom College aus. James Washington kommt von einem kleinen College und trifft 18/38 Dreier. Er ist so alt wie Staiger. Auch Lucca wäre – ohne seinen vorzeitigen Abgang von einer deutlich renommierteren Schule – erst jetzt Profi geworden. Washington hat ganze vier Wochen Zeit zu zeigen, dass er Trier helfen kann. Lucca noch bis zum Ende der Saison.
Turnhallenromantik verbinde ich nun nicht grade mit Trier ;-) Dafür find ich Pavicevics Großmutter super, aber wo Staiger 56facher Nationalspieler ist, würde ich dann doch gerne mal von der MoPo wissen.
Na, im Netz habe ich da 50 Nationalspiele beim Lucca gefunden, woraus die sich nun zusammensetzen, keine Ahnung. 6 mehr oder weniger, ist da doch egal.
Es ist in einer Randsportart wie Basketball eben nicht so, dass internationale Pleiten dazu führen, plötzlich auf andere, jüngere unerfahrenere Pferde zu setzen, auch wenn das vorübergehend den Erfolg noch schmaler machen würde.
Mit den bekannten Qualitäten wird halt immer weiter gespielt, bis es nicht mehr geht, weil der Spieler ggf. seine Laufbahn beendet oder unterbricht.
Das hat meiner Einschätzung vor allem damit zu tun, dass die Zuwendungen des BMI an die bundesdeutschen Sportverbände sich vor allem an Erfolgen auf internationaler Ebene messen lassen müssen.
Bekommt ein Sportverband in Sachen Doping keinen Fuß in die Tür, oder bleibt noch der kleinste Erfolg in Europa oder der Welt aus, dann muss der entsprechende Verband eben ohne Zuwendungen (oder deutlich geringeren wie bisher) aus dem Hause Friedrich auskommen.
Und welcher Randsportartverband kann diesen Ausfall tatsächlich überbrücken.
Generell ist es aber schon immer so, dass nicht jedes Talent immer und stets zur großen Nummer aufsteigt.
War früher mit Maras so, und heute stehen andere Namen für dieselbe Geschichte.
Deswegen ist/war die Arbeit bei Alba in diesem Bereich nicht schlecht oder sind die Hoffnungsträger doch Luschen geblieben.
Gerade mit der Quote muss es auch Spieler geben, die nicht die ganz großen Überflieger werden.